Washington. Der US-Wohnungsmarkt hat das schlimmste Jahr seit 2007 hinter sich. Viel spricht dafür, dass es bergauf geht. Doch es bleiben Risiken.
Die US-Wirtschaft ist mit einer starken Ausgangsposition ins neue Jahr gestartet. Ein entscheidender Grund für den wachsenden Konjunktur-Optimismus ist in der Erholung am Häusermarkt zu sehen, die sich Experten zufolge weiter beschleunigen wird. Ein Aufschwung, gepaart mit niedrigeren Zinsen, könnte auch eine Chance für deutsche Investoren bedeuten. Zwischen April 2022 und 2023 hatten Ausländer in den USA für insgesamt rund 53 Milliarden Dollar Immobilien erstanden – ein bedeutender Teil davon waren Deutsche. Unklar ist hingegen, welche Folgen für den Immobilienmarkt ein historisches Gerichtsurteil haben wird, das darauf abzielt, Preisabsprachen unter Immobilienmaklern einen Riegel vorzuschieben.
In den USA ist die Bedeutung des für die Gesamtwirtschaft immens. Schließlich ist das Eigenheim die mit Abstand größte Investitionen, die Familien tätigen. Im Schnitt macht das Privathaus 45 Prozent des Haushaltsvermögens aus. Steigt der Wert der Immobilie, dann sind Eigentümer aufgrund des „Vermögenseffekts“ geneigt, ihre Konsumausgaben hochzuschrauben, die fast 70 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung ausmachen.
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Unterdessen hat der Häusermarkt 2023 zwar keinen Einbruch erlitten, war aber dennoch so schwach wie seit dem Zusammenbruch des „Subprime-Blase“ vor 15 Jahren nicht mehr. So waren im Kampf gegen die hohe Inflation die Zinsen auf den höchsten Stand seit 2001 gestiegen. Folglich kletterte im Oktober der Zinssatz für einen 30-jährigen Hypothekenkredit auf mehr als 8,5 Prozent. Durch die hohen Finanzierungskosten wurde der Hauskauf für Millionen von Haushalten unerschwinglich.
Gepaart war die dadurch schrumpfende Nachfrage mit einem knappen Angebot. Schließlich wären bestehende Eigentümer, die ihre Immobilie zuvor günstig finanziert hatten, nach dem Verkauf gezwungen, eine andere Immobilie zu einem deutlich höheren Zins zu finanzieren. „Durch den perfekten Sturm aus Inflation, hohen Zinsen und Häuserpreisen sowie der geringen Verfügbarkeit von Immobilien war 2023 das schwierigste Jahr in der jüngeren Geschichte des Immobilienmarktes“, erklärt Elijah de la Campa, Ökonom bei dem Online-Maklerunternehmen Redfin.
Nach schlechten Jahren scheint sich in den USA Trendwende abzuzeichnen
Das scheint sich nun zu ändern. So fielen gegen Ende des Jahres die Zinsen für Kredite mit 30-jähriger Laufzeit von 8,5 auf unter 7 Prozent und dürften in der Erwartung, dass die US-Notenbank den Leitzins bald senken dürfte, weiter nachgeben. „Langsam denken wir daran, wieder in den Markt einzusteigen“, sagt Nick M., ein IT-Analyst aus Frederick im US-Staat Maryland. Er und seine Frau haben sich nach Reihenhäusern in der Preisklasse um 500.000 Dollar umgesehen. „Allein aufgrund der eineinhalb Prozentpunkte, um die sich Kredite innerhalb weniger Wochen verbilligt haben, würden wir jeden Monat etwa 400 Dollar weniger zahlen, das können wir uns fast schon leisten“, sagt er.
Der Aufwärtstrend macht sich auch in den jüngsten Daten bemerkbar. So stieg im November die Zahl bestehender Eigenheime, die verkauft wurden, das erste Mal in fünf Monaten. Auch konnten Bauunternehmen mehr neue Häuser an die Kunden bringen als noch ein Jahr zuvor. Hinzu kommt, dass die Anträge auf Darlehen wieder zulegen. Das wachsende Interesse schlägt sich in dem Preisanstieg nieder, für den der S&P CoreLogic Case-Shiller Index eine Jahresrate von 5 Prozent errechnete. Im Sommer und Frühherbst waren die Preise noch gesunken. Folglich schätzt Lawrence Yun, Chefvolkswirt bei dem Maklerverband National Association of Realtors (NAR), die weitere Entwicklung positiv ein. „Ich rechne damit, dass 2024 die Zahl der verkauften Häuser und Wohnungen von 4,8 Millionen auf 5,5 Millionen steigen wird.“ Eine Chance auch für jeden Deutschen, der sich in den USA ein Ferienhaus kaufen oder sich niederlassen möchte.
Warum ein Gerichtsurteil die Immobilienkrise wieder verschärfen könnte
Aller günstigen Vorzeichen zum Trotz schwebt ein Gerichtsurteil aus Kansas City wie ein Damoklesschwert über dem Markt. Dort hat ein Bundesgericht entschieden, dass US-Immobilienmakler ihren Kunden nicht mehr Provisionen in Höhe von 6 Prozent vorschreiben können. So war es bisher gang und gäbe, dass auf den Vertreter des Hauseigentümers und den Makler, der die Interessen des Käufers wahrnimmt, jeweils 3 Prozent des vereinbarten Kaufpreises entfallen. Bestreiten muss die Provision allein der Eigentümer, der dadurch deutlich weniger am Verkauf verdient.
Ohne einen Vergleich zwischen dem Maklerverband NAR und den 500.000 Klägern – Eigentümern, denen das Gericht 1,8 Milliarden Dollar Schadenersatz zuerkannte – könnte der zuständige Richter nun entscheiden, das „gebündelte Provisionssystem“ aufzulösen. Dies würde zwar den Gesamtpreis der Immobilie senken. Für Hauskäufer hätte es aber zur Folge, dass die Gebühren in Höhe von mehreren tausend Dollar nicht in den Kredit verpackt und über 30 Jahre abgezahlt, sondern vorausgezahlt werden müssen. Das könnte gerade junge Erstkäufer, die nicht über ausreichende Liquidität verfügen, vom Hauskauf abschrecken
Da diese Gebührenstruktur bald der Vergangenheit angehören könnte, fürchten Immobilienexperten, dass auch Maklern die Motivation fehlen wird, bei Verhandlungen für die Interessen ihrer Kunden zu kämpfen. Werden dann Käufer und Verkäufer gezwungen, komplexe Transaktionen selbst abzuwickeln, dann werde ein großer Teil der Deals platzen und dies den Aufschwung am Immobilienmarkt womöglich abwürgen.