Hilchenbach. . Der Festivalleiter ist zufrieden. „Wir haben einen wirklich optimalen Zustand erreicht“, sagt Kreiskulturreferent Wolfgang Suttner am Ende von Kultur Pur 22, „das macht uns glücklich.“ Dass 55 000 Menschen an fünf Tagen auf den Giller bei Hilchenbach gekommen sind, hat nicht nur am schönen Wetter gelegen. Nein: Gestimmt hat vor allem das Programm.
Dass dabei die Rekordzahlen wie bei den Schönwetterfestivals 2008 und 2009 nicht erreicht wurden, hat einen Grund: Mehr Top Acts als sonst wurden in bestuhlten Theatern präsentiert; entsprechend reduziert war das Kartenangebot – mit 1400 Menschen war auch das große Zelt ausverkauft. „Ein gepflegtes Festival“, beschreibt Suttner das Gesamtpaket, „wir können hohen Anspruch mit einer populären Wirkung verbinden.“
Walk Acts braucht kein Mensch — eigentlich haben die Clowns, die einem ins Bierglas pusten, sogar gestört. „Kultur Pur ist Kommunikationsanlass.“ Soll heißen: Man trifft sich auf dem Giller, ohne dass es dazu weiterer Animation bedarf.
Keine Experimente
Andererseits hat das Nachmittagsprogramm große Aufmerksamkeit bei der Programmgestaltung verdient: Hier entscheide sich, ob Kultur Pur eine nächste Publikumsgeneration an sich bindet. „Das haben wir lange unterschätzt“, sagt Wolfgang Suttner. Dabei haben die Veranstalter die 21-Jährigen schon kennen gelernt, die berichten, 21 Festivals auf dem Giller erlebt zu haben. Für sie gibt es – bis jetzt – kein Leben ohne Kultur Pur...
Experimente, so eine weitere Lehre aus 22 Festivals, sind woanders. „Extreme Programme können wir hier nicht mehr machen“, sagt Wolfgang Suttner, „avantgardistisches Steh- und Gehtheater funktioniert hier nicht.“ „Genauso wenig wie eine Schaumparty“, ergänzt Kultur-Pur-Pressesprecher Andreas Schmidt.
Wunderbare Ideen für die Zukunft
Der Wunschzettel des Festivalleiter ist so lang wie der des Publikums. „Man hat wunderbare Ideen“, sagt Wolfgang Suttner. Eric Burdon wäre mal ein gern gesehener Gast. Oder Reinhard Mey. Oder Kim Wilde. Oder Hannes Wader zusammen mit Konstantin Wecker. „Das ist eine Kostenfrage.“ Am besten, der Giller liegt Pfingsten sowieso auf dem Weg. „Das kann man nur kurzfristig planen.“ Beste Karten für Kultur Pur 23 haben übrigens die Sportfreunde Stiller. Ohne Udo Jürgens.
Die Sache mit der Kurzfristigkeit macht sowieso Sinn. Manche Karriere ist einfach zu schnell vorbei. Lena Meyer-Landrut zum Beispiel, Deutschlands Grand-Prix-Gewinnerin, sei schon wieder „vollkommen out“. Andererseits war Tim Bendzko bei der Planung im vorigen Jahr auch nicht ohne Konkurrenz. Was wäre gewesen, wenn das Team sich für Andreas Bourani entschieden hätte...? „Man muss ein Gespür dafür haben.“
Philharmonie eine sichere Größe
Eine sichere Größe ist die Philharmonie. Das Experiment, auf ein Festival ohne das Orchester zu planen, wird Suttner nach 2011 nicht mehr wagen. Der Festivalchef, der auch geschäftsführender Vorstand der Philharmonie ist, freut sich über das gelungene Debüt des Chefdirigenten Charles Oliveri-Munroe: Immerhin 500 vorwiegend weibliche Interessierte wollten den Kanadier mit dem jungenhaften Charme kennen lernen und bewarben sich um ein „Meet & Greet“. „Er ist in der Region angekommen“, freut sich Wolfgang Suttner.
Tanzhommage an Queen
Zum Schluss ein Donnerwetter
Am Ende des Schönwetter-Festivals übrigens brachen dann doch noch Blitz, Donner und Sturzregen über die Zelttheaterstadt hinein. Eben wie ein abschließender Trommelwirbel. „Aber erst als der letzte Besucher im Auto und der letzte Künstler vom Platz war“, berichtet Wolfgang Suttner. Selbst das sei dann doch auch „dramaturgisch genial gelaufen.“
