Warstein. . Überraschende Entwicklung im Warsteiner Legionellen-Fall: Bei der Suche nach der Ursache für die hohe Legionellen-Konzentration in einer Kläranlage gerät nun die Warsteiner Brauerei ins Visier. Das NRW-Umweltministerium prüft, ob die Verbreitung der Bakterien dort ihren Ausgang genommen hat.

Diese Nachricht erschüttert ganz Warstein: Bei der Suche nach der Ursache für die hohe Legionellenzahl im Wasser der Kläranlage rückt nun auch die heimische Brauerei in den Fokus der Untersuchungen.

In einem Klärbecken des Abwassersystems der Brauerei sind Legionellen in einer ebenfalls deutlich überhöhten Konzentration nachgewiesen worden, die dem gefährlichen und für die Krankheitswelle verantwortlichen „Stereotyp 1 Knoxville“ zuzuordnen sind. Die Brauerei leitet ihr vorbehandeltes Abwasser über ein Rohrleitungssystem direkt zum Abwasserwerk des Ruhrverbandes weiter, das am Rande der Innenstadt von Warstein liegt.

NRW-Staatssekretär Peter Knitsch sagte Mittwochabend in der Sitzung des Gesundheitsausschusses im Landtag: Ob die Brauerei der Ausgangspunkt der Legionellen ist, sei noch unklar. Fakt ist allerdings, dass die Brauerei ihr Klärwasser nach einer Erstbehandlung an die Kläranlage weiterleitet, in der die hohe Legionellenzahl registriert wurde.

Die Landtagsabgeordnete Dagmar Hanses (Grüne) forderte nach der Ausschuss-Sitzung schärfere Kontrollen. „Was in Warstein passiert ist, darf sich woanders nicht wiederholen“, sagte sie. „Ohne die Berichterstattung der Lokalzeitung wäre das Problem nicht so schnell aufgedeckt worden.“

Sieben-Punkte-Plan mit der Landesregierung koordiniert

In einer von der Brauerei veröffentlichten Pressemitteilung heißt es: „Am frühen Abend des 10. September wurde der Warsteiner Brauerei vom Kreis Soest mitgeteilt, dass - wie bereits an anderen Stellen in Warstein nachgewiesen – auch im Abwasser am Ausgangsbereich des Abwasservorbehandlungs-Beckens Legionellen gefunden wurden. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse hat die Brauerei beschlossen, unverzüglich konkrete Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen.“

Dazu gehört ein Sieben-Punkte-Plan, der mit der Landesregierung koordiniert worden ist. Wie auch Bürgermeister Manfred Gödde reiste dazu eine Delegation des Unternehmens - mit Catharina Cramer an der Spitze - in die Landeshauptstadt. „Wir haben innerhalb von weniger als 24 Stunden umfassend reagiert, nachdem wir über den positiven Legionellenfund informiert worden sind“, betonte Unternehmenssprecher Stefan Leppin.

Seit dem Auftreten der „bedauerlichen Erkrankungsfälle“ in Warstein habe die Warsteiner Brauerei zu jedem Zeitpunkt die Bemühungen der zuständigen Behörden unterstützt, die Ursachen zu identifizieren. So habe es bereits frühzeitig Untersuchungen der Rückkühlwerke der Brauerei durch das Hygieneinstitut Gelsenkirchen gegeben, die alle ohne Befund geblieben sind. Allerdings wurden am 10. September vom Kreis Soest weitere Proben genommen, weil die Ergebnisse der Gelsenkirchener Experten von denen um „Legionellen-Papst“ Professor Dr. Martin Exner in Teilen abweichen. Diese Ergebnisse liegen frühestens Freitag vor.

Alle Proben erschienen zunächst unbedenklich

In der Pressemitteilung der Brauerei heißt es dazu: „In diesem Zusammenhang hat das Unternehmen vorsorglich und aus eigener Initiative in ihren Anlagen und technischen Systemen durch das Hygiene-Institut Gelsenkirchen Proben entnehmen und durch das unabhängige Institut begutachten lassen. Alle Proben, die uns bis Dienstag, 10. September, 16 Uhr, vorlagen, erschienen zunächst unbedenklich. Zudem hat das Unternehmen über den gesamten Zeitraum alle vorliegenden Analysenergebnisse den zuständigen Behörden unverzüglich und vollständig zur Verfügung gestellt.“

