Bad Berleburg. Die freie Wisent-Herde müsse unbedingt erhalten werden, argumentiert der BUND. Kritik geht in Richtung anderer, die das Projekt „torpedieren“.

Die Spirale um das Wisent-Projekt am Rothaarsteig dreht sich immer weiter. Nachdem die Wisent-Allianz verkündete, unter bestimmten Bedingungen für die Winter-Fütterung und das Herdenmanagement „Gewehr bei Fuß“ zu stehen und vor dem Verwaltungsgericht vorerst ein Unentschieden zwischen Kreisverwaltung und Wisent-Verein errungen wurde, macht jetzt der NRW Landesverband des BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.) seinen Standpunkt sehr deutlich – und stellt sich klar hinter die freilebende Herde in Bad Berleburg.

„Der Umweltminister muss seine höhere Naturschutzbehörde anweisen, das Projekt nicht weiter zu sabotieren und im Gegenteil wieder konstruktiv mitzuarbeiten. Hierzu zählt auch die Einstellung von Haushaltsmitteln, über die gegebenenfalls Forstbesitzer auf Antrag Entschädigungen erhalten können“, wird der BUND-Landesvorsitzende Holger Sticht in der aktuellen Ausgabe des BUND-NRW-Magazins zitiert.

Lesen Sie auch: Verwaltungsgericht: Weder Kreis noch Wisentverein als Sieger

Da der Wisent streng geschützt sei, besteht über den Fortbestand der Population „eigentlich kein Zweifel. Aber wie der Fall des Westerwälder Bullen zeigte, sind die Tiere durch kriminelle Jäger latent gefährdet“, heißt es dort weiter: „Das Tier war in 2020 von der Herde abgewandert und im Sommer dieses Jahresschwerkrank aufgefunden worden, sodass es vor Ort mit Genehmigung erschossen wurde. Bei der Obduktion hatte sich herausgestellt, dass das Tier Monate zuvorangeschossen worden war und letztlich daran gestorben wäre“, belegt der Landesverband seinen Eindruck.

Wisente sind „key stone species“

Wisente gehören laut dem BUND als eine der größten und schwersten heimischen Tierarten zu den sogenannten „key stone species“: „Sie sind in unseren Ökosystemen Schlüsselarten, von welchen Nahrungsnetze und ein Teil der biologischen Vielfalt abhängig sind. Gerade Huftierarten spielen zudem als Vektoren für die Vernetzung von Tier- und Pflanzenpopulationen eine entscheidende Rolle.“

Torpediert werde das Projekt aus Sicht des BUND vor allem durch Schmallenberger Forstbesitzer: „Obwohl sie vom Wisent-Welt Wittgenstein, dem Trägerverein des Wiederansiedlungsprojekts, für die ,Beschädigung’ von Bäumen entschädigt wurden und zahlreiche Maßnahmenergriffen worden waren, um die Wisente aus den betreffenden Grundstücken herauszuhalten, hielten sie ihren juristischen Widerstand offenbar aus ideologischen Gründen aufrecht.“

Projekt „Wisente am Rothaarsteig“ soll beendet werden

weitere Videos

    Dabei gehöre das Projekt nicht nur international zu den Vorzeigeprojekten des Naturschutzes – der BUND nimmt wahr, dass auch die Region „weitgehend“ dahinter sehe: „Denn die Wisente sind längst eine Attraktion und bringen Wertschöpfung in den Landstrich. Viele Millionen Fördergelder sind über die lange Laufzeit in das Projekt und in die Region geflossen.“ Umweltminister Oliver Krischer müsse nun die Zukunft der Tiere sichern, fordert der Vorsitzende des Landesverbandes.

    Auch mögliche Alternativen zu Wittgenstein nimmt der Landesverband in den Blick – rät aber davon ab: „Natürlich gibt es zahlreiche andere Schutzgebiete in öffentlicher Hand, die sich für Wisente eignen und Ausweichrefugien sein könnten. Der Nationalpark Eifel, Wahner Heide-Königsforst, die Münsterländer Heidemoore oder auch die Senne sind die prominentesten. Doch muss es hier das Ziel sein, eigene Wiederansiedlungen zu initiieren, damit wieder ein Netz sich gegenseitig austauschender Populationen und eine langfristig überlebensfähige Meta-Population entstehen kann.“

    Deutsche Wisente im Kaukasus

    Die Tiere einer anderen deutschen Herde sind derweil vor Kurzem ausgewildert worden: Wie die dpa mitteilt, werden zwei Wisente aus dem Tierpark Chemnitz künftig im Kaukasus in freier Wildbahn leben. Sie seien zusammen mit acht weiteren Tieren anderer europäischer Zoos per Frachtflugzeug nach Baku in Aserbaidschan gebracht worden, informierte die Stadt laut dpa am Freitag. Ihr Ziel sei der Shahdag Nationalpark, wo sie nach einer Eingewöhnung auf 31 weitere Tiere treffen, die in den vergangenen Jahren dorthin gebracht oder dort geboren wurden.

    Diese Auswilderung in den Kaukasus ist ein Teil des Erhaltungszuchtprogramms des Europäischen Zooverbandes. Im Chemnitzer Tierpark werden laut der Stadt Chemnitz bereits seit den 1980er Jahren Wisente gehalten und gezüchtet. Einige der hier geborenen Tiere lebten bereits in Freiheit, hieß es laut der dpa.