Feudingen. Bei dem Unfall wird ein Fahranfänger schwer verletzt. Die Kollision mit der Oberen Lahntalbahn hätte für ihn auch leicht tödlich enden können.
War der junge Fahranfänger abgelenkt, als sein Auto auf dem unbeschrankten Bahnübergang „Im Hüttenhof“ mit einem Zug der Oberen Lahntalbahn (Regionalbahn RB 94) kollidierte? Hatte er die herannahende Bahn schlicht übersehen? Oder hat der Feudinger sie zwar bemerkt, sich aber gedacht: Das schaffe ich noch? Derzeit ermittelt das Bad Berleburger Verkehrskommissariat, wie es zu dem schweren Verkehrsunfall kommen konnte.
Fest steht: Der 18-jährige Feudinger am Steuer eines weißen Kleinwagens ist am Donnerstagabend gegen 17.35 Uhr auf der Sieg-Lahn-Straße (L 719) in Fahrtrichtung Bad Laasphe unterwegs und will von dort aus nach rechts in die Straße „Im Hüttenhof“ abbiegen. Auf dem Bahnübergang, der unmittelbar an der Einmündung liegt und auf den nur ein Andreaskreuz hinweist, passiert es dann: Der knallrote Zug der Oberen Lahntalbahn, aus Richtung Bad Laasphe kommend, erfasst den Kleinwagen an der Front, schleift ihn einige Meter mit und schleudert ihn schließlich zurück auf die L 719.
Zug-Fahrgäste kommen mit dem Schrecken davon
Und dabei habe der 18-Jährige wirklich noch großes Glück gehabt, sagt auch Polizei-Sprecher Stefan Pusch. Denn bei einem Aufprall nur wenige Zentimeter daneben, in Höhe der Fahrertür, hätte die Kollision für den jungen Fahrer schnell auch tödlich enden können. Nach Angaben der Polizei saß der 18-Jährige allein im Auto. Laut Aussagen von Zeugen konnte er sich selbst aus dem Wrack befreien. Er musste schwer verletzt per Rettungshubschrauber ins Krankenhaus gebracht werden. Im Zug habe es ansonsten keine Verletzten gegeben, so die Polizei weiter.
Die acht Fahrgäste konnten den Zug verlassen. Sie kamen wie der Zugführer mit dem Schrecken davon und konnten später ihr Reiseziel in Taxis erreichen. Die hatte die Kurhessenbahn für sie bestellt. Eine Zugbegleiterin dagegen wurde nach Angaben der Kurhessenbahn leicht verletzt, offenbar während einer Fahrschein-Kontrolle. Einige der Fahrgäste seien inzwischen zum Unfallgeschehen vernommen worden, berichtet Polizei-Sprecher Pusch. Dem jungen Mann, der verletzt im Krankenhaus liegt, möchten die Ermittler dagegen noch etwas Zeit geben.
Kleinwagen wird völlig zerstört
Unterdessen kümmert sich die Bundespolizei darum, wie der Unfall aus Bahn-Sicht zu bewerten ist. So dürfte sie nach Informationen unserer Redaktion unter anderem den Fahrtenschreiber des Zuges auswerten und beispielsweise prüfen, ob womöglich dem Zugführer ein Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Zu ermitteln wäre auch: Wie schnell war der Zug tatsächlich zum Zeitpunkt des Unfalls? Erlaubt sein soll in Höhe des Bahnübergangs maximal Tempo 50 für den Zug. Vorgesehen waren ferner Luftbilder vom Unglücksort, mit deren Hilfe sich die Ermittler ein besseres Bild vom Unfallhergang machen könnten.
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L 719 wegen Unfallaufnahme zeitweise komplett gesperrt
Den entstandenen Sachschaden schätzt das Bad Berleburger Verkehrskommissariat auf rund 15.000 Euro am Auto und etwa 10.000 Euro am Zug. Der Kleinwagen des 18-Jährigen wird bei dem Zusammenprall völlig zerstört. Die Kurhessenbahn geht indes von rund 20.000 Euro Schaden allein am Zug aus, insbesondere an dessen Front. Die beiden Triebwagen seien für Reparaturen aus dem Verkehr gezogen worden, so Kurhessenbahn-Sprecher Hans-Martin König auf Anfrage unserer Redaktion.
Die Landstraße 719 war am Donnerstagabend wegen der Unfallaufnahme zwischen Feudingen und Saßmannshausen zeitweise komplett gesperrt. Und das Gleis der Oberen Lahntalbahn zwischen Bad Laasphe und Erndtebrück war durch verunglückten Zug lange blockiert. Die alarmierte Feuerwehr-Löschgruppe Feudingen übernahm vor allem die Aufgabe, die Unfallstelle abzusperren und auslaufende Betriebsstoffe zu binden.
Kurhessenbahn: Sicherere Bahnübergänge im Fokus
Bei der Kurhessenbahn geht man von einer Unachtsamkeit des jungen Autofahrers als Ursache des Unfalls aus. „Letztendlich sind wie natürlich froh, dass es keinen Todesfall gegeben hat“, ist Sprecher König erleichtert. Das blockierte Bahngleis sei abends gegen 20.30 Uhr erst wieder für den Zugverkehr freigegeben worden.
War der Zug womöglich zu schnell unterwegs? Hans-Martin König geht nicht davon aus. Im Bereich des Bahnübergangs gelte maximal Tempo 50 für die Bahn – und die sei der Zugführer auch gefahren. Diese Geschwindigkeit sei für einen ungesicherten Bahnübergang im Übrigen nicht ungewöhnlich, erläutert König. „Teilweise fahren wir auf ungesicherten Bahnübergängen noch schneller – je nachdem, wie gut die Sicht für den Straßenverkehr ist.“
Eine weitere Sicherung der Übergänge gerade auf der Strecke zwischen Erndtebrück und Marburg habe man im Fokus, betont König. Er verweist dabei auf gemeinsame Bestrebungen des Zweckverbandes Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) und des hessischen Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV), die Fahrzeiten der RB 94 zu beschleunigen. „Wenn das kommt, werden auch weitere Bahnübergänge technisch gesichert oder aber geschlossen werden müssen“, erklärt der Kurhessenbahn-Sprecher.