Warstein/Soest. Keine Entspannung in der Legionellen-Krise: Der Kreis Soest verlängert nach 17 Tagen die Reisewarnung für Warstein. Sie bleibt bis Mittwoch bestehen, weil es noch viele offene Fragen gibt. Der Krisenstab traf die Entscheidung in Gegenwart von NRW-Umweltminister Johannes Remmel. Der Grünen-Politiker machte sich anschließend bei einem Arbeitsbesuch in Warstein ein Bild von der Lage vor Ort.
Seit acht Tagen werden keine Fälle mehr mit Anzeichen für eine Legionellen-Erkrankung aus Warstein gemeldet. 165 Erkrankungen, davon 91 Patienten mit einem Legionellen-Befund, das sind die dem Kreisgesundheitsamt vorliegenden Zahlen über das Ausmaß der Epidemie.
Noch viele Fragen in der Legionellen-Krise
Verändert haben sie sich seit einer Woche nicht mehr. Trotzdem gibt es für Warstein weiterhin keine Entspannung, sondern immer noch zu viele offene Fragen in der Legionellen-Krise. Außerdem müssen die Sicherheitsmaßnahmen an der Warsteiner Brauerei gewährleistet sein. Deshalb wird die Reisewarnung bis Mittwoch, 18. September, verlängert.
Landrätin Irrgang macht den Warsteinern Mut
"Wenn alles gutgeht, haben wir es dann überstanden", sagte Landrätin Eva Irrgang (CDU) in einer ersten Stellungnahme. Sie hatte bereits vor der Krisensitzung die Lage in Warstein in Augenschein genommen. Denn der Krisenstab machte seine Empfehlung nicht allein von der abflauenden Krankheitswelle abhängig. Noch entscheidender war die Umsetzung der Vorkehrungsmaßnahmen an Abwasserbecken der Warsteiner Brauerei. Dort wiesen Proben einen hohen Wert an Legionellen auf. Becken der Vorkläranlage sollen durch äußere Einflüsse, die sich bislang kein Experte erklären kann, belastet worden sein.
Zur Abwicklung der Gegenmaßnahmen hat der Krisenstab der Brauerei eine Frist bis zum 18. September gesetzt. Bis dahin müssen auch noch die letzten belasteten Abwasserbecken abgedeckt sein. Gleichzeitig beauftragt die Stadt Warstein eine Fachfirma mit der Desinfektion des Brauerei-Abwasserkanals, der zur städtischen Kläranlage führt. Diese Arbeiten werden am Dienstag beginnen.
Die Brauerei schickt seit dem vergangenen Wochenende bereits keine Abwässer mehr in die kommunale Kläranlage. Durch einen „Bypass“, für den unbenutzte Abwasserbehandlungsbecken nach einer Desinfektion reaktiviert werden, soll dann ab Mitte der Woche nur noch legionellenfreies Wasser zur kommunalen Kläranlage geleitet werden.
Seit 17 Tagen leben Warsteiner mit der Reisewarnung
Erst wenn absolute Sicherheit für die Bevölkerung gegeben sei, dann will der Kreis die Reiseempfehlung endlich aufheben. 17 Tage müssen die Warsteiner mit der Warnung vor einem Gesundheitsrisiko in ihrer Art Geisterstadt inzwischen leben. Solange schon wird vor unnötigen Reisen nach Warstein abgeraten. Drei weitere Tage kommen nun hinzu. Die Bewohner der Kleinstadt im Sauerland sind vor einem Restinfektionsrisiko am besten geschützt, wenn sie sich in geschlossenen Räumen aufhalten, erklärt der Kreis Soest. Alle Bürger hofften am Montag vergeblich auf etwas Entspannung.
Remmel informiert sich über Legionellen-Bekämpfung in Warstein
Bürgermeister Manfred Gödde geht die unendliche Legionellen-Geschichte auf die Nerven: "Es gibt zehntausend Kläranlagen in Deutschland, ausgerechnet unsere hier in Warstein ist von Legionellen befallen. Das ist doch zum verrückt werden." Gemeinsam mit Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) und den Landtagsabgeordneten aus dem Kreis Soest nahm er zunächst die Entseuchungsarbeiten in der kommunalen Kläranlage in Warstein unter die Lupe. Hier wurden als erstes Legionellen-Stämme im Abwasser entdeckt. Der Ruhrverband als Betreiber hat mittlerweile die Abdeckung seines Belebungsbeckens abgeschlossen, ein UV-Filter zur Desinfizierung läuft.
Warstein ein weltweit einmaliger Fall
Seit Mittwoch, 11. September, steht auch die Warsteiner Brauerei im Fokus der Legionellen-Krise. Ein Becken im Vorklärwerk ist von Legionellen vom Typ „1 Knoxville“ befallen. Minister Remmel schaute sich diesen Ort ebenfalls an. "Ich mache keinen Katastrophen-Tourismus, sondern ich will mich sachlich informieren", sagte Remmel zu seinem Besuch in der Bierstadt. Der Grünen-Politiker betonte es handele sich bei der Krise in Warstein um den ersten derartigen Fall weltweit. Deshalb seien weitere umfangreiche Analysen notwendig.
Die Brauerei leitet ihr vorbehandeltes Abwasser über ein Rohrleitungssystem direkt zum städtischen Klärwerk des Ruhrverbandes weiter, das am Rande der Innenstadt von Warstein liegt. Hier wurde im August eine hohe Zahl an Legionellen gemessen. Fortan wird spekuliert, ob die Warsteiner Brauerei durch externe Quellen der Ausgangspunkt des Legionellen-Ausbruchs sein könnte.
Denn das Abwasser, das zur Reinigung technischer Anlagen in der Brauerei genutzt wird, ist sauber, also frei von Legionellen. Laborproben sind ein Indiz für diese Analyse. Erst im Vorklärwerk muss das Becken mit Legionellen belastet worden sein. Doch wie und wo - diese Frage bleibt für die Fachleute weiterhin ein Rätsel. Neueste Erkenntnisse will der Krisenstab am Mittwoch, 18. September, ab 14 Uhr, diskutieren. Bis zu diesem Tag bleibt auch das Bürgertelefon unter der gewohnten Nummer frei geschaltet,