Siegen. Alle wollen schnelles Netz, der Zorn ist groß, wenn‘s schiefgeht: Was man für entspanntes Surfen wissen sollte, warum der Wert des Hauses steigt.
Der Ausbau schnellen Internets kommt teilweise zwar etwas langsam in die Gänge, im Kreisgebiet tue sich derzeit aber einiges. Darauf weist die Beratungsstelle Siegen der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in einem Pressegespräch am Weltverbrauchertag (15. März) hin und gibt einen Überblick, was Bürgerinnen und Bürger wissen und worauf sie achten sollten.
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Die gute Nachricht: „Wir haben bisher wenig Beschwerden zum Thema Glasfaser“, sagt Verbraucherberaterin Astrid Goetze. Das heißt allerdings nicht, dass Interessierte nicht Einiges im Blick haben sollten oder dass es künftig nicht noch Ärger geben könnte. Der weiträumigere Ausbau habe in den Kommunen in Siegen-Wittgenstein nämlich erst 2023 begonnen oder starte im laufenden Jahr, erst in einigen Ortsteilen sei er bereits fertig. Für diese Angaben beruft sich Astrid Goetze auf Martin Schreier, Gigabitkoordinator des Kreises und als solcher Ansprechpartner in Fragen des Ausbaustands und bezüglich der ausbauenden Unternehmen.
Siegen: Schnelles Internet – beim Glasfaserausbau noch Luft nach oben
Der aktuelle Ausbaugrad für Glasfaser liege im Kreisgebiet bei rund 10 Prozent, sagt Astrid Goetze, bei Breitband – also Verbindungen mit mindestens 500 Mbit pro Sekunde im Download via Kabel – bei über 60 Prozent. Die Bundesregierung gibt auf ihrer Website das Ziel ihrer „Gigabitstrategie“ mit Glaserfaseranschlüssen an 50 Prozent der Häuser und Unternehmen in Deutschland bis Ende des Jahres 2025 an. Bis 2030 „soll es flächendeckend Glasfaseranschlüsse bis ins Haus und den neuesten Mobilfunkstandard überall dort geben, wo Menschen leben, arbeiten oder unterwegs sind“.
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Das Thema kann in der Praxis auf den ersten Blick etwas unübersichtlich wirken, ist aber gut handzuhaben, wenn Bürgerinnen und Bürger sich gut informieren. Dazu rät die Verbraucherzentrale ausdrücklich, „damit fundierte Entscheidungen getroffen werden können“, wie Julian Sturm, Leiter der Beratungsstelle Siegen, betont.
Siegener Glasfaser-Tipp 1: Anschluss steigert Wert einer Immobilie
Den Auftrag für einen Glasfaseranschluss müssen die Hausbesitzer stellen. In drei Kommunen in Siegen-Wittgenstein – Kreuztal, Burbach und Bad Berleburg – erfolgt der Ausbau im kommunalen Eigenbetrieb mit dem Unternehmen Greenfiber, wie Astrid Goetze erläutert. In neun Kommunen findet ein „eigenwirtschaftlicher Ausbau“ statt, hier sind Westconnect und „Glasfaser Plus“ aktiv. Dass diese Rechnung zwölf Kommunen ergibt, obwohl es im Kreis nur elf gibt, liege daran, dass in Kreuztal je nach Bereich beide Modelle Anwendung finden.
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Unabhängig davon, ob die Hausbesitzer selbst überhaupt schnelles Internet nutzen wollen, empfehlen die Fachleute, den in der Anfangsphase oft kostenlosen Anschluss legen zu lassen. Dieser sei nämlich „eine Investition in die Zukunft“, weil er den Wert der Immobilie steigert, wie Astrid Goetze unterstreicht. Gerade bei Mietshäusern sei zudem ein Faktor, dass Objekte ohne schnelles Internet für sehr viele Mieterinnen und Mieter unattraktiv sind.
Siegener Glasfaser-Tipp 2: Prüfen, wo der Anschluss endet
Es gibt drei Anschlussvarianten. Bei FTTC („fiber to the curb“) geht das Glasfaserkabel bis zum Schaltkasten in der Straße, bei FTTB („fiber to the building“) bis in den Keller und bei FTTH („fiber to the home“) bis in die Wohnung. Nur letztere Lösung sei ein „echter Glasfaseranschluss“, wie die Verbraucherzentrale klarmacht, denn bei den anderen Formen wird das Signal nur bis zur jeweiligen Schnittstelle über Glasfaser geleitet und läuft von dort über Kupferkabel weiter.
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Grob lasse sich zwar konstatieren, dass dabei erst ab einer Distanz ab 80 Metern über Kupferkabel die Geschwindigkeit spürbar leide, merkt Astrid Goetze an. Aber das könne bei FTTC schnell der Fall sein und in großen Mehrparteienhäusern ebenfalls rasch geschehen. Auch hierüber sollten die Nutzerinnen und Nutzer sich also vorher gut informieren.
