Eichen. Seit einem Vierteljahrhundert wird auf dem Hanker in Eichen nur hier und da gebaut. Es fehlt eine Bahnunterführung. Nun gibt es neue Lösungen.

Der Hanker könnte eines der größten Kreuztaler Neubaugebiete sein. Die Planung ist so alt wie das Jahrhundert, verwirklicht werden konnten aber nur Teile: ein paar Sackgassen zweigen von der Hankerstraße ab, ein paar Wege zweigen von Struthbornweg, Stendenbacher Weg und Zum Möhnerschen ab. Die Haupterschließung aber, die Bedingung für die Bebauung des insgesamt 63 Hektar großen Gebietes ist, wurde nie gebaut: eine Bahnunterführung in der Verlängerung von Flipses Wiese, mit der das Gebiet an die B 517 angebunden worden wäre. Dieser Bau, räumt Stadtbaurätin Christina Eckstein ein Vierteljahrhundert nach Beschluss des Bebauungsplans ein, „ist de facto nicht möglich“.

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Das Verkehrsproblem

Im Infrastrukturausschuss wurde jetzt ein Verkehrsgutachten vorgestellt. Das hatte die Stadt bestellt, um zu klären, wie viele Bauplätze und damit wie viel Verkehr der Hanker verkraftet, wenn es beim bestehenden Wegenetz bleibt. Und dann soll umgeplant werden: an den Rändern etwas zurechtstutzen, dafür im Kern verdichten – immerhin fällt jetzt die fünf Hektar große Ausgleichsfläche an der Bahnstrecke weg, mit der das Wohngebiet gegen die Geruchsemissionen der längst nicht mehr produzierende Eichener Brauerei abgeschirmt werden sollte. Eine weitere Fläche wurde bisher wegen des von der Lärmbelästigung durch die Bahn freigehalten.

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Den Hanker erreichen Autos, Fahrräder und Fußgänger über vier Anknüpfungspunkte: die Bahnunterführung Stendenbacher Weg/Struthbornweg, den Bahnübergang Wendenhof/Zum Möhnerschen und von der Eichener Straße aus über die Hankerstraße und Auf dem Hammer. Wie viel Verkehr die aushalten? Theoretisch das Maximum von 1044 Wohnungen auf 464 Bauplätzen auf der noch verbliebenen Baulandfläche von 23 Hektar, rechnet Lothar Bondzio dem Infrastrukturausschuss vor.

An der Menge liegt es nicht: Bis zu 99 Autos in der Stunde fahren über den Stendenbacher Weg als „verträglich“ gelten bis zu 1000, ebenso auf der Eichener Straße, auf der höchstens 80 Autos pro Stunde fahren. Auch im Struthbornweg (Nachmittagsspitze: 46 Fahrzeuge pro Stunde) und in der Hankerstraße (57) ist noch Luft, in den Wohnstraßen sind bis zu 400 Fahrzeuge in der Stunde akzeptiert. Nur: Die Straßen sind zu schmal. Mindestens 4,10 Meter breit sollte eine Fahrbahn sein, auf der sich zwei Pkw mit Tempo 30 begegnen können, erklärt der Gutachter.

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Die Lösung

Bisher gibt es vier Stellen im Wohngebiet, an denen die Straßen schmaler sind. Was jetzt auch nichts macht: Einmal in der Stunde kommt es dort vor, dass Fahrzeuge sich begegnen. Das ändert sich allerdings, wenn das Wohngebiet aufgefüllt wird. Bei maximaler Ausnutzung mit 1044 neuen Wohnungen werden zum Beispiel im Eichenweg stündlich 17, im Joseph-Haydn-Weg 15, im Struthbornweg und Zum Möhnerschen je sieben Autos nicht aneinander vorbeikommen. Diese Straßenabschnitte, so empfiehlt der Gutachter, sollten auf mindestens fünf Meter verbreitert werden. „Hier lauern Probleme.“ Im Eichenweg kommt dazu, dass private Gärten sich auf die städtische Straßenparzelle ausgedehnt habe. Dort, so Lothar Bendzio, kommt eine Einbahnregelung infrage, wenn die Verbreiterung nicht möglich wird. „Es ist die Frage, wie man in Kreuztal miteinander umgeht.“

