Heiligenborn. . Für NRW-Umweltminister Johannes Remmel ist in Wittgenstein der “Startschuss für ein neues Kapitel im Buch der Naturschutzpolitik“gefallen. Unternehmer und Umweltschützer Dieter Mennekes (73) bringt seinen Privatwald in eine Stiftung ein und verzichtet damit wohl auf sechs Millionen Euro.
Von einem der kleinsten Wohnplätze des Landes, aus Heiligenborn an der Ilsequelle bei Bad Laasphe, ist am Donnerstagmittag mit einem „einzigartigen Vorgang ein bundesweites Signal“ ausgegangen. So umschreibt NRW-Umweltminister Johannes Remmel „hier in Wittgenstein den Startschuss für ein neues Kapitel im Buch der Naturschutzpolitik“. Der Unternehmer und Umweltschützer Dieter Mennekes (73) stellt seinen rund 370 Hektar großen Waldbesitz als Stiftung für die „Wildnis Heiligenborner Wald“ zur Verfügung.
Vereinbarung mit dem Land auf 99 Jahre angelegt
- Das Wildnisgebiet bei Heiligenborn umfasst rund 370 Hektar Wald.
- Der Besitz geht in die private Stiftung über, deren Vereinbarung mit dem Land NRW auf 99 Jahre festgelegt ist.
- Sechs Arbeitsgruppen koordinieren und begleiten das Projekt.
Das tut der 73-Jährige aus Überzeugung und verzichtet damit auf rund sechs Millionen Euro, die er nach eigenen Angaben bei einem etwaigen Verkauf hätte erzielen können. „Ich gebe die Einkünfte aus dem Wald auf, weil der Ertrag künftig der Allgemeinheit zugute kommen kann“, begründete Mennekes. Jährliche Einkünfte aus dem Wald würden bei einer viertel Million Euro liegen.
Wildkatze ist das Wappentier
Ihm habe die Natur in seinem Leben viel gegeben, jetzt könne er ihr etwas zurückgeben, und gleichzeitig „den Menschen Waldästhetik und Waldmystik vermitteln, vor allem Nachhaltigkeit im Naturschutz“, hofft Mennekes.
Die Hoffnung von Minister Remmel geht ein wenig weiter: „Hoffentlich findet diese private Initiative weitere Nachahmer. Dieter Mennekes geht hier einen schmalen Trampelpfad voran. Das Land ist ihm zu großem Dank verpflichtet.“ Immerhin sei der Heiligenborner Wald „Garant für eine biologische Vielfalt und Artenreichtum. Das gilt es in den Wildnisgebieten zu bewahren.“
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Da kommt es also nicht von ungefähr, dass Dieter Mennekes gemeinsam mit Forstamtsdirektor Diethard Altrogge die Wildkatze als Wappentier für die Wildnis ausgesucht haben; sie ist bereits heimisch zwischen Ilse und dem Schwarzer Langenbach, wo auch der Schwarzstorch wohnt.
„Vielleicht kommt ja noch der Luchs hierher“, kann sich Mennekes vorstellen, wobei er mit Johannes Remmel einer Meinung ist, dass den Erfolg dieses Projektes erst unsere Nach-Nachfahren erleben und zu schätzen wissen werden. „Hier entstehen die Urwälder von morgen – ein entscheidender Schritt zum Schutz und zur Wiederherstellung unseres wertvollen Naturerbes“.
Immerhin dauert der Lebenszyklus einer Buche bis 800 Jahre. „Davon gibt es bei uns nur noch sehr wenige,“ bedauert der Minister.
Wanderwege werden neu gelenkt
Vor zahlreichen Medienvertretern erläuterte dann Diethard Altrogge im Waldhaus Heiligenborn (ehemalige Gaststätte), das übrigens der Stiftung für Seminare etc. erhalten bleibt, dass bis auf zwei alle anderen Wirtschaftswege im Projektgebiet „sich selbst überlassen bleiben.
Vorhandene Wanderwege wie Zubringer zum Rothaarsteig werden in Absprache mit dem SGV neu gelenkt – auch, um Touristen gezielt einen Blick auf Rotwild und andere Tiere zu ermöglichen.
Wichtig war Altrogge die Botschaft: „Das Waldbetretungsrecht wird hier nicht tangiert.“
Optimale Ausgangsbasis für einzigartiges Naturschutzprojekt
Private Naturschutzstiftung? Was bedeutet das für die Bürger in der Region, etwa für Wanderer oder Radler?
Einzigartiges Naturschutzprojekt
Nach Aussagen aller am Projekt Beteiligten wird hier „die Natur der Natur überlassen“. Uralte Buchen, Quellen und Moore sollen sich ohne Eingriffe von Menschen dynamisch entwickeln. Forstliche Nutzungen werden dauerhaft ausgeschlossen - die Bäume leben bis zu ihrer natürlichen Zerfallsphase. Mit einem Anteil von 33 Prozent Laubwald bietet die Wildnis eine optimale Ausgangsbasis für das einzigartige Naturschutzprojekt.
Natürlich bedarf ein künftiger Urwald eine Vorbereitungsphase. Flachwasserbereiche für den Schwarzstorch, der übrigens vor wenigen Tagen in die Region zum Horstbau gekommen ist, sollen fachmännisch durch Sprengungen hergestellt werden, um dem vom Aussterben bedrohten Tier ein Nahrungsspektrum zu geben.
Motto "Wald vor Wild"
Allerdings lautet das von Umweltminister Johannes Remmel und Stifter Dieter Mennekes ausgegebene Motto auch „Wald vor Wild“.
Der Landesbetrieb Wald und Forst NRW wird das Projekt sowohl naturschutzfachlich als auch forst- und jagdwissenschaftlich begleiten. "Dabei verfolgen wir keinen Käseglocken-Naturschutz,“ betont Dr. Hans-Jürgen Schäfer, Abteilungsleiter Naturschutz beim Landesbetrieb NRW.
Initiative für Remmel echte Sensation
Die Initiative von Dieter Mennekes bezeichnete Minister Remmel als „eine echte Sensation, die in dieser Größenordnung einmalig bleiben wird.“ Sie passe hervorragend in das Gesamtkonzept des Landes zum landesweiten Ausbau von Wildnisgebieten, die nachhaltig einen Lebensraum für gefährdete Tier- und Pflanzenarten garantieren.
Was die Jagd betrifft, werden in Kürze sämtliche Hochsitze in dem Waldgebiet abgebaut; Einzeljagden wird es nicht mehr geben. Bei drei oder vier Jagden im Herbst solle der Abschussplan erfüllt werden. Außer in Notzeiten werden genau wie im angrenzenden Staatswald weder Fütterungen noch Kirrungen durchgeführt. Dies plane übrigens auch die für den fürstlichen Nachbarwald zuständige Wittgensteiner Rentkammer in Bad Laasphe.