Wittgenstein. Landwirte und Fuhrunternehmer gingen auf die Straße, es gab viele Gespräche an Infoständen. So lief der Protest-Tag in Wittgenstein.

Wir berichten heute im Liveticker von der Demonstration der Landwirte in Wittgenstein. Die werden in mehreren Kolonnen über alle durch Wittgenstein fahren. Außerdem gibt es Infostände an den Rewe-Märkten und an der Bäckerei Birkelbach im Industriegebiet Wittgenstein.

16.15 Uhr: Die Polizei meldet einen „friedlichen Verlauf“ der Protestaktion in Wittgenstein.

15.47 Uhr: Die Protestaktion der Landwirte in Wittgenstein ist offiziell beendet und die Teilnehmer treten den Heimweg an. „Insgesamt waren 240 Fahrzeuge unterwegs: Trecker, Lkws und Handwerksbusse“, sagt Heinrich Menn vom Organisationsteam. Die Bilanz des Aktionstages: „Nur positives Feedback. Es gab angeregte Diskussionen an den Infoständen, dafür waren sie da. Auch was von den einzelnen Trecker-Kolonnen zurückkam, war gut.“ Probleme und Beschwerden gab es keine. „Das war auch unser Weg: Nicht nerven, sondern aufmerksam machen. Das haben wir mit den Treckern und den Infoständen geschafft“, so Menn.

14.57 Uhr: Im Rewe-Markt in Bad Berleburg sind alle Tüten mit Infomaterial vergriffen. Die Resonanz: „Fast durchweg positiv“, sagt Oliver Beitzel aus Wingeshausen. Viele können mit Begriffen wie Agrardiesel nichts anfangen, genau deswegen informieren die Landwirte vor Ort. „Wir haben das erreicht, was wir wollten: Darauf aufmerksam machen“, so Beitzel.

Anke Fuchs-Dreisbach und Nicole Wickel (von links) verteilen im Rewe-Markt in Bad Berleburg „einen Gruß der Landwirte“.
Anke Fuchs-Dreisbach und Nicole Wickel (von links) verteilen im Rewe-Markt in Bad Berleburg „einen Gruß der Landwirte“. © Berleburg | Annelie Manche

13.50 Uhr: Vor dem Rewe-Markt in Bad Laasphe informieren Landwirte über die aktuelle Situation und verteilen Tüten mit Informationen sowie regionalen Produkten: Jogurt, Brötchen und Kartoffeln. „In dem wir mit den Schleppern auf der Straße fahren und vor den Märkten informieren, wollen wir die Bürger erreichen, ohne sie zu sehr zu behindern“, sagt Georg Jung, Geschäftsführer des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Siegen-Wittgenstein. „Wir wollen nicht die Regierung stürzen, sondern die Politik ändern!“

Nadine Wunderlich, Georg Jung, Christiane Schmidt und Sandra Six (von links) informieren vor dem Rewe-Markt in Bad Laasphe über die Situation der Landwirte. 
Nadine Wunderlich, Georg Jung, Christiane Schmidt und Sandra Six (von links) informieren vor dem Rewe-Markt in Bad Laasphe über die Situation der Landwirte.  © Berleburg | Annelie Manche

11.46 Uhr: „Die Reaktion sind durchweg positiv. Wir haben viele gute Gespräche“, freut sich die neue Kreislandwirtin Katharina Treude, die am Rewe-Markt in Erndtebrück Rede und Antwort steht. Viele Passanten zeigten sich mit den Anliegen der Landwirte solidarisch. Aber mit Blick auf politische Gruppierungen, die jetzt im Kielwasser der Landwirte unterwegs sind, sagt sie ganz deutlich: „Wir werden uns nicht unterwandern lassen. Wer Umsturzfantasien hat, ist bei uns falsch. Unsere Anliegen heißt nicht, die Bundesregierung muss weg, sondern wir wollen über eine Politik mit Sachkunde diskutieren“, sagt die Birkefehlerin.