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„Das Ganze hat auch mit Eigentumsverhältnissen zu tun“, wendet Arne Siebel (CDU) an. Er erinnert daran, dass die Bahn den Übergang Zum Möhnerschen schon lange schließen will – ein weiterer Anbindungspunkt fiele dann weg. Das, so der Gutachter, werde aber nur möglich sein, wenn die Bahn auch eine Alternative anbiete. Tiefbauamtsleiter Roland Jarzina erinnert, dass die Bahn den Übergang geschlossen hätte, wenn die Unterführung Flipses Wiese gebaut worden wäre. Stadtbaurätin Christina Eckstein verweist darauf, dass ohnehin ein Umlegungsverfahren stattfinde, um die Bauplätze neu zuzuschneiden; in diesem Zuge komme die Stadt auch an den benötigen Straßenraum.

Wir können die Straßen nicht für die Begegnung von zwei Lastzügen ausbauen.
Lothar Bondzio, Gutachter

Nach Wegen für Fußgänger und Radfahrer fragt Dr. Sonja Timmermann (Grüne). So urban wird der Hanker nicht, beschwichtigt Lotar Bondzio. Fahrrad-Schutzstreifen werden ab 5000 Fahrzeugen pro Tag erlaubt, „davon sind wir weit entfernt“. Dieter Gebauer (Grüne) weist auf land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge hin, die durch das Wohngebiet auf ihre Weiden fahren: „Da wird es verdammt eng.“ Lothar Bondzio rät zum Augenmaß: „Wir können die Straßen nicht für die Begegnung von zwei Lastzügen ausbauen.“ Zweifel äußert Dieter Gebauer daran, dass die Hälfte des Verkehrs über den Bahnübergang Zum Möhnerschen ins Wohngebiet fährt (und 30 Prozent über de Hankerstraße, 20 Prozent über den Stendenbacher Weg): „Dafür ist die Schranke zu häufig zu.“

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Die Prognose

Die Nachfrage nach der zu erwartenden Zunahme des Verkehrs in Prozent will der Gutachter nicht beantworten: „Das wären erschreckend hohe Werte, die nichts aussagen.“ In der Maximalvariante mit über 1000 Wohnungen würde in der Verkehrsspitzenstunde am Nachmittag das Verkehrsaufkommen zum Beispiel im Stendenbacher Weg von 99 auf 196, auf der Eichener Straße von 80 auf 177, im Struthbornweg von 46 auf 143, in der Hankerstraße von 57 auf 203 Fahrzeuge anwachsen.

Hubertus Brombach (Grüne) fragt, warum die Stadt sich überhaupt dem Hanker zuwendet – Wohnungsbau werde aktuell an einer Reihe anderer Standorte in Kreuztal ermöglicht: Neue Mitte Buschhütten, ehemalige Deichwaldschule, Hofgut Langenau, Auf der Aue in Krombach, Bender-Gelände in Ferndorf, ehemaliger Ochsenweiher in Kredenbach. „Es geht nicht darum, dem Hanker im Ganzen zu erschließen“, sagt Stadtbaurätin Christina Eckstein, die Stadt werde bei der Ausweisung von Bauland „immer mit Augenmaß“ vorgehen. Arne Siebel (CDU) sieht das ähnlich: Der Hanker-Plan werde „sicherlich nicht von jetzt auf gleich“ verwirklicht. Den Auftrag zur Anpassung des Bebauungsplans erteilt der Infrastrukturausschuss einstimmig, die drei Grünen enthalten sich der Stimme.

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