Wittgenstein. Zum Aldi und nicht weiter: Kunden haben oft keine Lust zum Schnelltest für „Click & Collect“, stellt eine Erndtebrücker Filialleiterin fest.

Zurückgehende Umsätze im Handel, weniger Gäste in Restaurants und Hotels – die Corona-Krise macht es vielen Unternehmern schwer zu überleben. Und die Kundschaft fürchtet sich vor einer schrumpfenden Angebotsvielfalt.

Bad Laasphe

Die Sorge vor einer Verödung ihrer Innenstadt – bei dieser Frage tendieren die Bad Laaspher schon sehr in Richtung „ex­trem“: Insbesondere die Altersgruppen von 41 bis 60 und „60+“ machen sich die größten Sorgen bei unserem „Corona-Check“ – deutlicher übrigens als die Befragten aller Wittgensteiner Kommunen zusammen. Wohl auch deshalb unterstützt eine deutliche Mehrheit in diesen Altersgruppen mit um die 90 Prozent auch ganz bewusst die stationären Händler und die Gastronomen – ebenso deutlich im Übrigen, wie in den beiden Wittgensteiner Nachbarkommunen.

„Wohnzeug“

„Ich weiß nicht, wie es weitergeht, wenn wir wieder aufmachen“, sagt Händlerin Susanne Achatzi vom Laden „Wohnzeug“ an der Lahnstraße – wo es alles gibt, „um dein Zuhause in einen Wohlfühlort zu verwandeln“. Im Moment gilt für die Kundschaft maximal „Click & Meet“ – aber auch nur, wenn man einen negativen Corona-Test mit ins Geschäft bringt. Oder eben neuerdings geimpft ist. Und das Online-Geschäft sei „verdammt schwierig“, erzählt Achatzi – aber zum Glück sei die Unterstützung der Stammkunden da. „Wenn die Inzidenz-Zahlen weiter sinken, wird auch mehr möglich sein“, gibt sich die Händlerin zuversichtlich. Und sie hofft, dass die Gastronomie schon bald wieder „im Außenbereich öffnen kann, damit da ein bisschen mehr Leben in unsere Stadt kommt“. Das käme auch Susanne Achatzi entgegen.

„Lahnstuben“

Unterdessen läuft bei Frank Barth vom Restaurant „Lahnstuben“ am Wilhelmsplatz der Außer-Haus-Verkauf. Allerdings „so bescheiden, dass ich die Woche über renovieren kann“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. Barth will vorbereitet sein auf den Moment, in dem „wir wieder loslegen können – bei stabiler Inzidenz unter 100“. Wenn man die Gäste wenigstens wieder draußen in den Biergarten lassen könne.

Das könne aber nur ein Teil des „Gesamtpakets“ sein, findet der Gastronom. Es müssten auch die Hotels wieder aufmachen dürfen. Schließlich: „Laasphe lebt ja auch viel von den Touristen“, mehr denn je aus den Niederlanden oder Belgien. Gerade in Bad Laasphe müsse es überhaupt viel mehr Hotels geben, meint Barth. Platz dafür in leerstehenden Immobilien gebe es jedenfalls genug – in der Schlossberg-Klinik, in der Emmaburg. Hier müssten Stadt Bad Laasphe und die TKS gemeinsam mit den Eigentümern nur die richtigen Investoren finden.

„Pro Bad Laasphe“

Interview: „Thema ist komplex“

Im Rahmen unseres „Corona-Checks“ machen sich in Wittgenstein gerade die Bad Laaspher große Sorgen um eine ihre Innenstadt. Drei Fragen an Bad Laasphes Bürgermeister Dirk Terlinden.

1 Mit welchen Konzepten gedenkt die Stadtverwaltung dem entgegenzuwirken?

Das Thema Innenstadt-Entwicklung ist so komplex, dass diese Frage nicht mit einer einzelnen oder kurzen Aussage an dieser Stelle und zum jetzigen Zeitpunkt beantwortet werden kann. Politik und Verwaltung wollen gemeinsam noch festlegen, welche Funktion die Stadt Bad Laasphe in der Zukunft erfüllen soll. Danach werden sich auch konzeptionelle Überlegungen ausrichten müssen.

2 Zumindest bis zur Bürgermeister-Wahl im vergangenen Herbst wollte sich die Stadt Bad Laasphe um ein Leerstandsmanagement kümmern. Was ist daraus geworden? Wie könnten gerade Handel und Gastronomie davon profitieren?

Ein professionalisiertes beziehungsweise institutionalisiertes Leerstandsmanagement gibt es derzeit nicht.

3 Welche Auswirkung hat die aktuelle Situation im Handel und in der Gastronomie der Innenstadt auf die Überlegungen zur Umgestaltung der Bundesstraße B 62 durch den Stadtkern?

Die in den nächsten Jahren geplante Sanierung der B 62 wird zwangsläufig zu Beeinträchtigungen führen. Der Landesbetrieb Straßen NRW und die Stadtverwaltung werden selbstverständlich alles dafür tun, damit diese Auswirkungen zur Zeit der Umsetzung – insbesondere für den Handel und die Gastronomie – am Ende so gering wie möglich ausfallen.

Und was kann die Werbegemeinschaft „Pro Bad Laasphe“ tun, um einer weiteren Verödung der Innenstadt entgegenzuwirken? Deren 1. Vorsitzender Otto Wunderlich sieht hier die Bad Laaspher Politik in der Pflicht: Es müsse einen Plan für die Gesamtentwicklung der Stadt geben, aber auch einen speziellen für die Verkehrsentwicklung. Und nicht zuletzt eine Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts. Die Altstadt, von der Verödung ohnehin schon besonders betroffen, sieht Wunderlich immer noch als Chance – allerdings eher zum Wohnen. Und vielleicht noch für Kleingewerbe und Gastronomie, aber auch für Kultur und Verwaltung.

