Duisburg. Bei Thyssenkrupp Steel warnen Arbeitnehmervertreter vor Einschnitten bei den Beschäftigten – und drohen mit Protestaktionen.
Angesichts der Stahlkrise warnen führende Betriebsräte die Thyssenkrupp-Konzernleitung vor Einschnitten bei der Belegschaft. „Wir halten fest an der Beschäftigungssicherung bis März 2026“, heißt es in einem Flugblatt der IG Metall, in dem sich unter anderem Gesamtbetriebsratschef Tekin Nasikkol zu Wort meldet. Das Produktionsnetzwerk der Thyssenkrupp-Stahlsparte von sieben Standorten und den Tochtergesellschaften müsse ebenfalls erhalten bleiben.
Jüngste Äußerungen von Thyssenkrupp-Chef Miguel López werten die Betriebsräte als Andeutungen auf einen bevorstehenden „Kahlschlag“ bei Deutschlands größtem Stahlkonzern mit rund 27.000 Beschäftigten.
López habe einen klaren Auftrag, so Nasikkol. „Er soll aufräumen, das hat er den Aktionären versprochen.“ Die Eigner „wollen Ergebnisse sehen, und sie verlieren die Geduld“. Deshalb, sagt Nasikkol, „müssen wir uns auf das Schlimmste vorbereiten“.
„Möglicherweise werden wir schon bald zu größeren Protestaktionen aufrufen müssen“, erklärt Karsten Kaus, Geschäftsführer der IG Metall Duisburg-Dinslaken.
Sorge vor „neuen Hiobsbotschaften“ aus Essen
„Wir bleiben nicht tatenlos und warten auf neue Hiobsbotschaften“, wird Nasikkol in einem Flugblatt der IG Metall zitiert. Der Betriebsrat am Standort Hamborn habe daher eine Unternehmensberatung damit beauftragt, an Zukunftsszenarien für Thyssenkrupp Steel zu arbeiten. „Stahl braucht eine langfristige Perspektive, und wir werden eine solche aufzeigen“, so Nasikkol. Es gehe darum, die Lage zu analysieren und „konkrete Schritte“ zu erarbeiten: Wie könne Thyssenkrupp Steel in einem sich ändernden Weltmarkt auf Dauer Erfolg haben?
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IG Metall und Betriebsrat seien dabei „offen für entschlossene Schritte“, heißt es in dem Flugblatt. Eine Verselbstständigung der Thyssenkrupp-Sparte könne ein guter Weg sein, wenn die Bedingungen und die finanzielle Ausstattung stimmten. „Wir schließen nichts aus“, so Nasikkol, „aber für uns bleibt klar: Wir wollen Stahl in seiner jetzigen Größe erhalten.“ Dabei geht es augenscheinlich auch um die Frage nach dem sogenannten Betriebspunkt von 11,5 Millionen Tonnen pro Jahr. Auf diese Größenordnung der Produktion ist die Organisation von Thyssenkrupp Steel momentan ausgerichtet. Dem Vernehmen nach hat der Konzern allerdings zuletzt weniger Stahl hergestellt.
Betriebsrat von Thyssenkrupp Steel will Szenarien für Konzern entwerfen
„Wir müssen uns mit den neuen Realitäten und möglichen Zukunftsszenarien für Thyssenkrupp Steel intensiv auseinandersetzen“, sagt Thyssenkrupp Steel-Betriebsrat Olaf Vopel in einem Interview, das im Flugblatt der IG Metall abgedruckt ist. „Mitgestalten und mitentscheiden können wir nur auf der Basis einer umfassenden Analyse und Bewertung der aktuellen Lage mit Blick auf mögliche Auswirkungen auf Standorte, Produktion, Beschäftigung und Finanzen.“ Daher wolle der Betriebsrat „wahrscheinliche und mögliche Szenarien“ für Thyssenkrupp Steel am Standort Duisburg und den anderen Standorten entwerfen. „Wir warten nicht noch länger auf neue Ankündigungen, sondern beschäftigen uns mit unserer Zukunft.“
Seit Monaten lotet Thyssenkrupp-Chef López die Chancen für einen Teilverkauf der Stahlsparte aus. Interesse hat der tschechische Milliardär Daniel Kretinsky signalisiert. „Wir sind offen für jeden, der Interesse am Stahl hat und Geld mitbringt, um das Geschäft weiterzuentwickeln“, sagte dazu Ali Güzel, der Vorsitzende des Betriebsrats am größten Thyssenkrupp-Stahlstandort Hamborn-Beeckerwerth in Duisburg, im Gespräch mit unserer Redaktion. „Wenn Herr Kretinsky hier Milliarden investieren will, schlagen wir ihm nicht die Tür vor seiner Nase zu. Aber noch liegt uns kein industrielles Konzept vor, dem wir zustimmen könnten.“ Dass Thyssenkrupp-Chef López einen Teilverkauf des Stahls plane, sei allerdings „potenziell eine Gefahr“ für die Arbeitsplätze in Duisburg. „Daher sind wir sehr wachsam“, sagte Güzel. „Wenn es erforderlich ist, stehen wir vor dem Werkstor, um für unsere Interessen zu kämpfen.“