Bad Berleburg. . Nebenbuhler in der Herde lässt Wisentbulle „Egnar“ offenbar nicht zu - auch nicht, wenn es der eigene Sohn ist. “Quandor“ musste jetzt von seinen Schmerzen erlöst werden. Vermutlich hatte Vater “Egnar“ ihm in der vergangenen Woche mit seinen Hörnern aufgeschlitzt.

Nebenbuhler in der Herde lässt Wisentbulle „Egnar“ offenbar nicht zu. Am späten Samstagabend musste der schwer verletzte Bulle „Quandor“ mit einem Fangschuss von augenscheinlich schlimmen Schmerzen erlöst werden. Experten gehen davon aus, dass „Egnar“ vermutlich schon im Laufe der vergangenen Woche mit seinen Hörnern die linke, hintere Flanke des eigenen Sohnes „Quandor“ in Höhe der Körpermitte regelrecht aufgeschlitzt hatte.

Auf dem „Hirschkopf“ oberhalb von Latrop, 400 Meter jenseits der Grenze zwischen Sauerland und Wittgenstein, war am Samstagabend bei Sauerländer Förstern, die allein ohne die frei gesetzte Herde laufenden „Quandor“ entdeckten, auch ein Experte aus dem niedersächsischen Wisentgehege Springe. Sie konnten beobachten, „dass sich der Jungbulle immer wieder die Wunde leckte, sie viel hinlegte, sich weiter schleppte“, berichtet Forstoberinspektor Norbert Kohnen (Regionalforstamt Oberes Sauerland in Schmallenberg). „Sofort haben wir den Wisent-Ranger Jochen Born informiert“, so Kohnen weiter.

Fangschuss erlöst Quandor von seinem Leiden

Born war dann schnell gemeinsam mit Revierförster Karl-Heinz Paul und Berufsjäger Patrick Rath, beide von der Rentkammer Berleburg, vor Ort, erkannten trotz eingebrochener Dunkelheit die Schwere der Verletzung bei dem im Juni 2012 im Auswilderungsgehege oberhalb des Forsthauses Homrighausen geborenen Jungbullen. Der sprang dann aber doch noch mit letzter Kraft von einem Weg ab.

Daraufhin beschloss die Gruppe eine intensive Nachsuche für den frühen Sonntagmorgen. Aber plötzlich entdeckten sie „Quandor“ dann doch – röchelnd und aus „einer fast Bierdeckel großen Wunde blutend“ neben der Bankette des Weges.

Gemeinsam schlossen die Experten aus, dass das Tier eine Überlebenschance hätte und erlösten es mit einem Fangschuss von seinem Leiden.

Rangkämpfe sind normal

Der Trägerverein Wisent-Welt Wittgenstein bedauert in einer Pressemitteilung des Verlust innerhalb der im April frei gesetzten Herde, betont aber: Innerartliche Rangkämpfe sind in der Natur normal. Besonders in der aktuellen Brunftzeit.

Die ranghöchsten Bullen verteidigen dabei ihr Revier und ihre Stellung. Dabei erfolgt der Kampf nicht mit der Absicht, den Rivalen zu töten. Dennoch sterben immer wieder Tiere an den Folgen solcher Kommentkämpfe. „Dies ist bei den Hirschen nicht anders als bei Wisenten – denn auch beim Rotwild haben wir jedes Jahr Verluste als Folge der Rangkämpfe“, erklärt Johannes Röhl, Direktor der Rentkammer . Er lobte die Sauerländer Förster: „Die Zusammenarbeit und die Abstimmung mit den Kollegen vom Landesbetrieb Wald und Holz hat hervorragend geklappt.“

„Ereignis ist nicht zu vermeiden“

Der Vorsitzende des Trägervereins, Bad Berleburgs Bürgermeister Bernd Fuhrmann, empfindet das tragische Geschehen als „sehr traurig“, ergänzte aber: „So ist eben die Natur – und ein solches Ereignis ist in einem Artenschutzprojekt deshalb gar nicht zu vermeiden.“

Im Wortlaut fast identisch hatte der Trägerverein Wisent-Welt Wittgenstein einen gleichartigen Vorfall Mitte Dezember des Jahres 2010 kommentiert. Damals hatte „Egnar“ im Auswilderungsgehege den zweijährigen Rivalen „WA_75“ laut Obduktionsergebnis „mit massiven Hörnerstößen“ im Kampf getötet.