Wittgenstein. Viele Fahrgäste würden eine Menge Geld sparen, die Verkehrsbetriebe schließen aber Engpässe nicht aus. So soll es mit dem Ticket funktionieren.
Für die Linienbusse der VWS zumindest soll es bereits ab nächsten Montag zu haben sein: das 9-Euro-Ticket. Auch Wittgensteiner können damit von Juni bis August jeweils einen Monat lang per Bus und Bahn kreuz und quer durch Deutschland reisen. Aber: Kommt das Angebot der Bundesregierung, dem am Freitag auch der Bundesrat als Länderkammer zugestimmt hat, im Altkreis überhaupt an? Und wie funktioniert das eigentlich mit diesem Ticket?
Das sagen die Wittgensteiner
Awaz Mahmoud aus Bad Berleburg käme das 9-Euro-Ticket entgegen. Er pendelt mit der Rothaarbahn (RB 93) oder der Buslinie R 27 zur Arbeit in Raumland – und kauft entweder Einzeltickets für 1,80 oder 2,60 Euro, aber gerne auch mal 4er-Tickets für 6,40 oder 9,30 Euro. Da würde er schon bei wenigen Fahrten gerechnet auf einen Monat eine Menge sparen. Sein Fazit „Das 9-Euro-Ticket wäre schon super für mich.“
Julia (33) aus Birkelbach hat die MobilitätsCard für 30 Euro pro Monat, also das Sozialticket der Verkehrsgemeinschaft Westfalen-Süd (VGWS). Mit ihr ist sie regelmäßig von ihrem Wohnort Birkelbach nach Bad Berleburg unterwegs. Auch ihr käme das 9-Euro-Ticket entgegen, das jeweils für einen Monat gilt. Sie würde damit aber auch gerne einmal verreisen.
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„Das Ticket ist eine feine Sache, aber ich selbst brauche es nicht“, sagt Michael Corvinelli aus Bad Berleburg. Doch „für andere Leute, die mit wenig Geld auf den Dörfern leben, wäre es ausschlaggebend“, findet er. Zumindest als Anreiz, mit Bus und Bahn unterwegs zu sein. „Leider fahren Busse ja kaum“, bedauert Corvinelli mit Blick auf das Angebot im Stadtgebiet.
So funktioniert’s im Bus
Für welche Zielgruppe ist das Ticket überhaupt interessant? „Insbesondere für Neukunden, die bisher keine Berührung zum Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) hatten und auf diese Weise günstig das Angebot testen können“, erläutert Stefan Wied, stellvertretender Geschäftsführer des Zweckverbandes Personennahverkehr Westfalen-Süd (ZWS). „Zudem können Gelegenheitsfahrgäste durch das günstige 9-Euro-Ticket in einem größeren Umfang den ÖPNV nutzen und testen“, sagt er.
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„Günstige Mobilitätsalternative“
Die Bundesregierung möchte das 9-Euro-Ticket einführen, um „in einem Umfeld mit hohen Energiepreisen den Bürgern eine günstige Mobilitätsalternative anbieten zu können“, heißt es in einer Information der Verkehrsbetriebe Westfalen-Süd (VWS).Das Ticket ist jeweils einen Monat gültig. Wer es in allen drei Monaten Juni, Juli und August nutzen will, in denen es gilt, braucht also drei Tickets dieser Art.Das 9-Euro-Ticket gilt in den Bussen aller Verkehrsverbünde sowie im Nahverkehr der Bahn in der 2. Klasse, jedoch ausdrücklich nicht im Fernverkehr, also nicht in IC, EC oder ICE. Informationen zum 9-Euro-Ticket im Internet: www.zws-online.de, www.vws-siegen.de, www.hlb-online.de, www.besserweiter.de, www.westfalentarif.de, www.bahn.de/angebot/regio/9-euro-ticket
Aber das Ticket habe eben auch Grenzen, so Wied: Es sei zwar „bundesweit gültig, beschränkt sich aber auf eine Person“. Das bedeutet: „Eine Mitnahmeregelung oder Übertragbarkeit besteht nicht. Das Ticket ist quasi personalisiert“.
Mit wesentlichen Hürden für Inhaber des Tickets rechnen Wied und auch die Verkehrsbetriebe Westfalen-Süd (VWS) nicht. Allerdings sei „nicht auszuschließen, dass es insbesondere zu Beginn der Gültigkeit zu kleineren Schwierigkeiten eventuell beim Verkauf oder bei der vorhandenen Fahrzeugkapazität kommen kann“.