Zwei Kolonnen von protestierenden Landwirten und Unternehmern begegnen sich auf der Bad Berleburger Poststraße. 
Zwei Kolonnen von protestierenden Landwirten und Unternehmern begegnen sich auf der Bad Berleburger Poststraße.  © Berleburg | Lars-Peter Dickel

11.02 Uhr: Die Bäckerei Schwan verteilt kostenfreie „Bauern-Frühstücke“ an die Protest-Teilnehmer. Vor der Filiale in Raumland steht ein großes Schild: „Ohne Bauer kein Bäcker“. „Etwas über 300 Frühstücke haben wir verteilt, denn manche Traktoren sind mit zwei Teilnehmern besetzt“, sagt Inhaber Marco Frank. An der Aktion beteiligen sich auch die Schlachterei Bätzel aus Wunderthausen und der Geflügelhof Zacharias aus Alertshausen.

Die Bäckerei Schwan unterstützt die Protestaktion und bietet ein kostenloses Frühstück für die Teilnehmer an.
Die Bäckerei Schwan unterstützt die Protestaktion und bietet ein kostenloses Frühstück für die Teilnehmer an. © WP | Annelie Manche

10.34 Uhr: Aus Sicht der Polizei läuft die große, rollende Protestveranstaltung der Landwirte in Wittgenstein „ohne Komplikationen“, wie Sprecher Niklas Zankowski bescheinigt. Aktuell sind laut Polizei 220 Fahrzeuge beteiligt. Das deckt sich mit den Angaben der Organisatoren.

9.37 Uhr: Inzwischen sind laut Heinrich Menn elf Fahrzeugkolonnen zu jeweils 20 Fahrzeugen auf Wittgensteins Straßen unterwegs. Dazwischen seien auch viele Handwerker. „Ebenso schließen sich immer wieder auch Autofahrer über kurze Strecken an und folgen den Konvois mit Warnblinklicht“, berichtet Menn.

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7.30 Uhr: Unterstützung erhalten die protestierenden Landwirte, Fuhr- und Forstunternehmer auch von den Bäckern und Metzgern. Die Bäckerei Schwan aus Diedenshausen und die Schlachterei Bätzel aus Wunderthausen laden beispielsweise via Facebook die Teilnehmer der Protestaktion zu einem „Bauernfrühstück“ ein, das sie in der Filiale in Raumland für unterwegs mitnehmen können.

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7.00 Uhr: Iris Böhl vom Organisationsteam hatte am Morgen ein Lächeln im Gesicht. Gemeinsam mit Heinrich Menn, Manuel Hofius, Wolfgang Born und Jonas Roth (Landjugend) hat sie diese große Protestaktion spontan seit vergangenen Mittwoch organisiert. „Das hat einfach sehr gut geklappt.“ Aber es bereitet dem Organisationsteam auch Sorge, was sich für den Nachmittag in Bad Berleburg angesagt hat. Die rechtsradikale Partei „Der III. Weg“ will ab 16 Uhr in Bad Berleburg am Rathaus treffen, um sich bei einem „Montagspaziergang“ mit den Landwirten zu solidarisieren. Das weist Heinrich Menn entscheiden von sich. „Wir als Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband sind überparteilich“, sagt er ganz deutlich und berichtet auch, dass der bekannte Siegener AfD-Politiker Henning Zoz mehrfach versucht habe, sich an die Proteste der Landwirte anzudocken. „Das haben wir abgelehnt“, so Menn weiter.

Eine Protest-Kolonne auf der Bad Berleburger Poststraße. 
Eine Protest-Kolonne auf der Bad Berleburger Poststraße.  © WP | Lars-Peter Dickel

6.40 Uhr: Die Landwirte werden von zahlreichen Unternehmern unterstützt. Im Protestzug befinden sich Forstleute, Landschaftsgärtner und Spediteure. Eine bunte Mischung von Menschen, die ihrem Ärger Luft machen.

6.24 Uhr: Der erste Konvoi erreicht die Poststraße in Bad Berleburg. Die Kolonne zieht sich über die gesamte Einkaufsmeile. Überall blinken gelbe Rundumleuchten und die markanten Hörner von Lastwagen ertönen immer wieder. Dicht gefolgt, aber mit gut 500 Metern Abstand zieht noch eine zweite Kolonne durch.

6.08 Uhr: „Es sind jetzt zehn Kolonnen mit jeweils 20 Fahrzeugen unterwegs. Wir schätzen, dass noch ein bis zwei Kolonnen dazukommen, wenn die Berufskollegen im Stall fertig sind“, berichtet Heinrich Menn vom Organisationsteam. Die über 200 Traktoren, Lastwagen und ein Autokran werden überall in Wittgenstein verteilt in Gruppen von 15 bis 20 Fahrzeugen unterwegs sein. „Das werden so 100 Kilometer Strecke sein“, so Menn.

