Siegen. . Eine Untersuchung der Universität Siegen macht Vorschläge, wie die Maschinen- und Anlagenbauer Südwestfalens ihre schweren Produkte besser an den Mann bringen können. Marode Brücken, schlechte Straßen und eine teure Genehmigungsprozedur machen den Unternehmen das Leben schwer.

Die vorrangige Berücksichtigung von Schwertransporten in der Bundesverkehrswegeplanung, die Definition von Hauptrouten außerhalb der Autobahnen, ein länderübergreifendes Baustellen-Informationssystem, ein verbessertes Genehmigungsverfahren und eine Pilotstrecke als Sofortmaßnahme - dies alles soll südwestfälischen Maschinen- und Anlagenbauern bei der Bewältigung ihrer Probleme mit Schwertransporten in der Region helfen. Die Vorschläge sind Bestandteil einer Studie von Prof. Jürgen Steinbrecher von der Universität Siegen, die gestern von der auftraggebenden Industrie- und Handelskammer (IHK) Siegen vorgestellt wurde.

Damit verstärkt die südwestfälische Wirtschaft ihren Druck, um Unternehmen in der Region zu halten, die schwere Maschinen und Anlagen zu ihren Kunden in aller Welt transportieren müssen. Marode Brücken, schlechte Straßen, der Ausfall der A45 für schwere Lasten und eine lange und teure Genehmigungsprozedur zwingen Maschinen- und Anlagenbauer wie die SMS-Gruppe aus Hilchenbach, Dango & Dienenthal (Siegen), Jung Großmechanik (Bad Laasphe), die Erndtebrücker Eisenwerke oder Gräbener Maschinentechnik dazu, weite Umwege zu fahren, erläuterte der Hauptgeschäftsführer der IHK Siegen, Franz Josef Mockenhaupt. Dies sei nicht nur ein Hindernis für einzelne Firmen, sondern „ein existenzielles Problem für die Region“. Daran hingen 5000 bis 6000 Arbeitsplätze.

Fundierte Untersuchung

„Mit der Steinbrecher-Studie liegt erstmals eine fundierte Untersuchung für ein Problem vor, das ganz Südwestfalen betrifft“, fügte sein Stellvertreter Droege hinzu. Denn sie stelle die Frage nach der Zukunft des Industriestandortes. Nun sei die Politik am Zuge. Hintergrund: Unternehmen wie die SMS-Gruppe mit rund 2200 Beschäftigten allein in Hilchenbach und 200 Schwertransporten im Jahr vorwiegend zu den Seehäfen oder die Erndtebrücker Eisenwerke (300) haben in jüngster Zeit laut darüber nachgedacht, Teile ihrer Produktion wegen dieser Schwierigkeiten an günstiger gelegene Standorte wie etwa den Duisburger Hafen zu verlagern. Das beträfe im Falle SMS etwa 300 bis 400 Arbeitsplätze.

Für die IHK Siegen schrillen seit langem die Alarmglocken. Es gehöre inzwischen zum Marketing von NRW-Binnenhäfen, offensiv um die Ansiedlung von Teilen der Produktion von Unternehmen bestimmter Branchen zu werben, erläuterte Droege. „Da gibt es regelrechte Lock-Angebote.“ Mockenhaupt geht noch weiter: „Für die Unternehmen sind das doch nur Zwischenlösungen. Irgendwann sitzen die in Peking oder Kalkutta.“

Lösungen finden

Um das schon im Ansatz zu verhindern geht es nun darum, Lösungen zu finden. Die Firmen sollen Hoffnung schöpfen, dass ihre bis zu 38 Meter langen Röhren für Pipelines (Erndtebrücker Eisenwerke), 120 Tonnen schweren Walzenständer (SMS) oder 6,60 Meter breiten Maschinen pünktlich bei den Kunden ankommen und nicht durch eine neue Baustelle oder eine zu spät eintreffende Polizei-Eskorte gestoppt werden.

Schwierig zu beeinflusssen ist die Zahl der Schwertransporte: Allein im Kreis-Siegen-Wittgenstein sind es rund 1800 im Jahr. In manchen Nächten hat die Polizei bis zu 15 Transporte zu begleiten, wie Prof. Steinbrecher erläuterte. Die Zahl der Transporte über 150 Tonnen Gewicht stieg von 150 im Jahr 2005 auf 800 (2009). Und der Königsweg bleibt die Straße - die Bahn ist nach ihrem Rückzug aus der Fläche laut Steinbrecher „nicht nur ein schwieriger, sondern auch ein teurer Partner geworden.“

Pilotstrecke als Sofortmaßnahme

Am ehesten umsetzbar scheint aus Sicht Steinbrechers eine Pilotstrecke als Sofortmaßnahme, der ein beschleunigtes Genehmigungsverfahren garantiert würde. Steinbrecher: „Wenn sich die Straßenverkehrsbehörden der Kreise, die Landesbetriebe Straßen NRW, Hessen und Rheinland-Pfalz sowie die Polizeibehörden zügig zusammensetzen und schnell entscheiden würden, wäre das eine Arbeit von sechs Monaten.“