Was der Vorsitzende betont: „Wir haben längst nicht so viele Leerstände wie etwa Bad Berleburg.“ Dort müsse man sich doch nur den seit Jahren leerstehenden 1A-Komplex in der Innenstadt ansehen. Was dem SPD-Mann Wunderlich fehlt: eine heimische CDU-Landtagsabgeordnete, die sich für mehr Schlüsselzuweisungen vom Land an die Stadt Bad Laasphe einsetzt – gerade in Corona-Zeiten, wo es gelte, „nicht noch mehr Betriebe zu verlieren“.

Erndtebrück

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Auch in der Edergemeinde ist es in unserem „Corona-Check“ vor allem die Altersgruppe der 41- bis 60-Jährigen, die eine Sorge vor der Verödung ihres Kernortes umtreibt. Aber womöglich sind deren Sorgen unbegründet – zumindest weitgehend. Immerhin über 60 bis knapp über 70 Prozent der Erndtebrücker unterstützen ihre stationären Händler und Gastronomen ganz bewusst.

„Bauer’s Restaurant“

Sicher: Gerade die Gastronomie auch in Erndtebrück ist derzeit noch geschlossen, sieht aber mit wachsendem Impf-Fortschritt Licht am Ende des Tunnels. „Wir hoffen, dass es so schnell wie möglich wieder losgeht“, sagt zum Beispiel Friedhelm Bauer, Geschäftsführer von „Bauer’s Restaurant Partyservice“ am Pulverwaldstadion – „in irgendeinem erträglichen Rahmen“. Die Außengastronomie – sie könnte da bei sommerlichen Temperaturen ein erstes Testfeld sein.

Der Außer-Haus-Verkauf bei „Bauer’s“ läuft jedenfalls. Allerdings: Seitdem der Kreis Siegen-Wittgenstein die Corona-Notbremse gezogen hat, blieben viele Leute lieber zuhause, hat Bauer festgestellt. Insgesamt ist er jedoch optimistisch, dass sich das Gastro-Angebot in Erndtebrück „nicht viel verändern“ werde – wenn nur endlich wieder mehr Bereiche für Gäste geöffnet würden.

„Takko Fashion“

Mit deutlich mehr Kundschaft als bisher weitermachen möchte auch das Team von Katrin Berkhahn-Wetter bei „Takko Fashion“ im Einkaufszentrum am Mühlenweg. „Wir haben jetzt schon den dritten Tag unter 100“, freut sich die Filialleiterin des Bekleidungsgeschäfts über weiter sinkende Inzidenz-Werte im Kreis – unter Notbremsen-Niveau.

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Und hofft auf Termin-Shopping für die Kundschaft am nächsten Samstag – ohne den lästigen tagesaktuellen Schnelltest mit Bescheinigung als Eintrittskarte für den Laden. Zwar laufe „Click & Collect“ schon nicht schlecht, betont Berkhahn-Wetter, sei aber „nicht vergleichbar“ mit der „Click & Meet“-Regel ohne Test. Viele Kunden hätten einfach keine Lust zu testen: „Die gehen zum Aldi einkaufen und fahren dann wieder.“

Berkhahn-Wetter ist zuversichtlich, dass sich das aktuelle Laden-Angebot im Einkaufszentrum hält – einschließlich Takko: „Wir sind ein großer Filialist. Wir können das einfacher wegstecken als kleinere Anbieter.“

Bad Berleburg

Vielleicht nicht „ex­trem“, aber doch schon groß ist auch die Befürchtung gerade der Bad Berleburger zwischen 40 und 60 Jahren, dass das Laden- und Gastro-Angebot nach Corona nicht mehr dasselbe ist wie zuvor. Doch die Händler wollen durchhalten.

„MankelMuth“

Buchhändlerin Monika Schröder aus Bad Berleburg: „Es läuft trotz allem noch gut, weil wir tolle Kunden haben, die uns durch die Corona-Zeit tragen.“ In der Buchhandlung Mankel-Muth an der Poststraße sei trotz der Einschränkungen viel los. „Wir bieten den Bestell- und Abholservice ,Click & Collect‘ an. Und wenn die Inzidenz weiter sinkt, können wir auch wieder Kunden im Laden begrüßen.“ Die Sorgen um eine Verödung der Innenstädte kann Monika Schröder gut verstehen. Als Buchhandlung sei man gegenüber anderen Branchen allerdings im Vorteil, weil man auch Warenbestellungen „parken“ könne.

Wiebelhaus

Für den Optiker und Hörgeräteakustiker Per Wiebelhaus und sein Team waren die vergangenen Monate auch eine Herausforderung. „Als Optiker und Akustiker dürfen wir öffnen und können auch Kunden begrüßen.“ Nur sein Sortiment an Uhren und Schmuck kann der Geschäftsmann lediglich über „Click & Collect“ anbieten. „Das müssen wir unseren Kunden erst einmal erklären.“ Das „Corona-Check“-Ergebnis, dass deutlich über 80 Prozent der Wittgensteiner den stationären Handel unterstützen möchten, kann Wiebelhaus nur bestätigen: „Es ist durch Corona zwar deutlich reduziert, aber die Kunden kommen.“ Wichtig sei es aber auch, sich den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen: „Wir bieten jetzt zum Beispiel einen WhatsApp-Beratungsservice an, der gut angenommen wird“, berichtet Wiebelhaus.

Mehr zum „Corona-Check“ finden Sie unter www.wp.de/wittgensteinDie Ergebnisse aller Städte und Gemeinden im Vergleich gibt es hier: wp.de/datencenter