Essen. Im 150. Jahr der Konzerngeschichte erwartet Brenntag eine Belebung des Geschäfts. Chef Kohlpaintner mit klaren Worten zu Donald Trump.
Die Krise der Chemieindustrie bekommt auch der Essener Dax-Konzern Brenntag zu spüren. Der Weltmarktführer für die Chemiedistribution büßte im vergangenen Jahr Umsatz und Gewinn ein, konnte aber dennoch das zweitbeste Ergebnis der 150-jährigen Unternehmensgeschichte einfahren.
Christian Kohlpaintner ist nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen. Den Rückgang des Umsatzes um elf Prozent auf 16,8 Milliarden Euro und den Einbruch des Gewinns um 13,1 Prozent auf 1,265 Milliarden Euro nimmt der Brenntag-Chef relativ gelassen hin. Zum einen war 2022 das bisherige Rekordjahr für den Essener Konzern. Zum anderen bemerkt Kohlpaintner Licht am Ende des Tunnels. „Wir sehen eine leichte Erholung der Absatzmengen. Im vierten Quartal sind wir bereits wieder auf unseren Wachstumskurs zurückgekehrt“, sagt er.
Brenntag-Chef; Chemikalien-Nachfrage wächst wieder
Wie viele Konzerne leidet auch Brenntag unter der Wirtschaftskrise. Kohlpaintner nennt die hohen Energiekosten in Europa, niedrigere Verkaufspreise und die Inflation. All das habe dazu geführt, dass seine Kunden im vergangenen Jahr erst einmal ihre Chemikalien-Vorräte abgebaut hätten, bevor sie neu bestellten. Der Brenntag-Chef spricht von einer „vorsichtigen Nachfrage“.
Für das laufende Jahr versprüht Kohlpaintner aber Optimismus: „Die Gesamtnachfrage wird sich verbessern“, erwartet er. Entsprechend verheißungsvoll fällt auch seine Prognose für 2024 aus. Brenntag erwartet ein operatives Ergebnis vor Abzug von Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und immaterielle Vermögensgegenstände (EBITA) zwischen 1,230 und 1,430 Milliarden Euro. Die Aktionäre sollen für 2023 eine Dividende von 2,10 Euro pro Aktie erhalten. „Das ist die 13. Dividendenerhöhung in Folge“, unterstreicht der Vorstandsvorsitzende.
Kohlpaintner besorgt über Polarisierung
Die Krisen der großen deutschen Chemiekonzerne wie BASF, Bayer oder Evonik, die gerade in großem Umfang Arbeitsplätze abbauen, werden nach Kohlpaintners Einschätzung die Brenntag nicht überproportional treffen. „Die Nachfrage in Europa zu Jahresbeginn überrascht mich positiv. Ich bin nicht so negativ eingestellt“, sagt er. Auch der große nordamerikanische Markt erweise sich als robust.
Mit Sorge blickt der Brenntag-Chef allerdings auf die Vielzahl von Wahlen in diesem Jahr. „Es ist die zunehmende gesellschaftliche und politische Polarisierung, die wir in Deutschland und vielen anderen Ländern weltweit seit einiger Zeit erleben“, sagt Kohlpaintner. „Jede Idee oder Handlung, die dem freien Handel widerspricht, wird zu einem Verlust an Wohlstand führen und damit Demokratie und eine freie und offene Gesellschaft bedrohen.“
Ohne ihn beim Namen zu nennen, war damit wohl auch Donald Trump gemeint, der sich gerade auf seine Bewerbung als US-Präsident vorbereitet. Er sehe in den USA eine „gewisse Tendenz, sich auf das eigene Land zu fokussieren. Das ist für unser Geschäft nicht zuträglich“, sagt Kohlpaintner auf Nachfrage und betont zugleich, dass er dadurch „keine existenzielle Bedrohung für unser Geschäft“ sehe. Und der Manager betont: „Bei Brenntag sprechen wir uns deutlich gegen jede Form von Diskriminierung, Ausgrenzung und Hass im eigenen Unternehmen und darüber hinaus aus.“
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