Warsteiner Brauerei steht vor einem Rätsel

Warum es nun zwischen den Ergebnissen des Gelsenkirchener Instituts und den von Professor Exner und seinem Team durchgeführten Analysen im Abwassersystem der Brauerei eine derart große Diskrepanz gibt, kann sich auch Stefan Leppin nicht erklären: „Wir stehen da vor einem absoluten Rätsel. Das können wir uns auch nicht erklären.“ Allerdings, so Leppin, müsse man bedenken, dass es sich dabei um „vorläufige Ergebnisse“ handele. Dass die Brauerei der eigentliche Verursacher der Erkrankungswelle ist, hält Leppin für eher unwahrscheinlich: „Aus meiner Sicht würde ich das verneinen.“

Warsteiner Brauerei verspricht lückenlose Aufklärung zum Schutz der Bürger 

Im Fokus stehe nun die lückenlose Aufklärung, um den Schutz der Warsteiner Bürger zu garantieren. Leppin: „Wir werden aufklären - ohne Wenn und Aber, denn wir haben ja nichts, aber auch gar nichts zu verbergen.“

Brauerei nimmt Verantwortung für Sicherheit ernst

Die Warsteiner Brauerei unterstreicht in diesem Zusammenhang erneut, dass allen Fragen der Produkt- und technischen Sicherheit im Unternehmen größte Aufmerksamkeit und Sorgfalt gewidmet werde. „Die Verantwortung für die Sicherheit der technischen und baulichen Anlagen der Brauerei nimmt das Management außerordentlich ernst“, betont Peter Himmelsbach, Geschäftsführer Technik der Warsteiner Brauerei. Gestützt auf den Sachverstand und die Erfahrung ihrer Expertenteams werde die Warsteiner Brauerei auch weiterhin mit höchster Priorität zur Aufklärung beitragen und die Behörden bei ihrer Arbeit aktiv unterstützen.

Umfangreiche Maßnahmen wie im Klärwerk

Mit umfangreichen Maßnahmen - ähnlich wie im Klärwerk des Ruhrverbandes - versucht die Brauerei nun, die Probleme in den Griff zu bekommen: 1. Sofortige Bildung eines Krisenmanagement-Teams. 2. Abdeckung der relevanten Becken und Rinnen. 3. Sofortige Realisierung von technischen Maßnahmen zur deutlichen Reduzierung der Legionellen (UV-Bestrahlung). 4. Beauftragung von neutralen Instituten für tägliche Probenentnahme und Analyse.

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Als eine weitere Sicherheitsmaßnahme wurde der Besucherverkehr eingestellt. Dies gilt so lange, wie auch die Reisewarnung gilt. „Wir werden alle Möglichkeiten ausschöpfen, um ein Höchstmaß an Sicherheit zu garantieren“, versprach Leppin. „Höchste Priorität für die Warsteiner Brauerei ist zum jetzigen Zeitpunkt, alles Mögliche zu unternehmen, um weitere mögliche Risiken für die Gesundheit der Mitarbeiter und der Bürger der Stadt Warstein auszuschließen.“

Bürgermeister Gödde spricht von einem "schwarzen Mittwoch"

Völlig überrascht von der schon fast als sensationell zu bezeichnenden Entwicklung zeigte sich auch Bürgermeister Manfred Gödde der nach seiner Rückkehr aus der Landeshauptstadt zum Gespräch zur Verfügung stand: „Das ist natürlich zunächst einmal ein Schlag ins Kontor gewesen. Damit haben wir alle nicht gerechnet. Der Gesundheitsschutz unserer Bürger muss auch weiterhin oberste Priorität haben. Auch deshalb bin ich froh, dass sich die Brauerei so kooperativ zeigt und sofort gehandelt hat.“ Gödde verweist darauf, dass bisher bundesweit vermutlich keine Brauerei ihr Abwasser auf Legionellen überprüfe: „Das wird jetzt eine Diskussion nach sich ziehen, die vermutlich europaweit geführt werden muss und wird.“

Trotz dieses so „schwarzen Mittwochs“ hofft Gödde, dass es heute endlich positive Nachrichten aus Soest und damit eine Rücknahme der Reisewarnung für Warstein geben werde: „Wir müssen jetzt positiv nach vorne gucken. Aus dieser Krise müssen wir alle gestärkt hervorgehen.“

Warsteiner Bier ist nicht betroffen

Unterdessen hat ein Sprecher des NRW-Umweltministeriums betont, dass das Warsteiner Bier nicht betroffen sei. Es werde fast in einem Reinraum hergestellt und während der Produktion auf fast 100 Grad erhitzt. Die Bakterien sterben bei 60 Grad ab.