Transparente, ob gedruckt oder selbst beschriftet, hängen an vielen Fahrzeugen. Der WLV hatte aber im Vorfeld auch welche organisiert, für die die noch eines brauche.
Transparente, ob gedruckt oder selbst beschriftet, hängen an vielen Fahrzeugen. Der WLV hatte aber im Vorfeld auch welche organisiert, für die die noch eines brauche. © WP | Lars-Peter Dickel

5.30 Uhr. Es ist bitterkalt. Um die Minus vier Grad. Die Traktorteams haben sich mit dicken Jacken und Decken versorgt. Aber es gibt auch die ganz harten: Ein Trecker rollt ohne Kabine, ja ohne Verdeck und Windschutzscheibe an der Kolonne vorbei.

4.45 Uhr: Es geht los. Viele Landwirte mit Traktoren, Fuhrunternehmer und Unterstützer versammeln sich im Industriepark Wittgenstein in Schameder. „Wir sind sehr zufrieden“, sagt Heinrich Menn vom Organisationsteam. Insgesamt sind über 200 Fahrzeuge angemeldet. „Es können aber noch weitere dazustoßen. Die können sich hier melden. Wir werden hier mit einem Team im Industriepark bleiben“. Das ist wichtig, weil alle Teilnehmer der Wittgensteiner Demonstration gelbe Bänder als Erkennungszeichen für den Außenspiegel erhalten. Außerdem gibt es Verhaltensmaßregeln. „Wir wollen auffallen, aber nicht blockieren! Das ist unser Motto“, macht Menn klar.

Es geht los. Um kurz vor 5 Uhr haben sich bereits viele Landwirte mit Traktoren, Fuhrunternehmer und Unterstützer im Industriepark Wittgenstein in Schameder versammelt.
Es geht los. Um kurz vor 5 Uhr haben sich bereits viele Landwirte mit Traktoren, Fuhrunternehmer und Unterstützer im Industriepark Wittgenstein in Schameder versammelt. © Berleburg | Lars-Peter Dickel

Was bisher berichtet wurde

Die Idee entstand spontan. „Ich habe viele Anrufe von Berufskollegen bekommen, die mich gefragt haben: Was ist denn geplant?“, berichtet Heinrich Menn. Der Landwirt aus der Rohrbach hat sich darauf hin mit anderen Kollegen ausgetauscht und überall war es ähnlich. Also haben sich Iris Böhl, Manuel Hofius, Wolfgang Born und Jonas Roth an einen Tisch gesetzt und geplant. Gemeinsam mit den Wittgensteiner Ortsverbänden des Westfälisch Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV) ist ein Konzept entstanden, das am Montag vor allem zwei Dinge erreichen soll: „Wir wollen auffallen, entschleunigen, wollen informieren, ohne zu blockieren“, fasst es Heinrich Menn zusammen. Deswegen fahren die Wittgensteiner Landwirte und Fuhrunternehmer eine zweigleisige Strategie.

Das Ganze auf Bauerndemo wegen Agrardiesel zu reduzieren, ist uns zu wenig.
Heinrich Menn - Organisationsteam der Demo

„Wir treffen uns morgens um 5 Uhr im Industriegebiet Schameder und fahren dann in kleinen Kolonnen von zehn, fünfzehn Fahrzeugen auf verschiedenen Routen durch den Altkreis“, berichte Menn vom ersten Teil. Dabei geht es um die Aufmerksamkeit. Den Verkehr im gesamten Altkreis Wittgenstein vollständig lahmlegen wollen die Organisatoren und Teilnehmer aber eben nicht, auch wenn sie das sehr leicht könnten: „Wir haben auf der Fahrt nach Siegen in der langen Traktorkolonne gesehen, dass da gar nichts mehr ging“. Aber Menn und seinen Mitstreitern ist das zu wenig: „Das Ganze auf Bauerndemo wegen Agrardiesel zu reduzieren, ist uns zu wenig“, macht er klar, dass es viele weitere Fragestellungen gibt, bei denen Land- und Forstwirte mit der aktuellen Politik der Bundesregierung nicht einverstanden sind.

Landwirte protestieren für Themen der Landwirte

Menn wehrt sich dagegen, dass die Proteste der Landwirte von anderen politischen Gruppierungen gekapert werden, die grundsätzlich gegen das politische System sind. Für die Aktion, bei der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vom Verlassen einer Fähre gehindert wurde, hat Menn kein Verständnis.

