Bad Berleburg. Robert Habeck will Windkraft auch gegen Widerstände durchsetzen. Das könnte Auswirkungen auf die Vorrangzonenpläne In Bad Berleburg haben.

Die beiden Lager stehen sich unversöhnlich gegenüber. Windkraft spaltet die Politik in Befürworter und Gegner einer Vorrangzonenplanung. Und jetzt gießt der Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck mit einem ganz aktuellen Papier vom 30. Januar 2023 weiteres Öl ins Feuer.

Die jüngste Diskussion in Kreuztal hat auch in Bad Berleburg Aufsehen erregt. Dort hatte ein Fachanwalt der Kanzlei Wolter/Hoppenberg, die auch die Stadt Bad Berleburg beraten hatte, den Infrastrukturausschuss informiert: Mit dem 1. Februar treten Gesetze in Kraft, die den Städten und Gemeinden und den Kreisen die Befugnisse zur Planung und Genehmigung von Windkraftzonen entziehen. Verhindern können unerwünschte Anlagen dann nur noch die Grundstückseigentümer – indem sie ihre Flächen nicht zur Verfügung stellen. Windenergiezonen werden danach künftig nicht mehr von den Städten und Gemeinden, sondern vom Regionalrat bei der Bezirksregierung festgesetzt. Und die Genehmigungen für die einzelnen Anlagen erteilt nicht mehr die Kreisverwaltung, sondern die Bezirksregierung.

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Was bedeutet das für die nach wie vor laufende Vorrangzonenplanung in Bad Berleburg? Dort verfolgt man nach wie vor das ehrgeizige Ziel, im September dieses Jahres einen Feststellungsbeschluss für einen Teilflächennutzungsplan Windkraft zu fällen. Das fußt auf einer Kampfabstimmung im September 2022. Damals hatte die Bad Berleburger CDU gemeinsam mit UWG und FDP im Rat für die Fortsetzung des laufendes Ausweisungsverfahrens gestimmt. SPD, Grüne, Linke waren dagegen gewesen, die AfD hatte sich enthalten.

Stadt hält an Planung fest

Christoph Koch - Dezernent im Rathaus Bad Berleburg für Planen, Bauen, Wohnen.
Christoph Koch - Dezernent im Rathaus Bad Berleburg für Planen, Bauen, Wohnen. © Peter Kehrle | peter kehrle

In Bad Berleburg halten Verwaltung und das politische Mehrheitsbündnis an der bisherigen Vorgehensweise fest. Dazu erläutert der zuständige Dezernent Christoph Koch die Auffassung der Verwaltung: „Die Rechtslage zur FNP-Planung ist weiterhin klar und eindeutig. Ebenso klar definiert ist die Haltung unseres Fachanwaltes, die auch nicht ortsspezifisch abweicht. Die Empfehlungen des Anwaltes allerdings sind stets ortsspezifisch und damit individuell auf die Situation vor Ort angepasst. In diese Bewertungen bzw. Empfehlungen fließen beispielsweise der Planungsstand innerhalb einer Kommune inklusive einer Prognose bis zur realistischen Fertigstellung von Projekten, die mögliche Anzahl von Windenergieanalgen und ähnliche Faktoren ein. Letzterer Faktor ist stets ortsabhängig und umfasst im Bad Berleburger Stadtgebiet eine andere Dimension als in anderen Kommunen wie etwa Kreuztal. Zudem ist die Empfehlung der Bezirksregierung Arnsberg klar definiert. Diese empfiehlt, die FNP-Planung innerhalb der Übergangszeit fertig zu stellen, um bis zum Inkrafttreten des Regionalplanes weiterhin über kommunale Steuerungsmöglichkeiten zu verfügen. Insofern ist auch der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung ergangen, auf eine Einladung des Fachanwaltes in den zuständigen Ausschuss für Planen, Bauen, Wohnen und Umwelt zu verzichten – nicht zuletzt auch, um weitere Kosten zu vermeiden.“

Genau so eine Einladung hatte sich die SPD in Bad Berleburg damals gewünscht, war aber mit dem Antrag im Rat gescheitert.

Klare Kante von der CDU

Martin Schneider, Fraktionsvorsitzender der CDU in Bad Berleburg.
Martin Schneider, Fraktionsvorsitzender der CDU in Bad Berleburg. © WP | CDU Bad Berleburg

Klare Kante zeigt auch die größte Fraktion im Rat, die CDU: „Dass die Windkraftvorrangzonenplanung damit vom Tisch ist, ist eine Interpretation“, macht der Fraktionsvorsitzende Martin Schneider deutlich. In den jüngsten Gesprächen mit der Verwaltung und anderen Fachleuten, sei immer davon die Rede, dass man den Prozess fortführen wolle.