Siegener Glasfaser-Tipp 3: Nicht ewig hinhalten lassen
Wer für einen Glasfaseranschluss unterschreibt und lediglich eine Eingangsbestätigung erhält, kann im Zweifelsfall noch verdammt lange auf die Umsetzung warten. Manche Anbieter wollen erst abwarten, ob weitere Immobilienbesitzerinnen und -besitzer im Umfeld einsteigen. Erst die Auftragsbestätigung gibt Aufschluss über den tatsächlichen Start.
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Sollte es zu lange dauern und der Anbieter dann nicht von sich aus stornieren, sollte eventuell über eine Kündigung nachgedacht werden – aus anderen Regionen, sagt Astrid Goetze, seien nämlich auch Fälle bekannt, in denen die Projekte sehr lange auf Eis lägen.
Siegener Glasfaser-Tipp 4: Genau über den Tarifvertrag nachdenken
Das Angebot für einen kostenlosen Glasfaseranschluss ist häufig daran geknüpft, bei einem bestimmten Anbieter einen Tarif abzuschließen: Bei Glaserfaser Plus sei dies etwa die Telekom, bei Westconnect E.ON. Wer lediglich den Anschluss möchte, aber keinen Vertrag, müsse dann mit Kosten von rund 800 bis 1550 Euro planen, erklärt Astrid Goetze. Es biete sich also an, durchzurechnen, ob die Sache mit einem Tarifvertrag nicht vielleicht doch attraktiver wird.
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Zu beachten ist dabei: Verträge, die beispielsweise für die ersten drei Monate mit um die 20 Euro locken, könnten nach sechs, neun, zwölf Monaten spürbar teurer werden. Je nach gebuchter Verbindungsgeschwindigkeit kann das für gewöhnliche Haushaltsanforderungen auf mehr als 50 Euro, bei Kapazitäten bis 1000 Mbit/Sekunde auch auf 80 bis 90 Euro hochgehen. Tipp der Verbraucherschützerin: Beim Abschluss erst einmal eine moderate Geschwindigkeit wählen. Upgrades auf höheres Tempo seien später für gewöhnlich kein Problem – Downgrades jedoch schon.
Siegener Glasfaser-Tipp 5: Bei Haustürgeschäften auf der Hut sein
Wie immer gilt: Nicht einfach irgendetwas unterschreiben – und Vorsicht bei Haustürgeschäften! Dass die Vermarktung auch an der Haustür erfolgt, sei zwar legal und bei diesem Thema nicht unüblich, wie Astrid Goetze erzählt. Doch sobald der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin einen fordernden oder aggressiveren Ton anschlagen, sollte man das Gespräch beenden, sich keinesfalls unter Druck setzen lassen. Zwar seien an vielen Stellen Fristen zu berücksichtigen, doch sei nie eine sofortige Entscheidung noch in der Beratungssituation zwingend.
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Sollte die Behauptung fallen, es sei ein unmittelbarer Entschluss notwendig, weil der bisherige Anschluss zeitnah abgeschaltet werde, „dann ist das eine glatte Lüge“. Das könne zwar irgendwann aufgrund der Verschiebung technischer Standards durchaus passieren, aber eher in „vielleicht fünf oder zehn Jahren“.
Siegener Glasfaser-Tipp 6: Nichts auf dem Tablet unterschreiben
Unterschriften auf Tablets sind keine gute Idee, mahnt die Verbraucherschützerin. Tatsächlich habe es in der Beratungsstelle in Siegen einen Fall gegeben, wo ein Kunde auf einem Tablet drei Unterschriften leistete und dann Post bekam: Den Glasfaseranschluss bekomme er in anderthalb Jahren, dafür sei allerdings jetzt sein Festnetzvertrag beim bisherigen Anbieter gekündigt und bei einem neuen Anbieter gelandet. Die Angelegenheit habe sie im Interesse des Betroffenen geradebiegen können, berichtet Astrid Goetze, „aber es war mehr oder weniger Kulanz“ des Unternehmens.
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Von Unterschriften auf Tablets rät sie grundsätzlich ab, weil den Leuten oft nicht klar sei, was sie da faktisch unterschreiben: Mitunter lasse sich nicht einmal scrollen, auf wie viele Seiten und worauf sich die Unterschrift bezieht, sei nicht immer nachvollziehbar. Stattdessen sollten sich Kundinnen und Kunden die Unterlagen geben lassen, sie in Ruhe lesen, sich für die Entscheidung Zeit nehmen und sie dann dem Anbieter zuschicken.
Siegen: Hier gibt es Beratung und Tipps zu Glasfaser-Anschlüssen
Die Verbraucher-Beratungsstelle in Siegen, Friedrichstraße 1, ist unter Telefon 0271/80939301 zu erreichen und online über verbraucherzentrale.nrw/siegen zu finden. Astrid Goetze empfiehlt für mehr Informationen zum Thema außerdem die Website verbraucherzentrale.nrw/glasfaseranschluss
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