Siegen. . Überbelegte Kurse, übervolle Hörsäle, 30-minütige Warteschlangen für ein Mensa-Essen, dazu die akute Wohnungsnot in der Stadt – die Mängel-Liste des Asta für die Uni Siegen ist lang. Die Studenten sind auf den Barrikaden; Demonstrationen und Besetzungen sind nicht ausgeschlossen.
Am Weidenauer Bahnhof, dem Umschlagsplatz für Studenten in Siegen, stehen jede Menge weitere junge Leute in ähnlicher Körperhaltung. Gesprochen wird wenig. Es ist eben kalt und kurz nach acht. „Der Bus hat meistens Verspätung“, sagt Chi Yung Tang gelassen. Er studiert im dritten Semester Architektur. Jede Menge Zeit hat er schon in Bussen und an Haltestellen verbracht.
Drei neue Buslinien
Für das Wintersemester richtete der Zweckverband Personennahverkehr Westfalen-Süd drei neue Buslinien ein, die nun Non-Stop über die HTS, die Siegener Schnellstraße, fahren. „Eine Verbesserung ist das nicht unbedingt“, findet Chi Yung Tang. Denn statt durch die Wohngebiete zu tingeln, kommen die Busse in den Stoßzeiten auch auf der HTS nur stockend voran. So wie an diesem Morgen.
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Geduld ist eine der Tugenden, die den Siegener Studenten derzeit am meisten abverlangt wird. Überbelegte Kurse, übervolle Hörsäle, 30-minütige Warteschlangen für ein Mensa-Essen und die akute Wohnungsnot in der Stadt – die Liste, die die Fachschaftsräte aller Fakultäten und der Allgemeine Studierenden-Ausschuss (Asta) bemängeln, ist lang. Sie sind auf den Barrikaden und planen ein Protestplenum. „Wir überlegen zusammen, was die nächsten Schritte sind“, erklärt Asta-Sprecher Florian Rubens. Das Ergebnis sei offen, Demonstrationen und Besetzungen aber nicht ausgeschlossen.
2000 Studenten mehr als im vergangenen Wintersemester
Grund für den Ärger auf dem Uniberg ist ein neuer Rekord: An der Siegener Uni sind in diesem Semester so viele Studenten wie noch nie eingeschrieben: 17.516 junge Menschen sind immatrikuliert, darunter 3479 Erstsemester. Unterm Strich sind das 2000 Studenten mehr als im vergangenen Wintersemester. Die Uni platzt aus allen Nähten. Sogar Rektor Prof. Dr. Holger Burckhart bereitete die Erstsemester in seiner Begrüßung auf ein „Chaos“ vor.
Gefühlschaos bei 1400 Lehramtsstudenten im ersten Semester groß
Besonders groß ist das Chaos bei den 1400 Lehramtsstudenten im ersten Semester. Eine von ihnen ist Luisa Bieberstein aus Bergisch-Gladbach. Die 19-Jährige zieht einen gelben Trolley übers Pflaster. Übergangsweise hat sie sich in ein Hotel eingebucht, weil ihre Wohnung gerade noch renoviert wird. Acht Wohnungen schaute sie sich zuvor an, darunter etliche Mauselöcher zu überhöhten Preisen. „Die Vermieter wissen, dass wir Studenten auf Zimmer angewiesen sind und verlangen einfach jeden Preis“, sagt sie.
Wohnungsnot und Probleme mit Stundenplan
Ihr persönliches Glück umfasst nun folgende Eckdaten: 15 Quadratmeter mit Küche, Bad auf dem Gang, 240 Euro warm. Nächste Woche zieht sie ein und sie ist froh, dass sie das Gummirollen-Geräusch nicht mehr begleitet. Bliebe noch das Problem mit dem Stundenplan: „Viele Kurse waren schon belegt, die habe ich nicht bekommen, deshalb habe ich momentan nur von Montag bis Mittwoch Uni“, sagt Luisa Bieberstein. Darüber ärgert sie sich, weil das ihr Studium unnötig verlängern wird.
Englisch-Grundkurse sind restlos überfüllt
Auch Alin Korkmaz steckt im Gefühlschaos. Die 20-Jährige hockt vor der Mensa, Sneakers an den Füßen, den Stundenplan auf dem Schoß. Sie möchte am liebsten einfach nur studieren, Englisch und Französisch auf Lehramt. Momentan kann die Studentin aber keine Englisch-Grundkurse belegen, weil alle restlos überfüllt sind. „Ich wurde überall abgelehnt“, sagt die junge Kölnerin. „Meine Freunde, die in anderen Städten studieren, stecken schon im Lernstress und ich kämpfe noch um Plätze. Ich will doch nur studieren.“
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Die 20-Jährige kann es kaum abwarten, dass es endlich losgeht. Sie möchte sich endlich wie eine Studentin fühlen. „Ich genieße die Atmosphäre hier sehr. Wenn diese Problemchen nicht wären, wäre alles wunderbar“, sagt Alin Korkmaz.