Und mit Blick auf andere Proteste macht er klar: Eine „Wir sind keine Montagsdemonstranten“, sagt er und verweist auf Unterscheide zu den Protesten gegen die Corona-Politik. Genau ein solcher „Montagsspaziergang“ wird aber am Montagnachmittag wieder in Bad Berleburg stattfinden. Ab 16 Uhr, so die Informationen dieser Zeitung, haben Organisatoren einen solchen „Spaziergang“ bei den Behörden angemeldet. Man wolle sich mit den Landwirten solidarisieren, heißt es.

Um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen haben sich die Organisatoren etwas anderes ausgedacht: „Wir werden an den Rewe-Märkten in Bad Berleburg, Bad Laasphe und Erndtebrück und an der Bäckerei Birkelbach in Schameder mit kleinen Teams und Infoständen präsent sein, kleine Geschenke und Flyer verteilen“, so Menn.

Dieses Konzept aufzustellen und Routen auszuarbeiten, war nicht einfach. Vor allem, weil die Gruppe um Menn, Böhl, Hofius, Born und Roth auch eine Veranstaltungsanmeldung brauchte. „Wir haben am Mittwochabend kurz vor 24 Uhr noch eine E-Mail losgeschickt“, so Menn. Weil die Kreispolizeibehörde Siegen-Wittgenstein eine Anmeldung 48 Stunden vor der Veranstaltung benötigt und das Wochenende nicht mitgezählt wird.

Von der Zusammenarbeit mit den Behörden ist Menn begeistert: „Das war eine grandiose Hilfsbereitschaft bei der Polizei“, berichtet er von den Gesprächen, die letztlich auch für die Wittgensteiner Landwirte und Transportunternehmer zum Erfolg geführt haben. Am Montag, 8. Januar, können sie von 5 bis 15 Uhr gemeinsam demonstrieren: In kleinen Konvois auf den Straßen und mit Ständen vor den Supermärkten. Den Abschluss bildet dann noch ein gemeinsames Treffen aller Beteiligten am Sportplatz im Industriegebiet in Schameder.

Raiffeisen Bad Laasphe schließt Tankstellen

Neben den Protesten sind auch Solidaritätsbekundungen für die Sorgen der Bauern geplant. So unterstützt der Raiffeisen Westmarkt in Bad Laasphe die Landwirte mit einer besonderen Aktion. Bis 19 Uhr bleiben die Tankstellen in Bad Laasphe und im hessischen Dautphe geschlossen. Die Belieferung mit Heizöl wird an diesem Tag ebenfalls ausfallen. Darüber wurden die Kunden bereits via Flyer in den sozialen Medien informiert. „Wir möchten uns auf diese Art und Weise solidarisch mit den Bauern und mit jedem, der gezwungen ist, zu tanken, zu heizen oder eben Energie zu verbrauchen, zeigen“, sagt Michael Ermert, Geschäftsführer der Bad Laaspher Raiffeisen Westmarkt Warengenossenschaft. Schnell war man sich einig über die geplante Aktion. Hier haben sich die Mitarbeiter einiges einfallen lassen: „An unseren Preismästen wird an diesem Tag der Preis für Benzin und Diesel ohne Steuern, Abgaben und Biozuschläge stehen“, heißt es. Selbstverständlich könne niemand zu den Preisen tanken, es diene lediglich der Transparanz. „Wir möchten so auf die Verteuerung der Energiepreise aufmerksam machen und unsere Landwirte und Kunden unterstützen.“ Ab 19 Uhr können Kunden jedoch wieder wie gewohnt tanken. Eine weitere Aktion dieser Art sei nicht geplant.

Der Raiffeisen-Markt in Bad Raumland nimmt übrigens nicht an der Aktion teil. „Dafür hätte es mehr Vorbereitungszeit gebraucht, da es doch einiges zu regeln gibt“, sagt Karl-Theo Hamm. Die Tankstelle dort bleibt auch am Montag wie gewohnt geöffnet. „Dennoch aber möchten wir unsere Landwirte unterstützten - unter anderem mit einer Spende.“

Eine Übersicht zu den geplanten Aktionen finden Sie, laufend aktualisiert und gegliedert nach Regionen, unter dem nachfolgenden Link: https://wlv.de/aktionswoche