Siegen. . Fachkräfte in Deutschland sind rar gesät. Und: Der Wettbewerb zwischen den Regionen um gut ausgebildeten Nachwuchs wird immer schärfer. So rüstet sich das Siegerland, um die heimische Wirtschaft für Fachkräfte attraktiv zu machen.

Die Herausforderungen sind altbekannt, doch weiterhin maßgeblich: Wie kann sich das Siegerland mit seiner hiesigen Wirtschaft als attraktive Region für gut ausgebildete Menschen auf dem Arbeitsmarkt positionieren? Kurz vor dem Jahreswechsel erläutern die heimischen Arbeitsmarktakteure, wie sie sich im Wettbewerb um Fachkräfte rüsten möchten.

Ein Netzwerk aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft setzt sich für die Region ein. Dazu zählen der Kreis Siegen-Wittgenstein, die IHK Siegen, die Bundesagentur für Arbeit Siegen sowie das Jobcenter des Kreis Siegen-Wittgenstein. Rede und Antwort standen am Freitag Landrat Paul Breuer, Franz J. Mockenhaupt (IHK), Dr. Bettina Wolf (Arbeitsagentur) sowie Achim Otto (Jobcenter).

Immer weniger Schulabgänger

Die Kluft zwischen Jung und Alt wird immer größer. Bis 2020 wird es 25 Prozent weniger Schulabgänger geben als heutzutage – zu wenig Nachwuchs also für die Wirtschaft. Der Wettbewerb um gut ausgebildete Menschen wird sich daher verschärfen. Viele Fachkräfte können frei wählen, wo sie arbeiten und sich niederlassen möchten. Zusätzliches Problem für das Siegerland: Großstädte wirken auf junge Menschen attraktiver als ländliche Regionen. Außerdem gibt es Strukturprobleme: In vielen Berufsfeldern wie zum Beispiel Pflegeberufen gibt es heute schon zu wenig Arbeitskräfte für freie Stellen. Gleichzeitig gilt es, Menschen aus bildungsferneren Schichten zu qualifizieren.

„Unser Problem ist nicht, dass wir ein schlechtes Image haben. Unser Problem ist, dass wir gar kein Image haben“, sagte Mockenhaupt. Deswegen wird das Regionalmarketing einen weiterhin hohen Stellenwert haben. Das Netzwerk der Akteure möchte die Vorteile des Siegerlandes überregional bekannt machen. Dazu zählen laut Mockenhaupt zum Beispiel die Natur, die günstigen Grundstückspreise, die geringe Kriminalitätsrate und die vielen „hidden champions“ – die heimischen Unternehmen, die in ihren Branchen Weltmarktführer, aber allgemein nicht sehr bekannt sind. Die Betriebe seien hier gefordert, noch mehr für ihr Profil als attraktive Arbeitgeber zu tun. Ziel sei es, für Neuankömmlinge eine Willkommenskultur zu etablieren. Sie sollen Ansprechpartner erhalten, die ihnen helfen, vor Ort Fuß zu fassen.

Uni Siegen ist ein zentraler Faktor für die Region

Landrat Breuer kündigte an, rund elf Millionen Euro in die Gebäude und die Ausstattung der vier Berufskollegs zu investieren. Außerdem werde der Kreis das Regionale Haus der Berufsvorbereitung weiterhin mit einem sechsstelligen Betrag unterstützen. Die IHK schieße dem Haus binnen vier Jahren weitere 100.000 Euro zu. 60.000 Euro wird die IHK investieren, um junge Frauen an gewerblich-technische Berufe heranzuführen. Schließlich ist jeder zweite Arbeitsplatz in der Region ein Industriearbeitsplatz. Gleichwohl kritisierte Breuer, dass zugesagte Fördermittel der EU und des NRW-Arbeitsministeriums erst in geringer Summe in der Region angekommen seien – einige interessante Projekte seien daher nicht realisiert worden.

Trotz der herrschenden Querelen und studentischer Proteste gegen schlechte Studienbedingungen ist die Uni ein zentraler Faktor für die Region. Die IHK versucht in Kooperation mit der Uni, besonders ausländische Studenten gezielt anzusprechen und diese in der Region zu halten. Auch Studienabbrechern möchte die IHK mit einem eigens entwickelten Programm Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt eröffnen. So sollen Studienleistungen in einer späteren Berufsausbildung anerkannt werden. Dies verkürzt die Ausbildungsdauer.

Gering Qualifizierte fit für den Arbeitsmarkt machen

Achim Otto vom Jobcenter möchte Menschen mit geringer Qualifizierung für den Arbeitsmarkt fit machen. Menschen ohne Schul -oder Berufsabschluss sollen mit einer „Teilqualifizierung“ Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten. Dies Teilqualifizierung wird keiner Vollausbildung entsprechen, aber Teilbereiche daraus abdecken. Die Absolventen erhalten ein Zertifikat über die erbrachten Leistungen. Sie könnten mit ihren erworbenen Kenntnissen Fachkräfte in Betrieben unterstützen und entlasten.

Die Arbeitslosenquote im Kreis liegt laut Dr. Wolf bei 5,2 Prozent und ist gegenüber 2011 stabil geblieben. Die Zahl der freien Stellen ist jedoch um 11 Prozent gestiegen. 1391 freie Stellen gibt es insgesamt. Dem stehen 7833 Arbeitslose gegenüber. Die Zeiträume zur Vermittlung von Arbeitslosen sind dagegen langfristig gestiegen.