Geplant sei der Einsatz zusätzlicher Fahrzeuge derzeit jedenfalls nicht, so Stefan Wied weiter. Schließlich seien die verfügbaren Fahrzeuge und das verfügbare Fahrpersonal „auf das aktuelle Fahrplan-Angebot ausgerichtet“. Die VWS würden jedoch „die Auslastung beobachten und gegebenenfalls mit dem Einsatz größerer Fahrzeuge reagieren“ – etwa Gelenkbusse oder Bus-Züge anstelle von Solo-Bussen.
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Unterdessen seien „bei den Verkehrsunternehmen die Vorbereitungen für den Verkauf abgeschlossen“, so Wied. Das 9-Euro-Ticket werde ab dem kommenden Montag, 23. Mai, „bei allen Verkaufsstellen der Verkehrsbetriebe Westfalen-Süd (VWS) sowie in allen Bussen beim Fahrer erhältlich sein“.
Konkret erhoffen sich VWS und ZWS vom 9-Euro-Ticket „eine Rückkehr zu den Fahrgast-Zahlen vor Corona“. Denn die lägen derzeit immer noch etwa 20 bis 30 Prozent unter dem Niveau vor der Pandemie. Auf jeden Fall müsse es gelten, Neukunden im System ÖPNV zu halten.
So funktioniert’s in der Bahn
Bei der Hessischen Landesbahn (HLB) zum Beispiel, die unter anderem die Rothaarbahn (RB 93) zwischen Bad Berleburg und Siegen betreibt, wird ein Verkauf der Karten „über die Fahrkarten-Automaten im Zug möglich sein“, so Peter Runge, bei der HLB Leiter Markt und Fahrgast – „voraussichtlich allerdings erst zum Startzeitpunkt 1. Juni. Zusätzlich werden die Tickets auch bei unseren Zugbegleitern zu haben sein.“
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Abgesehen von der womöglich großen Nachfrage dürfte das Ticket selbst „keine Hürde darstellen“, schätzt Runge, denn: „Alle Bestandskunden haben mit ihrem Ticket automatisch das 9-Euro-Ticket in der Hand, der Preis wird automatisch reduziert. Sie brauchen also aktiv gar nichts machen.“ Und für Neukunden gebe es zahlreiche Möglichkeiten zum Erwerb: „Das 9-Euro-Ticket wird digital über die Apps und Online-Shops der Verkehrsunternehmen erhältlich sein. Zudem kann man das Ticket vor Ort in Kundenzentren und an den Ticket-Automaten kaufen.“
Und wie sieht es bei großem Fahrgast-Andrang aus? Dazu Runge: „Wir bemühen uns, für den Fall von Kapazitätsengpässen im Einzelfall mit zusätzlichen Fahrzeugen reagieren zu können.“ Die HLB werde „auf jeden Fall alle Fahrzeuge einsetzen, die uns zur Verfügung stehen. Leider wird es vermutlich trotzdem zum Teil sehr voll werden – dafür bitten wir um Verständnis“.
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Auch die HLB peilt mit dem 9-Euro-Ticket vor allem Neukunden an. Es sei „als sozialpolitische Maßnahme zur Entlastung der Bürger gedacht“, so Peter Runge. Es biete aber auch „eine große Chance, um neue Kunden für den ÖPNV und für eine klimagerechte Mobilität zu gewinnen“. Die Erkenntnisse nach Ablauf der drei Monate, in denen das Ticket gilt, würden „zudem neue Informationen über die Nutzung des ÖPNV“ bringen – und zeigen, wie das Bus- und Bahn-Angebot zukünftig ausgestaltet sein sollte, wo man Geld in die Hand nehmen müsse.
Für die Obere Lahntalbahn (RB 94) von Erndtebrück über Bad Laasphe nach Marburg, betrieben von der Kurhessenbahn, können „alle Kundinnen und Kunden das Ticket ab 23. Mai über die DB-Kanäle wie bahn.de und DB Navigator (App) sowie deutschlandweit an den Fahrkarten-Automaten der Bahn und in den DB Reisezentren in Bahnhöfen erwerben“. Das gilt natürlich auch für andere Strecken der Deutschen Bahn.
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