Hilchenbach. Zeit ist relativ bei diesem Programm, auf das die Kultur-Pur-Freunde zwei Jahre lang gewartet haben und das mit insgesamt 2800 Zuschauern der Publikums-Top-Act dieses Festivals ist: Die Philharmonie Südwestfalen spielt zweimal vor ausverkauftem Haus.

Anton Bruckner hat seine neunte und letzte Symphonie in den 1890ern geschrieben. Richard Strauss’ „Also sprach Zarathustra“ ist das Motiv für die Filmmusik zu „2001 – Odyssee im Weltall“. Und der Aufbruch nach Pandora in „Avatar“ findet 2154 statt. Ganz schön viel Zeit für gerade einmal zwei Stunden Symphoniekonzert.

Ganz abgesehen von Katastrophen wie dem Zusammenstoß der Erde mit dem Planeten „Melancholia“, zu dem Lars von Trier sich musikalisch bei Richard Wagners „Tristan und Isolde“ bediente. Und zerstörerischen Ereignissen wie dem Bau der Hyperraum-Expressroute: Da gibt, als Einlage vor dem zweiten Teil dieses Pfingstsonntagvormittags mit der Philharmonie Südwestfalen, Intendant Gernot Wojnarowicz den Marvin aus Douglas Adams’ Kult-Serie „Über Anhalter durch die Galaxis“. Der Schauspieler Michael Kampf, der gleich wieder durch das Konzert führen wird, ist die Maschine, die diese Pause nicht überlebt.

Wer bei Douglas Adams an die „Route 57“ denkt, ist sicher nicht falsch aufgehoben auf dem Giller, in dessen Nähe diese Ortsumgehungskette einmal verlaufen soll. Irgendwann. Zeit ist relativ bei diesem Programm, das mit insgesamt 2800 Zuschauern der Publikums-Top-Act dieses Festivals ist: Die Philharmonie Südwestfalen spielt zweimal vor ausverkauftem Haus.

Medley von Aquarius zu Major Tom

Charles Olivieri-Munroe stellt sich mit diesen Konzerten erstmals auch in Hilchenbach, dem Sitz des Orchesters, als neuer Chefdirigent vor. „Wir sprechen mehr Englisch als Deutsch in Toronto“, entschuldigt er sich vergnügt für den einen oder anderen Stolperer in der neuen Fremdsprache, „aber das ist unser Problem, nicht Ihres.“ Seinen Mu­sikerinnen und Musikern schenkt der schlaksig wirkende junge Chef nichts, und die lassen sich – unbeeindruckt vom zelttheatertypischen Trubel – konzentriert auf ein anspruchsvolles Programm ein, das mit der Helios-Ouvertüre von Carl Nielsen zu Beginn den Tageslauf der Sonne nachzeichnet.

Auch für Kultur Pur gibt die Philharmonie nicht das „Light Orchestra“, das sich aus der englischen Tradition anböte. Die Reverenz an die leichte Muse hat Alexander Reuber, sonst vierte Trompete, mit einem Medley von „Aquarius“ bis „Major Tom“ arrangiert. Bruce Whitson, Bratsche, hat aus seiner Sammlung Sternkarten und -bilder beigesteuert, die der portugiesische Lichtdesigner Manuel Antunes in eine aufwändige Inszenierung für die von zwei Beamern bespielte Breitbildleinwand eingearbeitet hat.

Oben am Giller ist die Milchstraße ein bisschen näher. Einen Weltraumbahnhof habe Siegen nun einmal nicht, bedauert Michael Kampf ein bisschen. Im „Sternentalk“ in der Pause ermuntert Astronomie-Professorin Susanne Hüttemeister zum Besuch des Bochumer Planetariums: „Wir holen Ihnen die Sterne vom Himmel.“ Bitte nicht. Hinterm Mond ist’s doch auch ganz nett.