Wittgenstein. Nach der Corona-Zwangspause ist die Lage in der Wittgensteiner Gastronomie weiter angespannt. Es kommen viel weniger Gäste, der Aufwand ist groß.

Der Start nach der Corona-Zwangspause ist auch für die Wittgensteiner Gastronomen nicht leicht. Sie haben viele Auflagen zu erfüllen. Kleine und große Betriebe stellt das vor Herausforderungen. Ein Teil der Lokale in Wittgenstein bleibt weiterhin geschlossen – eine Wiedereröffnung rechnet sich nicht. Heimische Gastronomen berichten, wie das Geschäft nach dem Start am Montag gelaufen ist.

Bad Laasphe: 30 Prozent weniger Umsätze im XXL-Restaurant Lahnstuben

„Es ist nach wie vor übel. Die Leute trauen sich kaum vor die Tür“, sagt Frank Barth vom XXL-Restaurant Lahnstuben in Bad Laasphe. „Wenn wir Glück haben, haben wir 30 Prozent der Umsätze, die wir vor Corona hatten.“ Alle seine Mitarbeiter sind weiterhin in Kurzarbeit. Das Restaurant betreibt er seit der Wiedereröffnung am Montag ausschließlich zusammen mit seiner Frau. „Ich fürchte, das wird auch noch ein paar Wochen so bleiben.“

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Die finanziellen Einbußen versucht Frank Barth auszugleichen, indem er die Kosten so gering wie möglich hält. „Ich habe viel verhandelt und gestreckt.“ Mit dem Stromanbieter konnte er sich zum Beispiel einigen, dass er derzeit nur den tatsächlichen Verbrauch zahlt. „Wir haben soweit alles geregelt, sodass jetzt nicht noch irgendwelche Schuldenberge anwachsen.“ Frank Barth hofft auf die Biergarten-Saison. Den Abholservice betreibt er im XXL-Restaurant Lahnstuben weiterhin.

Erndtebrück: Bistro Auszeit bleibt erst einmal geschlossen

Stephan Frettlöh ist Pächter des Westfälischen Hofs und des Bistros „Auszeit“ in Erndtebrück. Er hat sich entschieden, das Bistro in der Marburger Straße bis auf Weiteres geschlossen zu lassen. „Wenn wir beim Bistro ‚Auszeit‘ die Auflagen erfüllen würden, könnten wir maximal acht bis zehn Gäste bewirten. Das wäre alles andere als kostendeckend“, sagt er. Unter normalen Bedingungen würden dort 35 bis 40 Menschen einen Platz finden.

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„Wegen der Corona-Richtlinien dürfen wir die Theke und die Hochtische mit Barhockern nicht benutzen“, erklärt der Gastronom. Dadurch fallen im Bistro „Auszeit“ derzeit fast alle Plätze weg. „Wir haben nur vier normale Tische und mit den Abstandsregelungen dürften wir nur drei davon benutzen.“ Stephan Frettlöh beobachtet die Entwicklungen der Corona-Krise stetig und möchte von Woche zu Woche neu entscheiden, wann er das Bistro wieder öffnet. „Wenn Biergarten-Wetter kommen sollte, überlegen wir, jedenfalls den beim Bistro aufzumachen“, sagt er.

Erndtebrück: Westfälischer Hof hat nach Corona-Pause wieder eröffnet

Anders gestaltet sich die Situation bei seinem zweiten Betrieb, dem Westfälischen Hof in der Marburger Straße: „Hier können wir die Corona-Auflagen erfüllen. Das Geschäft ist dadurch zwar beeinträchtigt, aber nicht so, dass man von vornherein sagt, es rechnet sich nicht“, sagt Stephan Frettlöh. 18 bis 20 Leute können unter Berücksichtigung der Corona-Vorgaben im Restaurant untergebracht werden, 10 in der Bierstube. Normalerweise gäbe es Sitzmöglichkeiten für 40 Personen im Restaurant, 20 in der Bierstube.

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„Im Westfälischen Hof probieren wir erstmal aus, inwieweit sich das alles lohnt und rechnet“, sagt Stephan Frettlöh. Unter Druck gesetzt durch die Wiedereröffnung anderer Gastronomiebetriebe in Wittgenstein fühlt er sich nicht, denn viele Wirte warten erst einmal ab. „Man überlegt fast schon, ob es sinnvoll ist, zu eröffnen, wenn man sieht, wie viele Kollegen ihren Betrieb wegen der Auflagen noch geschlossen lassen.“ Stephan Frettlöh beklagt, dass die Lage in der Gastronomie derzeit unübersichtlich ist: „Jeden Tag kommt eine neue Corona-Regelung dazu. Nichts ist in Stein gemeißelt, sodass man sich für die nächsten Monate darauf einstellen könnte.“

Bad Berleburg: Goetheplatz Café bietet nun Mini-Torten an

„Es war ein großartiges Gefühl, wieder eröffnen zu können“, sagt Andrea Heuer vom Goetheplatz Café in Bad Berleburg. Dennoch ist auch hier der Start schwierig: „Es kommen Gäste, aber nicht so viele wie vorher. Es muss sich aber auch erstmal rumsprechen, dass wir wieder aufhaben.“ Wieder eröffnet hat sie das Café am Dienstag. Die Corona-Zwangspause überbrückte sie mit einem Abholservice.

