Berlin. Eine beliebte Online-Plattform hat extrem niedrige Preise und viele hohe Rabatte – doch es lauern Gefahren. Verbraucherzentrale warnt.
Damenschuhe ab 4,47 Euro, drei Koffer für 71,37 Euro oder ein Messerset für 8,99 Euro. Beim chinesischen Online-Anbieter Temu finden Käufer neben Elektronik, Bekleidung, Reisezubehör und Gartenbedarf fast alles – und das zu Schnäppchenpreisen und versandkostenfrei. Und meist versehen mit dem Hinweis: „Fast ausverkauft“ oder „Beeile dich! Über 126 Personen haben diesen Artikel in ihrem Warenkorb“. Für die Verbraucherzentrale (vzbv) weist das auf eine Manipulation der Käufer hin. Der Verband hat mehrere Verstöße auf dem Online-Marktplatz mit chinesischen Produkten festgestellt. Und den Online-Riesen nun scharf abgemahnt.
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„Die Plattform Temu verunsichert und übervorteilt Verbraucherinnen und Verbraucher mit willkürlich erscheinenden Rabatten, fragwürdigen Bewertungen und manipulativen Designs, das muss aufhören“, findet vzbv-Chefin Ramona Pop. Deutschlands oberste Verbraucherschützerin erklärt dieser Redaktion: „In Deutschland und der Europäischen Union gelten Gesetze zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbrauche, an die sich alle Unternehmen halten müssen.“
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Was Pop besonders übel aufstößt, sind die zahlreichen Hinweise unter den einzelnen Produkten, die Käufer unter Druck setzen sollen, schnell zu kaufen. Andauernd leuchten auf der Temu-Seite Hinweise auf, die erklären „Mehr als 54 Nutzer haben wiederholt gekauft! Warum nicht 2 auf einmal …“ oder „Nur noch 6 übrig“ nebst Sanduhr. Doch solche manipulativen Designs, sogenannte Dark Patterns, sind laut Digital Services Act der EU seit dem 17. Februar 2024 verboten. Und Pop sagt: „Verbraucherinnen und Verbraucher müssen vor derartigen Geschäftspraktiken geschützt werden.“ Ihr Verband prüft nun im nächsten Schritt eine Klage gegen Temu.
Undurchsichtig und manipulativ: Verbraucherzentrale warnt vor Temu
Doch die Androhung, dass der gewünschte Artikel beim Online-Shopping gleich vergriffen sein soll, ist nicht das einzige Ärgernis in den Augen der Verbraucherschützer. So lasse Temu Einkäufer im Unklaren, wie die ausgewiesenen hohen Rabatte zustande kommen. Zwar seien online oft Rabatte ausgewiesen, doch weitere Informationen zu den Referenzpreisen würden darüber hinaus nicht erteilt. Ebenso sei die Echtheit der Produktbewertungen nicht gewährleistet – obwohl Anbieter eigentlich verpflichtet sind, Informationen dazu zur Verfügung zu stellen.
Außerdem beklagt die Verbraucherzentrale sogenanntes Greenwashing, wenn also Produkte oder Vertrieb umweltfreundlicher dargestellt werden, als es tatsächlich der Fall ist. Temu, so der Vorwurf der Verbraucherschützer, würde damit werben, dass sich der CO2-Fußabdruck verringere, wenn sich Käufer ihre Waren nicht nach Hause, sondern zu einer Abholstelle in ihrer Nähe liefern lassen. Der Greenwashing-Vorwurf: Die Produkte, oft direkt von Herstellern und Händlern in China angeboten, haben bis zur Zustellung bereits sehr lange Wegstrecken zurückgelegt. Der CO2-Fußabdruck ist damit sowieso schon im Eimer.
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Bestellt man dennoch bei Temu, sollte man sich laut vzbv unbedingt über geltende Zollbestimmungen informieren. Bei einem Warenwert ab 150 Euro fallen Zollgebühren an. Hinzu kommt eine Einfuhrumsatzsteuer. Nach Möglichkeit sollte man nicht in Vorkasse gehen, sondern erst bezahlen, wenn die Ware angekommen ist. Bei elektronischen Geräten sollte man zudem auf zugelassene CE-Zeichen achten. Außerdem rät die Verbraucherzentrale dazu, das Standorttracking in den Einstellungen des Smartphones zu deaktivieren. Temu sei sehr an personenbezogenen Daten interessiert, um diese für kommerzielle Zwecke zu nutzen.
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Temu gehört neben Shein oder AliExpress zu den jüngsten Online-Plattformen von chinesischen Unternehmen, die den europäischen Markt erobern. Über diese Marktplätze werden Produkte oft direkt von Herstellern und Händlern in China angeboten, selten bekannte Markenartikel. Temu wurde erst 2022 in den USA gegründet und ist eine Tochtergesellschaft des chinesischen Unternehmens Pinduoduo (PDD Holdings Inc.), das an der US-Technologiebörse Nasdaq gehandelt wird.
Vergangene Woche meldete Pinduoduo, dass es seinen Gewinn 2023 fast verdoppeln konnte. Das Unternehmen aus Shanghai kann somit einen im Jahresvergleich um 90 Prozent erhöhten Nettogewinn von 60 Milliarden Yuan (7,6 Milliarden Euro) vorweisen. Gleichzeitig verabschiedete das französische Parlament ebenfalls vergangene Woche mit Blick auf Temu, Shein und Co. ein Gesetz zum Verbot der Werbung für Schnäppchenkleidung und eine Umweltabgabe auf Billigartikel.