Wittgenstein. Derzeit plant die Deutsch Bahn keine konkreten Maßnahmen zur Aufbereitung der Bahnübergänge. Denn ein entscheidenden Faktor bremst sie aus.

Die vielen kleinen Bahnübergänge entlang der Strecke der Oberen Lahntalbahn stellen die Deutsche Bahn (DB) vor große Herausforderungen und erschweren die Modernisierungsbestrebungen für die Bahnlinie RB 94 durch Wittgenstein: Die Planung sei kompliziert und umfasse viele einzelne Aspekte.

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Allein auf der Bahnstrecke Lützel – Bahnhof Erndtebrück – Schameder gibt es 21 kleine, meist technisch ungesicherte Bahnübergänge. Von Erndtebrück nach Bad Berleburg sind es sogar 26. Zur technischen Sicherung oder Reduzierung wie auch Qualitätsverbesserung dieser Bahnübergänge habe es in der Vergangenheit zwar schon einige Gespräche zum Ideenaustausch mit dem dafür zuständigen Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) gegeben. Mangels Finanzierung sei aber aktuell keine Umsetzung konkreter Maßnahme geplant, so ein Sprecher der Bahn.

Die DB strebt die Schließung oder ausreichende technische Sicherung der vielen kleinen Bahnübergänge entlang der Bahnstrecke an, um das Tempo auf den Schienen optimieren zu können (wir berichteten). Allerdings gibt es derzeit dafür von Seiten der DB noch keine konkrete Planung. Zunächst soll eine Machbarkeitsstudie für die Strecke erstellt werden. Bei positiver Nutzen-Kostenbewertung kann mit diesen Ergebnissen die Umsetzung und Finanzierung konkreter Maßnahmen geplant werden.

Wittgenstein: Die Schwierigkeiten bei der Aufbereitungen der Bahnübergänge

Eine Herausforderung bei der Planung zur Sicherung oder Schließung von Bahnübergängen seien die landwirtschaftlichen Maschinen, die immer größer würden. Denn teilweise wäre es so, dass man selbst gesicherte Bahnübergänge mit diesen großen Maschinen im Begegnungsverkehr kaum noch befahren könne. „Eins der größten Themen ist es, die Breite und das Gewicht der landwirtschaftlichen Maschinen zu berücksichtigen, wenn in engen Ortslagen Bahnübergänge technisch gesichert oder schwach frequentierte Bahnübergänge geschlossen und als Ersatz dann Wege aus- oder neu gebaut werden müssen“, erklärt Hans-Martin König, Leiter für Infrastruktur bei der DB RegioNetz AG und Sprecher der Kurhessenbahn. Das werde aber auch schon getan, denn es mache keinen Sinn, Wege neu- oder auszubauen, die für diese Fahrzeuge nicht nutzbar sind.

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Es gibt klare Vorgaben entsprechend der Eisenbahnbau- und betriebsordnung, wie und wann Bahnübergange gesichert werden müssen. Das hänge zum einen von den Zugzahlen und der örtlich zulässigen Geschwindigkeit und zum anderen vom Straßenverkehr sowie den Sichtverhältnissen der Verkehrsteilnehmer auf die Bahnstrecke ab. Dabei spielt es eine Rolle, wie viele Autos in welcher Größenordnung und mit welcher Geschwindigkeit täglich die Strecke kreuzen.

Im Erndtebrücker Gemeindegebiet ist die Geschwindigkeit für den Zug aufgrund der vielen ungesicherten Übergänge auf 20 km/h begrenzt. In den anliegenden Abschnitten wie Womelsdorf darf sich die Bahn dem Übergang maximal mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h nähern. „Alle Bahnübergänge auf der Bahnstrecke sind so gesichert, wie es die aktuellen Vorschriften erfordern“, betont der Bahnsprecher. Damit seien auch die Übergänge, die aktuell nur mit Andreaskreuzen und Warnsignalen gesichert sind, so zulässig. Eine Reduzierung der Geschwindigkeiten, um die Sicherheit an den Bahnübergängen zu erhöhen, sei nicht geplant.

Wittgenstein: Die Kosten für die Aufbereitung der Bahnübergänge

Bahnübergänge und ihre Optimierung seien jedes Mal ein Thema für sich, irgendwem gefalle das immer alles nicht, so König. Die DB könne aber die Frustration der Anwohner nachvollziehen, die ihre Übergänge gesichert haben möchten, da sie sich von dem Pfeifen und Hupen gestört fühlen. Aber die Warnsignale der Züge dienen der Sicherheit der Straßenverkehrsteilnehmer und seien daher zwingend erforderlich. „Das Pfeifen und Hupen sind Bestandteil des Sicherheitskonzepts eines nicht technisch gesicherten Bahnübergangs“, erklärt der Bahnsprecher.

Wenn der Wunsch nach einer technischen Sicherung wie beispielsweise einer Schranke bestehe, könne die zuständige Gemeinde gerne auf die DB zukommen. Es sei aber immer auch zu bedenken: „So ein Bahnübergang und seine technische Sicherung sind nicht so ganz billig“, erklärt König. „Eine halbe Millionen ist bei einem Bahnübergang gar nichts und auch die regelmäßige Wartung ist nicht kostengünstig.“

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In Erndtebrück werde die Sicherung der vielen kleinen Bahnübergänge schon lange immer wieder thematisiert. „Wenn die technische Sicherung nicht so kostenintensiv wäre, wäre das ein Lösungsansatz, der dort Abhilfe verschaffen könnte“, sagt König. „Solche Maßnahmen müssen aber immer im Einzelfall betrachtet werden.“ Denn es werde wahrscheinlich nicht möglich sein, jede Hauszufahrt technisch zu sichern. Daher müsse auch immer überlegt werden, ob es nicht mehr Sinn mache, einige der Übergange ganz zu schließen, um die Strecke und damit auch die Fahrzeit zu optimieren. „Uns ist es wichtig, rechtzeitig mit den Anwohnern ins Gespräch zu kommen und Kompromisse zu finden“, schildert König. Die DB versuche bereits im Vorfeld Lösungen auf Augenhöhe zu finden und sei dabei offen für weitere Anregungen oder Vorschläge der Anlieger.