In dieser Zeit fing sie auch mit den „Mini-Torten“ an, die nun auch weiterhin verkauft werden, weil sie so beliebt waren. „Das sind kleine Torten für Zuhause. Da kann man sechs Stücke raus machen“, erklärt Andrea Heuer. Trotz Zuversicht hinterlässt die Corona-Krise bei ihr bleibende Wunden: „Ich musste meinen Festangestellten kündigen. Das war schon hart. Das möchte ich nicht nochmal erleben.“

Infobox:

- Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) bietet auf seiner Seite Hilfestellung für Gastronomen an. Dort lassen sich auch die genauen Richtlinien nachlesen.

- Mehr Informationen zu den aktuellen Beschränkungen im Gastgewerbe für NRW erhalten Interessierte unter www.dehoga-corona.de/wiedereroeffnung/verordnungen-der-bundeslaender/nordrhein-westfalen.

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Drei Fragen an Lars Martin (DEHOGA): „98 Prozent aller Mitarbeiter im Gastgewerbe sind in Kurzarbeit“

Wittgenstein. Lars Martin ist stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) Westfalen und damit auch zuständig für die Wittgensteiner DEHOGA-Mitglieder. Im Interview mit Ina Carolin Lisiewicz spricht er über die größten Schwierigkeiten der Gastronomen in der Corona-Krise.

Wie ist derzeit die Stimmung im Gastgewerbe in Wittgenstein?

Lars Martin: Die Stimmung ist gemischt. Die Gastronomie ist auf der einen Seite froh, dass es jetzt endlich wieder losgeht. Auf der anderen Seite bricht sie auch nicht in Jubelstürme aus. Es gibt diese restriktiven Vorgaben zum Gesundheitsschutz. Das ist natürlich gut und richtig so. Die sorgen aber gleichzeitig dafür, dass die Betriebe ihre Plätze nur zu einem Bruchteil besetzen können. Die Abstandsregelung von 1,5 Metern führt nach unseren Berechnungen dazu, dass in den meisten Betrieben nur etwa 25 bis 35 Prozent der Plätze belegt werden können. Veranstaltungen sind weiterhin verboten. Die Gastronomen können also nur einen Bruchteil des Umsatzes machen, die Kosten bleiben aber weiterhin hoch. Wir haben unseren Mitgliedern daher geraten, zu schauen, ob es sich betriebswirtschaftlich lohnt, den Betrieb jetzt wieder zu eröffnen.

Wie helfen Sie als DEHOGA Westfalen den Gastronomen?

Wir sehen unsere Aufgabe darin, unsere Mitglieder grundlegend zu informieren und Rückfragen zu beantworten. Gleichzeitig geben wir als Interessensvertretung der Branche eine Stimme und sind in Gesprächen mit der Politik. Wir weisen darauf hin, was geht, was nicht geht und was noch notwendig ist.

Wo liegen momentan die größten Schwierigkeiten?

Mit der geringen Belegungsquote und dem Wegfall der Veranstaltungen ist auf Dauer kein Betrieb überlebensfähig. Wir brauchen dringend einen weiteren Rettungsschirm, damit die Betriebe auch nur ansatzweise die Chance haben, diese Krise zu überstehen. Die Pachtbetriebe müssen weiterhin ihre Pacht bezahlen. Eventuelle Verbindlichkeiten aus Krediten laufen ebenso weiter. Die Personalkosten fallen derzeit im Regelfall nicht an: 98 Prozent aller Mitarbeiter im Gastgewerbe sind in Kurzarbeit. Den Betrieben gehen die liquiden Mittel aus. Als DEHOGA sagen wir: Es kann nicht sein, dass man unverschuldet in eine Situation gerät, in der man keine Einnahmen mehr generieren kann, aber weiterhin Mieten und Pachten zahlen muss. Da ist der Gesetzgeber gefragt, hier eine rechtlich verbindliche Lösung zu schaffen. Es kann nicht sein, dass der Gastronom allein das Risiko trägt.