Bad Berleburg/Berlin. Der WWF stellt Forderungen an das Land NRW und geht mit dem Trägerverein des Auswilderungsprojektes hart ins Gericht: Der sei „unprofessionell“.

Auch der World Wildlife Fund (WWF) bezieht klar Stellung im Rechtsstreit um die Wisente. Moritz Klose ist der Projektleiter „Wildtiere für Deutschland und Europa“ im Berliner Büro des WWF. Im Gespräch mit dieser Zeitung macht der Experte deutlich, was er jetzt vom Land NRW erwartet und wie er die Rolle des umstrittenen Trägervereins in diesem Projekt sieht.

Der WWF hatte sich nicht von Anfang an, aber doch sehr intensiv für das Auswilderungsprojekt im Rothaargebirge stark gemacht. „Wir unterstützten dieses Projekt so gut es geht und haben uns auch am Schadensfonds für die Waldbauern beteiligt“, erklärt Klose. Als der Rechtsstreit intensiver wurde, vermittelte der WWF dem Trägerverein auch den Hamburger Star-Anwalt Rüdiger Nebelsiek (wir berichteten).

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Verein ist bei Auswilderungsprojekt „unprofessionell“ vorgegangen

Moritz Klose vom WWF.
Moritz Klose vom WWF. © WWF | Gauthier Saillard

Wie der Trägerverein, dessen Rechtsanwalt und auch der Naturschutzbund Deutschland verfolgt auch der WWF die Argumentation, dass die Herde herrenlos ist. Aber Moritz Klose sieht unabhängig davon auch einige Fehler, die gemacht wurden. „Es war ein Fehler, auf öffentlich-rechtliche Verträge zu setzen. Das Projekt war von Anfang an nicht professionell aufgestellt“, sagt Klose. Als Beispiele nennt er das Versäumnis, die Kritiker und vor allem die Waldbauern nicht mit ins Boot geholt zu haben. „Die ganze Beteiligung hat nicht funktioniert.“

Aber Klose weiß auch um die Schwierigkeiten: „Ich kann nicht jeden von den Wisenten überzeugen, aber es war auch blauäugig zu denken, dass die Wisente das Projektgebiet nicht verlassen.“ Neben der Vertragskonstruktion nennt er auch den Trägerverein als eine Problemstelle, die auch bereits das Gutachten der Tierärztlichen Hochschule Hannover ausgemacht hatte: „Der Verein war an vielen Stellen einfach überfordert. Das Kind ist in den Brunnen gefallen.“

Falsch sei es aber, daraus den Schluss zu ziehen, dass das Projekt beendet und die Tiere eingefangen werden könnten: „Nichtsdestotrotz sind die Tiere jetzt da, und wir sehen auch, dass das Land NRW jetzt die Verantwortung übernehmen und ein stärkeres Engagement zeigen muss.“

Herrenlos ja, aber Herdenmanagement muss sein

Auch wenn die Tiere für den WWF und andere als „herrenlos“ gelten, unterstützt auch der WWF die Auffassung des Naturschutzbundes, dass es weiterhin ein Herdenmanagement geben müsse: „Es ist naiv, zu glauben, dass sich das von selbst regelt.“ Klose nennt die Herdengröße, aber auch die genetische Zusammensetzung als Punkte. Und auch der Streit mit geschädigten Waldbauern könnte Managementaufgabe sein, beispielsweise durch Ablenkfütterungen. Klose verweist darauf, dass in Westpommern in Polen mehrere freie Wisentherden umherstreifen und die ebenfalls gemanagt werden – zum Beispiel werden Drohnen eingesetzt, um die Tiere zu vergrämen, wenn sie von Weiden vertrieben werden müssen.

Positive Erfahrungen bei Luchs und Auerwild

Positive Managementerfahrungen benennt Klose auch bei anderen Arten, wie dem Luchs oder dem Auerwild. Allerdings seien die nur schwer vergleichbar mit dem Wisent: „Damit hat man sich auch keine einfache Art ausgesucht.“

Auf die Frage, wer denn im Auftrag des Landes dann dieses Management betreiben soll, hat Moritz Klose auch keine Patentlösung. Man könne aber beispielsweise Expertise einkaufen und das Management fremd vergeben. Nur eines schließt er aus: Der Trägerverein sollte es nicht sein. „Da ist einfach zu viel Porzellan zerschlagen worden“.

Ob er sich Sorgen macht, dass das Beispiel von den umstrittenen Wisenten auch negative Auswirkungen auf andere Auswilderungsprojekte haben könnte, benennt Klose eindeutig: „Das Risiko besteht. Umso wichtiger ist es, dass das Land jetzt Verantwortung übernimmt.“