Berlin. Das Aus der kostenlosen Paket-Rückgabe würde laut einer Umfrage das Shopping-Verhalten von Kunden verändern. Amazon und Co. reagieren.
Sonntagnachmittag, die Läden haben geschlossen, aber man hat endlich Zeit, ausgiebig zu shoppen. Anstatt ins Kaufhaus geht man dann eben ins Internet. Das Problem: Man weiß oft nicht, ob Pulli, Hose oder T-Shirt, die online bestellt werden, auch tatsächlich passen. Schnell werden die Klamotten in verschiedenen Größen bestellt. Und was nicht passt oder gefällt, wird eben zurückgeschickt. Ist ja schließlich kostenlos. Aber nicht mehr überall: Erste große Online-Händler verlangen bereits Rücksendegebühren. Steht die Gratis-Retoure vor dem Aus?
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Kostenpflichtige Retouren würden Kunden jedenfalls nicht vom Online-Shopping abhalten. Wie eine repräsentative Civey-Umfrage unter rund 2500 Internet-Shoppern im Auftrag unserer Redaktion zeigt, würde knapp die Hälfte (48 Prozent) der Befragten, die häufig bis durchschnittlich online bestellen, nicht weniger im Internet kaufen – auch wenn die Rücksendungen immer kostenpflichtig wären. Ein gutes Drittel (36 Prozent) hingegen würde weniger online bestellen, wenn die Rücksendungen immer kostenpflichtig wären. 16 Prozent sind unentschieden.
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Laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes haben vergangenes Jahr 82 Prozent der Deutschen von 16 bis 74 Jahren schon mindestens einmal online eingekauft. Besonders oft wird Kleidung im Internet gekauft – rund drei Viertel der Deutschen tun das. Und diese Warengruppe wird auch am häufigsten zurückgeschickt. Eine Pressesprecherin des Mode-Online-Versandhändlers Zalando erklärte unserer Redaktion, dass rund 50 Prozent aller Artikel ihres Unternehmens wieder zurückgeschickt würden. Das Unternehmen versandte im vergangenen Jahr knapp 245 Millionen Bestellungen.
Zalando, Amazon und Co.: Wichtige Marktakteure widersprechen
„Da es im Online-Handel keine Umkleidekabinen im klassischen Sinne gibt, gehören kostenlose Rücksendungen für uns zu unserem Service dazu“, erklärte die Zalando-Sprecherin weiter. „Gleichzeitig arbeiten wir daran, vermeidbare Retouren zu reduzieren – etwa weil ein bestelltes Kleidungsstück die falsche Größe hat oder anders aussieht als im Shop dargestellt.“ Diese Retouren würden rund ein Drittel aller Rücksendungen bei Zalando ausmachen.
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Doch anstatt künftig die Kundschaft für die Rücksendungen bezahlen zu lassen, setzt Zalando auf verbesserteOnline-Beratung. Auf Basis von Informationen wie beispielsweise Feedback zu vorherigen Einkäufen, Artikel- oder individuellen Körpermaßen gibt der Versandhändler laut eigenen Angaben Hinweise, wie ein Artikel ausfällt und welche Größe empfehlenswert ist. „Dadurch konnten wir die Zahl der größenbedingten Retouren im Vergleich zu Artikeln, bei denen wir keine Größenberatung anbieten, in den letzten Jahren über alle Märkte hinweg kontinuierlich um zehn Prozent senken“, so die Sprecherin.
Andere große Modehäuser verlangen hingegen Geld für die Rücksendung. Zara, die bekannteste Modekette des spanischen Inditex-Konzerns, veranschlagt eine Retourengebühr von 2,95 Euro je Rücksendung. Und auch der größte japanische Bekleidungshändler Uniqlo erhebt eine Rücksendegebühr von 2,95 Euro pro Paket. 1,99 Euro Rücksendegebühr wird hingegen beim schwedischen Textilhandelsgiganten H&M fällig, wenn man kein „Plus Member“ ist.
Otto, H&M und Co.: So gehen Modehäuser mit Retouren um
Für Deutschlands zweitgrößten Onlineshop Otto kommen kostenpflichtige Retouren nicht infrage. „Zurzeit wäre ein Verzicht auf kostenlose Retouren nicht möglich, da wir dann nicht mehr konkurrenzfähig wären“, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit. Nach eigenen Angaben werden vor allem Kleidungsstücke und Schuhe zurückgeschickt, genaue Zahlen wollte das Hamburger Unternehmen jedoch nicht nennen. „Retouren gehören zum Geschäftsmodell eines Online-Händlers. Wir können die Kunden ja nicht dafür bestrafen, dass sie die Kleidung nicht online anprobieren können“, so der Sprecher weiter. Er wies jedoch darauf hin, dass rund 97 Prozent der Retouren zurück in den Verkauf gingen.
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Online-Gigant Amazon hingegen erteilt kostenpflichtigen Retouren auf Nachfrage zwar keine klare Absage, verweist aber auf Möglichkeiten, um die Kaufentscheidung seiner Kunden zu verbessern – um so Rücksendungen zu vermeiden. Ähnlich wie Zalando bietet auch Amazon eigenen Angaben zufolge detaillierte Produktbeschreibungen an, damit Kunden anhand von Fotos oder Videos, Größenempfehlungen, Kundenrezensionen oder der Funktion „Mit ähnlichen Produkten vergleichen“ noch erfolgreicher shoppen können.
Verbraucherzentrale: Rücksendungen belasten die Umwelt
Auch der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (BEVH) rechnet in absehbarer Zeit nicht mit einem Verbot von kostenpflichtigen Retouren. Ein Sprecher erklärte auf Nachfrage, dass es für den Gesetzgeber schwierig wäre, Menschen für ein besonders verbraucherfreundliches Rückgaberecht, das ihnen gesetzlich zusteht, zur Kasse zu bitten. Und weiter: „Der Gesetzgeber hätte auch Besseres zu tun, als Verbraucherinnen und Verbraucher finanziell noch mehr zu belasten.“
Der Verband schätzt, dass in Deutschland 2021 rund 530 Millionen Pakete und etwa 1,3 Milliarden Artikel retourniert wurden. Das Kölner Handelsforschungsinstitut EHI sowie die Verbraucherzentrale schätzen, dass jedes zweite Paket bei Bekleidungskäufen im Internet als Retoure an den Händler zurückgeschickt wird. Tag für Tag, so die Verbraucherschützer, seien das etwa 800.000 Pakete. Das entspreche ungefähr 400 Tonnen CO2 oder 255 Autofahrten von Frankfurt nach Peking.