Wittgenstein. Die DB strebt die Modernisierung der regionalen Bahnstrecke an. Dafür soll einiges passieren. Dabei gibt es jedoch ein besonderes Problem.

Sie führt durch Täler, Dörfer und über Felder. Auf ihrem Weg muss sie viele kleine Bahnübergänge überwinden. Die eingleisige Bahnstrecke der „Oberen Lahntalbahn“ soll modernisiert und eine Direktverbindung von Siegen nach Marburg eingerichtet werden. Dafür unterzeichneten Landrat Andreas Müller und der Kreisbeigeordnete für Marburg-Biedenkopf, Marian Zachow, einen Kooperationsvertrag (wir berichteten). Eine Machbarkeitsstudie zur Prüfung der Infrastruktur und Umsetzung konkreter Maßnahmen soll in Auftrag gegeben werden.


Wittgenstein: Das Problem auf der regionalen Bahnstrecke

„Der Streckenverlauf betrifft zwei große Verkehrsverbünde. Im Bereich NRW den Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL). Der Hauptteil der Strecke liegt aber in Hessen und dort ist der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) zuständig“, erklärt Hans-Martin König, Leiter für Infrastruktur bei der DB RegioNetz AG und Sprecher der Kurhessenbahn. Um den Schienen-Personennahverkehr für die Wittgensteiner zukünftig attraktiver zu gestalten, sei geplant, das Angebot auf der regionalen Strecke zu verbessern. Dafür sollen vor allem die Fahrzeiten reduzieren werden. „Das Problem auf diesen eingleisigen Nebenbahnen sind die vielen kleinen, technisch nicht gesicherten Bahnübergänge“, sagt König. Solche ungesicherten Übergänge würden immer einen gewissen Gefahrenherd darstellen und ein Abbremsen erfordern.

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Auf der Strecke gibt es einige Abschnitte, an denen kurz hintereinander mehrere ungesicherte Bahnübergänge aufeinander folgen. Um dort Unfälle zu verhindern, sei die überwiegende Streckengeschwindigkeit auf 60 km/h begrenzt. In Erndtebrück beträgt die Maximalgeschwindigkeit sogar nur 20 km/h. Im Zuge der Machbarkeitsstudie soll nun überprüft werden, ob die Anzahl dieser technisch ungesicherten Übergänge reduziert werden kann, um schneller von A nach B zu kommen.

Wittgenstein: So soll die regionale Bahnstrecke attraktiver werden

Denn: Die relativ lange Fahrzeit für wenige Kilometer sei überhaupt nicht mehr attraktiv für die Kundinnen und Kunden. „Um auf so einer Strecke schneller werden zu können, gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie die Bahnübergänge ausreichend technisch mit Lichtzeichen und Halbschranken zu sichern oder einige dieser Übergänge ganz zu schließen“, erklärt König. Wenn man beispielsweise mehrere Bahnübergänge dicht hintereinander habe, könne der Übergang in der Mitte mit einer technischen Sicherung ausgestattet werden, um die Bahnübergänge links und rechts zu schließen. Idealerweise können dort dann bereits vorhandene Alternativwege zu der angrenzenden Bundesstraße genutzt werden, um eine gute Anbindung für Anlieger weiter zu gewährleisten.“

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Meistens sei es aber so, dass man neue Wege anlegen müsse, um die geschlossenen Bahnübergange adäquat zu ersetzten. „Das ist dann von dem Planungsaufwand und der Absprache mit den betroffenen Anliegern wie auch Landwirten immer mit vielen Herausforderungen und Arbeit verbunden“, berichtet König. Die Absprache mit Anwohnern, die von solchen Maßnahmen betroffen wären, weil sie in unmittelbarer Nähe eines Bahnübergangs leben, sei allerdings einer der letzten Schritte der Infrastrukturmaßnahme. „Aktuell sind wir noch bei den vielen kleinen ersten Schritten, die zunächst davor getan werden müssen.“

Wittgenstein: Die weiteren Plänen für die regionale Bahnstrecke

Auf der hessischen Seite der Strecke in Richtung Marburg soll eine neue Haltestelle im Ort Kernbach entstehen. Auf dem Abschnitt zwischen Bad Laasphe und Erndtebrück ist geplant, in circa zwei Jahren die Haltestelle Leimstruth zu modernisieren. Die Bahnsteighöhe sei dort aktuell zu niedrig, der Bahnsteig werde im Zuge der Baumaßnahme erhöht, damit ein ebenerdiger Einstieg möglich wird. Außerdem soll der Bahnsteig dann auf die andere Gleisseite in Richtung Ortslage gelegt werden.

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Des Weiteren ist geplant, in den nächsten Jahren die Bahnsteige in Oberndorf und Feudingen zu sanieren. Die Einrichtung von neuen Haltestellen ist in Wittgenstein nicht beabsichtigt. Am Streckenverlauf soll sich auch nichts ändern. Aber es werden Beschleunigungsmaßnahmen für die Strecke nach Bad Berleburg erforderlich, damit die Bahn auch dort schneller fahren kann. Dafür gebe es aber noch kein genaues Konzept.

