Bad Berleburg/Schmallenberg. Waldbesitzer machen ernst. Sie drohen dem Wisentverein mit Zwangsgeldern. Jeder Verstoß gegen Betretungsverbot kann sechsstellige Beträge kosten.
Das kann sehr teuer für den Wisentverein in Bad Berleburg werden: Die beiden geschädigten Waldbauern Georg Feldmann-Schütte und Hubertus Dohle aus Oberkirchen machen ernst. Gemeinsam mit ihren Anwälten Hans-Jürgen Thies (Feldmann-Schütte) und Friedrich von Weichs (Dohle) haben sie die Androhung von Zwangsgeldern von bis zu 250.000 Euro beantragt. Hintergrund ist, dass die um die 40 Tiere zählende Wisentherde nach wie vor frei durch das Rothaargebirge streift und Buchenrinde schält.
„Bei meinem Mandaten Hubertus Dohle sind es die größten Schäden seit langem“, berichtet Friedrich von Weichs. Und Georg Feldmann-Schütte ergänzt fast schon resignierend: „Die Tiere haben Schmacht. Das ist ganz normal, dass sie bei uns die Buchen schälen.“
Seit der Trägerverein des Projektes die Wildrinder im September 2022 für „herrenlos“ erklärt hat und das wirtschaftliche Eigentum an den Tieren, seine Tierhaltereigenschaft und damit auch die Verantwortung abgelegt hat, ist die Lage unübersichtlicher geworden: Vor dem Winter konnte auf politischen Druck noch eine Lösung für die Fütterung der Tiere vom 24. Dezember bis zum 31. März gefunden werden: Der Förderverein des Projektes beantragt Gelder und finanziert damit die Fütterung durch die Wisentranger des Trägervereins, der rein rechtlich nicht mehr für die Tiere verantwortlich sein will. Das Problem: Die vom Land NRW mit rund 53.000 Euro finanzierte Ablenkungsfütterung scheint die Tiere nicht davon abzuhalten, verbotenen Boden zu betreten und Bäume anzuknabbern. „Die Fütterung wird täglich kontrolliert, aber wir können das den Tieren nur anbieten“, erklärt der Vorsitzende des Fördervereins Jörg Sonneborn.
Der Oberkirchener Waldbauer Georg Feldmann-Schütte schüttelt den Kopf: „Ich kann das nicht verstehen, dass der Verein die Tiere für herrenlos erklärt und keine Verantwortung mehr für die Tiere übernimmt. Das ist in etwa so, als wenn ich einen alten Trecker auf den Albrechtsplatz fahre, aus dem das Öl hinaus tropft, die Nummernschilder abschraube und ein Schild Weltkulturerbe dranhänge und sage, dass ich dafür nicht mehr verantwortlich bin“, macht sich der Waldbauer sein eigenes Bild der Lage.
Schälschäden-Rechnungen offen
Und für Feldmann Schütte ist klar, dass es nicht nur um ein Zwangsgeld geht, sondern auch um Schadensersatz: „Wir wollen unsere offenen Forderungen beglichen haben“, sagt er und verweist darauf, dass der Trägerverein seit der einseitigen Kündigung des öffentlich-rechtlichen Vertrages auch keine Schadensregulierung mehr betreibe.
Lesen Sie auch:
- Doch noch Hoffnung für die wilden Wisente im Rothaargebirge?
- BUND: Ein Plädoyer für den Verbleib der freien Wisente
- Wisente: Ein Brandbrief an den NRW-Umweltminister
„Wir müssen finanziellen Druck auf den Trägerverein ausüben“, kündigt der Schmallenberger Rechtsanwalt Friedrich von Weichs an. Gemeinsam mit seinem Kollegen Thies will er den vom Oberlandesgericht Hamm vorgezeichneten Weg eines Zwangsgeldes gehen. „Wir werden Androhung von Zwangsgeldern in dieser Woche beim Landgericht Arnsberg beantragen“, kündigt er an.
Bis zu 250.000 Euro können in jedem einzelnen Fall fällig werden, wenn die Wisente die Grundstücke der Klagenden Waldbauern, Hubertus Dohle und Georg Feldmann-Schütte, betreten. „Wir streben das Zwangsgeld an, weil der Verein die Wildrinder daran hindern muss, fremde Grundstücke zu betreten und dort Schäden anzurichten, wie es das Oberlandesgericht Hamm in seiner rechtskräftigen Entscheidung ((Az. 5 U 153/15 und 5 U 156/15, OLG Hamm) dem Verein aufgegeben hat.“ Und sein Kollege Hans-Jürgen Thies ergänzt: „Dieses Geld fließt ja nicht in die Kassen der geschädigten Waldbauern. Zwangsgelder fließen in die Staatskasse.“
Ob dann tatsächlich 250.000 Euro Zwangsgeld verhängt werden, ist nicht sicher. Darüber muss das Landgericht Arnsberg entscheiden. „Vor Gericht und auf hoher See...“, schmunzelt von Weichs, um dann wieder ernst zu werden und auf viel Papierkram zu verweisen: „Wir müssen das gut begründen.“
Neuer Wisentprozess in Arnsberg
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass am Freitag, 20. Januar, vor der zweiten Zivilkammer am Landgericht in Arnsberg ein weiterer „Wisentprozess“ beginnt. Das bestätigte die Pressesprecherin, Richterin Leonie Maaß. Ein weiterer Waldbauer aus dem Hochsauerlandkreis, der von Hans-Jürgen Thies vertreten wird, will dann nach den Präzedenzfällen Dohle und Feldmann-Schütte ebenfalls ein Betretungsverbot für seine Grundstücke gegen den Wisentverein durchsetzen. Das Verfahren stammt laut Maaß aus dem Jahr 2016 und war bislang, wie noch einige weitere, ruhend gestellt worden.
Der Trägerverein des Wisentprojektes hat sich am Montag weder auf eine schriftliche noch eine telefonische Anfrage geäußert.