Siegen-Wittgenstein/Arnsberg. Kreis Siegen-Wittgenstein bezieht Stellung und präsentiert Wortlaut der Klage. Er sieht einen positiven, aber viele negative Aspekte.

Der Kreis Siegen-Wittgenstein äußert sich am Freitagvormittag auf Nachfrage der Redaktion erstmalig zur Klage auf „Freilassung der Wisente“, die der Landesverband des Landesverbands Nordrhein-Westfalen des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) eingereicht hatte. Außerdem macht der Kreis auch erstmalig Details aus der Klageschrift publik, die der BUND in seiner Pressemitteilung so noch nicht veröffentlicht hatte. Zusätzlich befürchtet der Kreis, dass die Klage zu „weiteren unerwünschte Fehlentwicklungen im Verlauf des Projektes ‚Wisente im Rothaargebirge‘“ führen könnte. Gleichzeitig sieht der Kreis Siegen-Wittgenstein aber auch einen positiven Aspekt in dem Verfahren, wenn dort geklärt werden könnte, welchen artenschutzrechtlichen Schutzstatus die Wisente am Rothaarsteig haben.

Was der BUND in der Kalge fordert

Der BUND hat in seiner Klage vom 4. April 2024 beantragt, dem Kreis zu untersagen, die in einem Managementgehege in Bad Berleburg gegatterten Wildrinder „in Besitz oder Gewahrsam zu halten, sowie diese zu kaufen, zu verkaufen, zum Verkauf oder zum Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen.“ Außerdem soll der Kreis verpflichtet werden, die im Managementgatter befindlichen Wisente freizulassen. Der BUND stützt seinen Antrag unter der Annahme, dass die Wisente in Bad Berleburg zu den nach europäischem Recht besonders streng geschützten Tier- und Pflanzenarten gehören, auf in § 44 des Bundesnaturschutzgesetzes normierte Besitz- und Vermarktungsverbote.

Dieses aktive Handeln der öffentlichen Dienststellen ist nur deswegen notwendig geworden, weil sich der Verein „Wisent-Welt-Wittgenstein e.V.“ für handlungsunfähig erklärt hat.
Kreis Siegen-Wittgenstein - Begründung für das „Einspringen des Kreises“

Als Begründung gebe der BUND an, dass der „Rechtsstreit im Kern um die Frage geht, ob die gegenwärtig vom Beklagten (red. Anmerkung: dem Kreis) betriebene Einsperrung und Gefangenhaltung von im Jahr 2013 im Rothaargebirge ausgewilderten Wisenten und deren Nachkommen sowie die zu diesem Zwecke erteilten Genehmigung ohne Vorliegen einer artenschutzrechtlichen Ausnahme rechtswidrig ist.“ Der BUND geht davon aus, dass die Wisente nach EU-Recht und Bundesnaturschutzrecht geschützt sind, und es damit verboten ist, „die Tiere zu fangen, in Besitz oder Gewahrsam zu halten sowie an Dritte abzugeben.“

Endlich Schutzstatus der Tiere klären

Genau diese Fragestellung werde laut Kreis Siegen-Wittgenstein seit langem mit unterschiedlichen Auslegungen und Interpretationsergebnissen diskutiert. „Grundsätzlich wäre es deswegen zu begrüßen, wenn dieser Aspekt, bei dem es letztlich um die Einordnung des artenschutzrechtlichen Schutzstatus der ‚Wisente am Rothaarsteig‘ geht, im Verlauf des anstehenden Gerichtsverfahrens einer Klärung zugeführt würde.“ Eine solche Klärung wäre aber nicht gleichzusetzen mit einer Entscheidung über die dauerhafte Fortführung oder alternativ einem Abbruch des Freisetzungsprojektes, weil hierzu weitere Rahmenbedingungen geklärt und weitere notwendige Voraussetzungen, z.B. zur Projektträgerschaft oder -finanzierung, hergestellt werden müssten.

Klage hat auch negative Wirkung

Der Kreis warnt aber auch davor, dass die Klage auch „eine ausgesprochen kontraproduktive Wirkung“ haben kann, weil sie das vom Runden Tisch empfohlene Herdenmanagement verhindern kann. So dient das Managementgatter auch dazu, die Herdengröße vor einer möglichen erneuten Freilassung auf 25 Tiere zu verringern. Außerdem müssten weitere Fehlentwicklungen im Herdenmanagement und Inzucht vermieden werden. Eine Maßnahme zur Verkleinerung sei es, Tiere in andere Wisent-Projekte im In- und Ausland zu vermitteln. Dies werde vom Kreis und allen anderen Beteiligten vorbereitet. „Dieses aktive Handeln der öffentlichen Dienststellen ist auch nur deswegen notwendig geworden, weil sich der eigentlich verantwortliche Träger des Projektes, der Verein ,Wisent-Welt-Wittgenstein e.V.‘ für handlungsunfähig erklärt hat, nachdem über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.“

Die verbliebenen Vertragsparteien (Kreis, Bezirksregierung Arnsberg, Landesbetrieb Wald und Holz NRW, Wittgenstein-Berleburg’sche Rentkammer) sind also an die Stelle des insolventen Vereins getreten, der aber immer noch Eigentümer der Tiere ist. Sollte die Klage dieses Management behindern, befürchtet der Kreis „weitere unerwünschte Fehlentwicklungen“.

Der BUND hatte seine Klage am 4. April beim Verwaltungsgericht Arnsberg erhoben. Wie der Kreis Siegen-Wittgenstein in seinem Schreiben weiter mitteilt, hat das Verwaltungsgericht den Kreis in einem ersten Verfahrensschritt um eine Stellungnahme bis zum 26. April 2024 gebeten.

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