Hilchenbach. Die Rolle der ausgewachsenen Chansonnette steht ihr sehr gut. Mit Charme und intelligenten Texten überzeugt Annett Louisan im ausverkauften kleinen Zelttheater beim Festival Kultur Pur 2012 auf der Ginsberger Heide. Bedrückend, fröhlich und feurig sind ihre Lieder. Das Püppchen-Image hat die 1,50 Meter große Sängerin abgelegt.

Ein zierliches Persönchen aber eine wuchtige Persönlichkeit – so könnte man Annett Louisan vielleicht beschreiben. Die etwa 1,50 Meter große Sängerin, die vor einigen Jahren bekannt wurde, weil sie „doch nur spielen“ wollte, ist mittlerweile aus jeglichem Püppchen-Image herausgewachsen. Die Rolle der ausgewachsenen Chansonnette steht ihr sehr gut. Mit Charme und intelligenten Texten überzeugte sie im ausverkauften kleinen Zelttheater beim Festival Kultur Pur 2012 auf der Ginsberger Heide.

„Ich glaube wir hätten das Orchester zu viert nicht geschafft“, witzelt Annett Louisan über den verspäteten Beginn ihrer ausverkauften Show auf dem Giller. Die Philharmonie hatte noch einige Minuten zuvor im großen Zelt den Sternen den Krieg erklärt. Nun geht es für die Zuhörer zurück auf den Boden der Tatsachen. Denn Annett Louisans Texte sind nicht aus weit entfernten Galaxien, sondern aus dem Hier und Jetzt. Sie singt über die Liebe, über die Trauer und über die Ärgernisse des Alltags, aber vor allem von sich selbst. Wie etwa bei „In meiner Mitte“: „In meiner Mitte, da wo ich bin, scheint noch ein Platz und ich fürchte genau mittendrin“.

Bereits mit dem Titelsong ihres neuen Albums, mit dem sie ihren „Akustisch.Persönlich.Live.“- Auftritt beginnt, gibt Louisan vieles von sich preis und hat das Publikum direkt auf ihrer Seite. Es wird gesungen, geschunkelt und geklatscht. Die Zuhörer freuen sich von Annetts „bester“ Freundin Eve zu hören. „Eigentlich hatte ich gedacht, ich lasse sie mal zu Hause“, verrät die Sängerin, „aber da gab es Proteste“. Die gemein-fröhlichen Passagen – dazu gehört natürlich auch Louisans „akute Pärchen-Allergie“ wechseln sich ab mit tiefberührenden Balladen, wie „Papillon“.

Lied von Charles Aznavour hebt Stimmung im Saal

"Akustisch. Persönlich. Live." : Annett Louisan hat das Püppchen-Image endlich abgelegt. Foto: Alex Völkel © WR

Ein Lied nachdem sie sich immer freisingen müsse, sagt die Sängerin, zieht ihre High Heels aus und schiebt das Mikro lächelnd tiefer. Sie setzt zu Charles Aznavours „Spiel, Zigeuner“ an und hebt mit dem feuerigen Lied auch merklich die bedrückte Stimmung im Saal. Bei „Chancenlos“, dessen Zeilen, wie „Sie war die Kleine auf dem Schulhof, der keiner Briefchen schreibt“, unwillkürlich an die Sängerin selbst denken lassen, geht Annett Louisan auf Wanderschaft.

Das Licht geht an und sie dreht eine Runde durch das Zelt – eine ungewollt lange sogar, weil sie zu spät bemerkt, dass es keinen Mittelgang gibt. Munter geht es weiter etwa mit lustig-peinlichen Trinkgeschichten bei „ohne Prosecco“ im lateinamerikanischen Rhythmus. Ein sehr sympathischer und naher Abend auf dem Giller, den die Zuhörer mit viel Applaus belohnen.