Wittgenstein: Neuer Zug und Bahnhof für die regionale Bahnstrecke

Außerdem ist der Einsatz eines sogenannten Flügelzuges auf der Strecke geplant: Der Zug teilt sich in Erndtebrück und ein Flügel fährt weiter nach Bad Berleburg, der andere in Richtung Marburg. Auf dem Rückweg werden die Flügel in Erndtebrück wieder zusammengeführt und fahren gemeinsam nach Siegen. Dadurch wäre in beide Richtungen kein Umstieg mehr nötig. Damit das eingleisig funktionieren kann, wird ein neuer Kreuzungsbahnhof in Wittgenstein benötigt (wir berichteten).

Dieser Bahnhof war zunächst am Standort Saßmannshausen vorgesehen. Von diesem Plan ist die DB aber abgerückt, da der ideale Standort vom Fahrzeugtyp abhängig ist. Da aber noch nicht klar sei, welche Fahrzeuge genau zukünftig auf der Strecke eingesetzt werden, könne man noch nicht sagen, wo der neue Bahnhof entstehen soll. „Aber irgendwo im Bereich Sassmannshausen wird er definitiv eingerichtet“, so König. Der Standort werde aber wahrscheinlich etwas in Richtung Erndtebrück wandern. „Die exakte Lage kann im Moment noch nicht genau festgelegt werden.“

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Wittgenstein: Neuer Tunnel für die regionale Bahnstrecke

Was darüber hinaus im Verlauf der Modernisierung der Strecke als äußere Maßnahme auf der Agenda stehe, ist die umfangreiche Sanierung des Leimstruth-Tunnels (wir berichteten). „Bei der eingleisigen Strecke habe ich keine Möglichkeit, den Eisenbahnverkehr aufrecht zu erhalten, wenn man einen Tunnel umbauen muss“, so König. Er rechnet damit, dass es dafür voraussichtlich zu einer einjährigen Sperrung der Bahnstrecke kommen werde. Das ist aber erstmal nur eine vorsichtige Prognose, da man in der Planung noch nicht so weit sei, um sagen zu können, welche Dinge konkret an dem alten Tunnel aufbereitet werden müssen. Was aber feststehe: Der Tunnel soll eine neue Innenschale bekommen. Wie weit man dafür allerdings den alten Tunnel zurückbauen muss und wie lange das dauern wird, sei noch nicht absehbar.

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Für König würde es sich anbieten, während der Sperrung weitere Maßnahmen auf der Strecke durchzuführen, wie die technische Sicherung oder Reduzierung von Bahnübergängen oder die Einrichtung des Kreuzungsbahnhofs, der für die Direktverbindung erforderlich ist. Um das neue Flügelungskonzept auf der Strecke umzusetzen zu können, muss am Erndtebrücker Bahnhof auch noch eine Weiche eingebaut werden – damit der Zug ohne Probleme in beide Richtungen fahren kann.

Wittgenstein: Planung umfasst viele Schritte

Als erstes muss eine Machbarkeitsstudie von den zwei für die Strecke kooperierenden Verkehrsverbünden beauftragt und erstellt werden. Hans-Martin König geht davon aus, dass es dazu kommen könne, dass zwei Studien erstellt werden und die Strecke dafür in zwei Abschnitte unterteilt wird. Der Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) würde sich dann mit dem Bereich von Bad Laasphe über Bad Berleburg nach Erndtebrück hoch und runter nach Siegen beschäftigen.

Der Rhein-Main-Verkehrsbund (RMV) wäre dann für den Abschnitt von Bad Laasphe nach Marburg zuständig. König rechnet damit, dass es noch bis zu zehn Jahre dauern wird, bis man Ergebnisse aus den Studien erwarten kann. Denn es sei so, dass wenn eine solche Machbarkeitsstudien erstellt wurde, diese in eine sogenannte Nutzenkostenuntersuchung übergeht. Dabei werden die für die Maßnahmen benötigten Investitionen daraufhin überprüft, ob sie wirtschaftlich sind.

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„Das Hauptkriterium dabei ist, ob man mit dem großen Geldbetrag entsprechend viele Reisende aus dem Individualverkehr in den öffentlichen Schienennahverkehr bringen kann“, erklärt König. Wenn diese Untersuchung positiv ausfällt, sei das ein wichtiger Meilenstein: „Denn geht sie negativ aus, ist das Projekt schon beendet.“ Wenn diese Hürde aber genommen ist, kann der nächste Schritt angegangen werden: „Dann wird geklärt, wie das Vorhaben finanziert werden kann. Wenn die Finanzierung steht und die Baufinanzierungsverträge abgeschlossen sind, geht es an die Planung“, weiß König.

Dann folgt das Plangenehmigungsverfahren. Dabei kommt die Deutsche Bahn (DB) mit dem Bund sowie den einzelnen Ländern und Kommunen ins Gespräch. Danach gehe die DB auf die Anlieger zu und erläutert diesen ihre Pläne wie auch Vorstellungen für die einzelne Bahnübergange. „Bei solch einem großräumigen Modernisierungsprojekt planen wir alleine für die reinen Vorbereitungsmaßnahmen schon fünf bis zehn Jahre ein“, erklärt König.