Berlin. Die Teuerungsrate geht zurück. Experten sagen, was das für Verbraucher heißt und was die Europäische Zentralbank nun tun sollte.
Ist die Inflationsrate hoch, können sich Verbraucherinnen und Verbraucher weniger leisten. Viele sparen als Reaktion auch bei den Konsumausgaben, was die Wirtschaft bremst. Doch neue Zahlen zeigen nun, dass die Teuerungsrate erneut sinkt. Das kann eine Trendumkehr einleiten. Wichtige Fragen und Antworten.
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Wie hoch ist die Inflationsrate gerade?
Die Inflation ist in Deutschland weiter auf dem Rückzug. Nach vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes vom Donnerstag lagen die Verbraucherpreise im Februar um 2,5 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Es war der niedrigste Wert seit Juni 2021 mit seinerzeit 2,4 Prozent. Im Januar war noch eine Jahresteuerungsrate von 2,9 Prozent verzeichnet worden und im Dezember von 3,7 Prozent.
Warum geht die Teuerung jetzt zurück?
Das liegt vor allem an den gesunkenen Kosten für Energie: Im Februar verbilligten sich Ausgaben für das Heizen im eigenen Haushalt und Kraftstoffe den vorläufigen Zahlen zufolge gegenüber dem Vorjahresmonat um 2,4 Prozent. Nahrungsmittel kosteten 0,9 Prozent mehr als im Februar 2023. Der Anstieg schwächte sich damit ab. Im Januar war noch ein Plus von 3,8 Prozent verzeichnet worden.
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Ein noch stärkerer Rückgang der Teuerungsrate wäre sogar möglich gewesen, glaubt der Ökonom Sebastian Dullien von der Hans-Böckler-Stiftung. Er verweist auf preistreibende Maßnahmen der Bundesregierung zum Jahreswechsel und benennt konkret die beschleunigte Erhöhung des CO2-Preises, das Auslaufen der Energiepreisbremsen und die Rückkehr zur höheren Mehrwertsteuer in der Gastronomie. „Hätte es diese Maßnahmen nicht gegeben, wäre die Inflation noch spürbar stärker zurückgegangen“, so Dullien.
Welche weitere Entwicklung erwarten Experten?
Die Bundesregierung erwartete zuletzt, dass die Verbraucherpreise im Schnitt des laufenden Jahres um 2,8 Prozent steigen, nach 5,9 Prozent 2023. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) rechnet damit, dass die Lohnzuwächse in diesem Jahr über der Inflationsrate liegen. Die Erwartung ist, dass Beschäftigte das Geld auch ausgeben und damit den privaten Konsum ankurbeln. Der Privatkonsum ist eine wichtige Stütze der deutschen Konjunktur.
Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, sagte: „Die Inflation ist noch nicht bei zwei Prozent angekommen, und es wird in den kommenden Monaten auch wieder den einen oder anderen Rückschlag geben.“ Im März dürfte zum Beispiel noch einmal die dann höhere Mehrwertsteuer auf Erdgas und Fernwärme preistreibend wirken.
Was bedeutet das für den Wocheneinkauf?
Dass die Preise nicht mehr so schnell steigen wie zuvor. Günstiger dürfte es aber auch nicht werden. „Es ist nicht davon auszugehen, dass Handel und Hersteller einmal durchgesetzte Preiserhöhungen nun großflächig wieder zurücknehmen“, erklärte jüngst die Senior-Volkswirtin des Kreditversicherers Allianz Trade, Jasmin Gröschl, im Interview mit unserer Redaktion. Gröschl selbst geht in diesem Jahr bei Nahrungs- und Genussmitteln von einer Inflation fast auf Normalniveau aus – also gut 2,1 Prozent. Für Verbraucherinnen und Verbraucher kann diese geringe Teuerung als gute Nachricht gelten: Im zurückliegenden Jahr waren die Lebensmittelpreise noch einer der Haupttreiber für die Inflation.
Sinken jetzt auch bald die Bauzinsen?
Davon ist so schnell nicht auszugehen. Die Europäische Zentralbank (EZB) verfolgt das Ziel, die Inflation im Euroraum auf zwei Prozent zu begrenzen. EZB-Chefin Christine Lagarde hatte jüngst zwar Zinssenkungen in Aussicht gestellt, wollte aber bislang nichts überstürzen. Gegenstimmen gab es am Donnerstag von Wirtschaftswissenschaftlern.
Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), sagte unserer Redaktion, Geldpolitik wirke mit großen Verzögerungen. Deshalb müsse die EZB jetzt handeln, um die deutsche und die europäische Wirtschaft nicht noch empfindlicher zu schwächen. „Es gibt keine Anzeichen einer Lohn-Preis-Spirale, also einer Verfestigung einer zu hohen Inflation auf mittlere Sicht. Somit wäre die EZB klug beraten, ihre Zinssenkungen jetzt zu beginnen und die Zinsen zügig bis Mitte 2025 auf ein neutrales Niveau von 2,5 bis 2,75 Prozent zu bringen“, erklärte Fratzscher.
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Auch Sebastian Dullien forderte die EZB zum Handeln auf. „Ein Festhalten am aktuellen Zinsniveau erhöht die Gefahr einer langen konjunkturellen Schwächephase und eines künftigen Unterschießens der Inflation unter das Ziel von zwei Prozent“, erklärte er.
Wie bewertet die Wirtschaft die derzeitige Inflationsrate?
Deutschlands Wirtschaft steckt nach wie vor in schwierigem Fahrwasser. Die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr mit einem lediglich mickrigen Wirtschaftswachstum in Höhe von 0,2 Prozent. Eine weiter sinkende Teuerung könnte nun aber helfen, Investitionen anzukurbeln. „Der Rückgang der Inflation stützt die derzeit fragile Wirtschaftsentwicklung. Er stabilisiert die Realeinkommen der privaten Haushalte und verbessert die Aussicht auf baldige Zinssenkungen der EZB“, sagte der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, unserer Redaktion.
Welche Risiken sehen Experten noch?
Vor allem sogenannte externe Schocks wie Krisen und Kriege könnten Energiepreise erneut anheizen und weltweite Lieferketten stören. Experten sahen zuletzt bereits in den Angriffen der Huthi-Rebellen auf Frachtschiffe im Roten Meer ein Risiko für die Entwicklung der deutschen Inflationsrate. Der Aufwand, Waren von Asien nach Europa zu bringen, steige durch die Attacken, sagte Jasmin Gröschl. „Unternehmen bemerken das über anziehende Transport- und Personalkosten sowie auch über höhere Versicherungsprämien für die verschifften Waren. Verschärft sich die Situation und hält lange an, könnte es wie in der Corona-Pandemie zu Lieferkettenproblemen kommen“, so die Ökonomin. Eine Mission der Europäischen Union, an der auch die Bundeswehr beteiligt ist, versucht derzeit, Handelsschiffe in dem Gebiet zu schützen.