Schneider pocht dabei weiterhin auf das Grundrecht der kommunalen Selbstverwaltung nach Paragraf 28 Grundgesetz, das auch ein Schreiben des Bundeswirtschaftsministers oder ein Kabinettsbeschluss in Berlin nicht so einfach aushebeln können. Dazu bräuchte es eine Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Änderung des Grundgesetzes und der Kommunalen Selbstverwaltung. Dass das Bundesrecht das Landesrecht bricht und das Landesrecht über dem der Kommunen steht, sieht Schneider hier noch gar nicht erfüllt, zumal eine politische Absichtserklärung wie die von Habeck erst einmal durch die politischen Prozesse laufen müsse.

Vor diesem Hintergrund sagt Schneider: „Wir machen auf jeden Fall weiter.“ Dass diese Arbeit am Ende für den Papierkorb sein könnte, hält der Kommunalpolitiker „für spekulativ“ und stellt die Gegenfrage: „Wer sagt denn, dass unsere Vorrangzonen nicht später in eine übergeordnete Planung übernommen werden?“ Dafür will Schneider eine Grundlage schaffen.

SPD-Bundestagsabgeordnete wünscht sich mehr Beteiligungsmöglichkeiten für Bürger

Luiza Licina-Bode, MdB.
Luiza Licina-Bode, MdB. © SPD | SPD

Erwartungsgemäß andere Aussagen kommen von der heimischen SPD-Bundestagsabgeordneten Luiza Licina-Bode. Für sie ist es wichtig, dass die Energiewende beschleunigt wird: „Die aktuellen Krisen und Versäumnisse in der Vergangenheit haben zu einer Dringlichkeit beim Ausbau der erneuerbaren Energien geführt. Die Bundesregierung sorgt jetzt mit der Umsetzung der EU-Notfallverordnung für einen entbürokratisierten und beschleunigten Ausbau bei Windenergie und dem Netzausbau.“ Die Bad Laaspherin macht außerdem deutlich: „Ein ‘Weiter so’ kommt nicht in Frage. Wir müssen uns dieser Herausforderung stellen. Ich bin davon überzeugt, dass wir das schaffen werden, die Bundesregierung hat dazu die Weichen gestellt und garantiert damit auch die Versorgungssicherheit in Deutschland.“

Habeck will Genehmigungsverfahren erheblich vereinfachen

In einem Schreiben an die Bundestagsabgeordneten von SPD, Grünen und FDP hat der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck, am 30. Januar 2023 den Beschleunigten Ausbau von Windkraft angekündigt. Habeck beruft sich in dem Schreiben auf die EU-Notfallverordnung mit der „Regelungen zur weiteren Beschleunigung der Genehmigungsverfahren im nationalen Recht geschaffen“ werden. Damit sollen der Ausbau von Windkraft an Land und auf See sowie der Stromnetzausbau angeschoben werden.

„Die Verordnung gilt befristet für alle Genehmigungsverfahren von Windenergieanlagen und Stromnetzen ab einer Leistung von 110 kV, die vor dem 30. Juni 2024 begonnen werden. Auch bereits begonnene Genehmigungsverfahren können von den Erleichterungen profitieren.“

Die Genehmigungsverfahren werden vereinfacht: „Für ausgewiesene EE- und Netzgebiete, die bereits eine strategische Umweltprüfung (SUP) durchlaufen haben, entfällt im Genehmigungsverfahren die Pflicht der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und der artenschutzrechtlichen Prüfung.“

Und: „Die Vorgaben der Vogelschutz-, Fauna-Flora-Habitat- und UVP-Richtlinie zur artenschutzrechtlichen Prüfung und UVP werden für den Anwendungsbereich der Verordnung außer Kraft gesetzt.“

Ebenfalls beschleunigt werden sollen Repowering, und der Ausbau von Solarenergie sowie die Nutzung von Wärmepumpen.

„Wir geben Planern, Investoren, Ländern und Kommunen die Chance, mit voller Kraft das Tempo für die Energiewende weiter zu erhöhen“, schließt Habeck.

An die Kritiker gewandt, die vor den Folgen der „Verspargelung“ warnen, sagt Licina-Bode: „Wir alle müssen damit rechnen, dass sich dadurch das Landschaftsbild in Deutschland und auch bei uns verändern wird. Veränderungen sind in der Geschichte immer wieder notwendig gewesen. Wichtig ist mir, dass die Menschen vor Ort mitgenommen werden, z.B. durch eine direkte Beteiligung an den Windkraftanlagen, durch günstigen Strom und durch Einnahmen der Kommunen durch Gewerbesteuer und freiwillige Leistungen der Betreiber.“