Wittgenstein: Die Überwachung der Sicherheit an den Bahnübergängen

Es werde gemeinsam mit den Kommunen entschieden, welche Übergänge gesichert werden sollten. Dazu schaue man sich gemeinsam solche kritischen Bahnübergänge an. Es fänden auch regelmäßig Überwachungen durch das Eisenbahnbundesamt (EBA) im Rahmen der Eisenbahnaufsicht wie auch Verkehrsschauen statt, zu denen die Gemeinden einladen. Mängel, falls vorhanden, würden dabei aufgenommen und beseitigt.

Derzeit seien keine Lärmschutzwände auf der Strecke geplant, aber Anwohner können die Errichtung solcher Wände bei der zuständigen Gemeinde anfragen. „Diese kann dann gerne auf uns zukommen“, sagt der Bahnsprecher. „Für innerörtliche Verkehrspolitik ist die Gemeinde zuständig. Wenn der Wunsch besteht, dass trotz geänderter Straßenführung die Bahnübergänge auch zukünftig offen bleiben, kann die Stadt oder Gemeinde gerne auf die DB zukommen.“

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Ein weiteres ausschlaggebendes Kriterium für die Sicherung eines Übergangs sei, ob das Sichtfeld auf die Strecke gegeben ist. Die Sicht auf die Bahnstrecke sei in Bereichen von Bahnübergängen grundsätzlich immer frei zu halten. „Einige Anwohner haben diesbezüglich zusätzlich auch Grundbucheintragungen und sind verpflichtet, die Sichtdreiecke frei zu halten“, erklärt der Sprecher. Wie das Pfeifen gehöre auch diese Sichtdreiecke und die Geschwindigkeitsreduzierungen auf Straße und Schiene zwingend zum Sicherheitskonzept im Bereich von nicht technisch gesicherten Bahnübergängen.

Wittgenstein: Deutsche Bahn fühlt sich nicht verantwortlich

Es gibt also viele Aspekte, die bei der Sicherung von Bahnübergängen zu beachten sind. „Letztlich muss das auch alles finanzierbar sein und entsprechend genehmigt werden“, so König. Deshalb schaue sich die Bahn bei solchen Maßnahmen die infrastrukturellen Voraussetzungen immer ganz genau an.

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Auf die Frage, warum während der erst kürzlich erfolgten Erneuerung des Streckenabschnitts in Womelsdorf der Bahnübergang nicht auch gleich mit einer technischen Sicherung ausgestattet wurde, heißt es: „Die Bahnübergänge entsprachen dem gültigen Regelwerk, von daher waren hier keine Maßnahmen erforderlich.“ Die DB Netz AG sei gesetzlich auch nicht verpflichtet, ihre Strecken einzufrieden, damit niemand auf die Gleise gelangen kann.

Außerdem verweist die DB darauf, dass mögliche Bedarfshaltestellen und das Fahrangebot von dem NWL koordiniert werden. „Der NWL entscheidet über Art und Umfang des Nahverkehrsangebotes.“ Die DB habe auch die Erfahrung gemacht, dass es nicht unbedingt nur an nicht technisch gesicherten Bahnübergängen zu Unfällen kommt, sondern im Gegenteil: Laut Bahn komme es auch an Übergängen mit technischer Sicherung zu zu vielen Unfällen.

Deutsche Bahn: Aufklären über Gefahren an Bahnübergängen

Mit der Aktion „sicher drüber“ informiert die DB über das richtige Verhalten. Bahnübergänge berühren Straße und Schiene gleichermaßen, daher seien sie Gemeinschaftsaufgaben. Müssen Änderungen an Bahnübergängen vorgenommen werden, vereinbaren diese Bahn, Bund und die Eigentümer der Straßen. „Jährlich fließen mehrere Millionen Euro in die technische Ausrüstung und die Beseitigung von Bahnübergängen“, so ein Sprecher der Bahn.

Trotz klarer Regeln und Hinweisschilder komme es an Bahnanlagen leider immer noch dazu, dass Menschen verschiedenster Altersgruppen ihr eigenes und das Leben anderer durch leichtfertiges Verhalten und Unachtsamkeit gefährden. „Wir können nur eindringlich sensibilisieren und verdeutlichen, dass an Bahnanlagen Lebensgefahr besteht“, sagt der Sprecher.

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Wie im Straßenverkehr, gelten auch an Bahnübergängen klare Regeln. Die Praxis sehe jedoch leider oft anders aus, da die Bedeutung des Andreaskreuzes vielen Verkehrsteilnehmern scheinbar nicht richtig bekannt sei. Um Straßenverkehrsteilnehmer über das richtige Verhalten am Bahnübergang zu informieren und Unfälle zu vermeiden, arbeiten ADAC, Bundespolizei, Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, die gesetzlichen Unfallversicherungen UVB und VBG, die Bundesarbeitsgemeinschaft „Mehr Sicherheit für Kinder e.V.“ sowie die Deutsche Bahn im Rahmen der Aktion „sicher drüber“ zusammen. „Unser gemeinsame Ziel ist es, durch das frühzeitige Informieren und umfassende Aufklärung Unfälle an Bahnanlagen wirksam zu verhindern.“