Siegen. Elterntaxis im Visier: Autos ganz fernhalten, damit Siegener Kinder nicht mehr bis vor die Schultür gebracht werden wäre ein „scharfes Schwert“.
Elterntaxis sind ein Sicherheitsproblem, an zahlreichen Siegener Grund- und auch vielen weiterführenden Schulen. Morgens und weniger stark auch am Mittag wälzen sich Blechlawinen zu vielen Schulstandorten, in vielen Autos sitzt - außer dem Elternteil am Steuer - ein Kind, das möglichst nah an der Schule aussteigen soll. Das sorgt, nicht nur aus Sicht der Grünen, für gefährliche Verkehrssituationen, und das soll sich endlich ändern. Denn „Hol- und Bringezonen“, so wird im Siegener Rat deutlich, haben nicht immer den gewünschten Effekt. Schulstraßen, also komplette Sperrungen vor Schulen, werden aber nicht eingerichtet: Das würde das Verkehrsnetz wohl überfordern.
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Die schwarz-grüne Landesregierung hat die rechtlichen Möglichkeiten geschaffen, dass die Kommunen solche Schulstraßen selbst einrichten können. „Wir sollten die Chance nutzen“, sagt Theresa Pflogsch (Grüne) - und prüfen, wo diese Sperrungen auf Zeit sinnvoll und machbar sind. Elterntaxis würden die Kinder gefährden, es komme zu erheblichen Verkehrsbehinderung durch an- und abfahrende, wendende Fahrzeuge, im Umfeld zu Lärm- und Luftverschmutzung, Stau.
Siegen hat nicht die Ressourcen um für Elterntaxi-Autos gesperrte Schulstraßen zu kontrollieren
Bis auf die FDP, deren Fraktionsvorsitzender Markus Nüchtern so gut wie keine Gelegenheit auslässt, freie Fahrt für freie Autofahrer allerorten zu fordern und die Grünen dafür zu geißeln, dass sie das nicht wollen („Sie wollen den Verkehrsfluss hemmen“), finden eigentlich alle, dass das Problem endlich gelöst gehört. Aber nicht so. „Die Idee ist vernünftig angesichts dessen, was wir morgens an den Schulen sehen“, sagt Stadtbaurat Henrik Schumann. „Aber wir haben die Ressourcen nicht.“ Zum einen sei trotz Erlasslage des Landes eine erforderliche Teileinziehung der öffentlichen Straße rechtlich komplex - vor allem aber müsse die Sperrung auch kontrolliert, durchgesetzt und durchgehalten werden. „Wir müssten unglaublich viel Personal einsetzen. Ein riesiger Rattenschwanz.“ Eine Schulstraße sei nicht vergleichbar mit „Anlieger frei“, ein Schild aufstellen reiche bei Weitem nicht. Außerdem seien die Auswirkungen auf den Verkehr „heftig“, je nach Lage der Schule. Der Verkehr verlagere sich, müsse umgeleitet werden. „Wir wissen jetzt schon, dass wir das mit unserem Personal nicht stemmen können.“ Michael Groß (Grüne) merkt in Richtung seines FDP-Amtskollegen Nüchtern an, dass der die Situation vor Schulen wohl selbst noch nie erlebt habe: „Da ist nicht mehr viel mit Verkehrsfluss.“ Was da morgens und mittags passiere, „ist ein Erlebnis“.
An 11 von 19 Siegener Grundschulen gebe es Hol- und Bringzonen, oft auch „Kiss-and-Go“ genannt. Bis hierher sollen Eltern die Kinder mit dem Auto abliefern, sie können ohne allzu große Verkehrsprobleme herkommen, halten, weiterfahren, die Schülerinnen und Schüler gehen den Rest des Wegs zu Fuß. Das sei nicht nur sicherer, frische Luft und Bewegung förderten auch nachweisbar den Lernerfolg, verweist Lehrer und Volt-Fraktionsvorsitzender Samuel Wittenburg auf entsprechende Studien. Auch diese Zonen seien schon enormer Aufwand für die Straßen- und Verkehrsabteilung, die sich in diesem Jahr noch „intensiv mit der Umweltspur beschäftigen“ müsse, sagt Schumann. Pauschal alle Standorte in Sachen Schulstraße prüfen, das sei einfach nicht drin.
Scharfes Schwert Schulstraßen in Siegen: Nur wenn Hol- und Bringzonen gar nicht funktionieren
Das sehen auch die anderen Fraktionen so: Schulstraßen seien ein „scharfes Schwert“, meint Ingmar Schiltz (SPD), gleichwohl seien Durchgangsverkehr vor und Elterntaxis zu Schulen eine „große Gefahr“. Und das Problem nicht neu, schon seit Jahren bekannt. Der Fokus solle auf die „Elternhaltestellen“ gelegt werden. Auch Marc Klein (CDU) findet: Schulstraßen nur als „ultima ratio“, wenn man mit den Hol- und Bringzonen gar nicht mehr weiterkomme. Es sei in der Tat eine „Katastrophe“, berichtet Christian Sondermann (GfS) von der Situation an der Schule seiner Kinder: „Verkehrschaos“. Diese Zonen brauche es überall - aber Schulstraßen würden das Chaos nur noch schlimmer machen, weil dann in großem Maßstab vor den gesperrten Straßen gewendet werde.
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Man sei mit jeder Schule intensiv in Kontakt und biete bereits Hilfe an, wenn der Bedarf an die Stadt herangetragen werde, berichtet Henrik Schumann. Die Verwaltung werde sich nochmals gezielt nach der Elterntaxi-Situation erkundigen.