Siegen-Wittgenstein. Reisewarnungen, Quarantäne-Pflichten, Online-Kriminalität: Herausforderungen im Corona-Jahr 2020. Die Verbraucherzentrale Siegen zieht Bilanz.
Das Ausbrechen der Corona-Pandemie im vergangenen Jahr brachte viel Unvorhersehbares für Verbraucherinnen und Verbraucher mit sich – für manche auch Unsicherheiten und Existenzängste. Auch das Team der Beratungsstelle der Verbraucherzentrale Siegen musste im Mai 2020 spontan aus dem Homeoffice heraus die Verbraucher beraten: Angesichts von Reisewarnungen, Quarantäne- und Testpflichten, Absagen und Umbuchungen drehten sich dabei viele Fragen ums Thema Reisen. Doch auch Anliegen zum Thema Online-Handel hatten Hochkonjunktur. Die Verbraucherzentrale warnt in diesem Zusammenhang vor Internet-Betrügern – und zog eine Bilanz für ein turbulentes Jahr.
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„Wir mussten selbst neue Wege ausprobieren, als wir anfangs nicht vor Ort arbeiten konnten“, sagt Julian Sturm, Beratungsstellenleiter der Verbraucherzentrale in Siegen bei der Vorstellung des Jahresberichts. Anfangs konnten deshalb die rund 5150 Verbraucheranliegen nur telefonisch und per E-Mail bearbeitet werden. „Manche Leute hatten plötzlich sehr akute Sorgen, da lagen die Nerven am anderen Ende der Leitung schonmal blank.“
Die Verbraucherzentrale
Viele hätten sich deshalb sehr dankbar gezeigt, dass eine Beratung aus der Ferne möglich war. „Manche Verbraucher mit eingeschränkter Mobilität waren sogar erfreut, dass sie ihr Anliegen aus der Distanz klären konnten – wir beraten ja im ganzen Kreisgebiet“, berichtet Julian Sturm.
Natürlich sei aber die persönliche Beratung – die man dann im Mai vergangenen Jahres vorsichtig wieder aufnehmen konnte – unverzichtbar. Unter strikter Einhaltung der Hygienevorgaben sei diese wieder „ein Schritt hin zum normalem Verbraucheralltag.“ Und doch überlege die Verbraucherzentrale Siegen auch nach Corona nicht ganz auf die Distanz-Beratung zu verzichten. Die vergangenen Monate hätten gezeigt, „dass die von uns angebotenen digitalen Alternativen sehr gut funktionieren und wir sie auch beibehalten werden“, sagt Julian Sturm. Eine eigens für Corona-Probleme eingerichtete Hotline wurde im vergangenen Jahr beispielsweise gut angenommen – und 719 mal angerufen.
Die Fragen rund um Freizeit und Corona steigen in Siegen rasant
Fragen rund ums Thema Freizeit machten im Jahr 2020 insgesamt 24 Prozent aus – hier verzeichnet die Beratungsstelle in Siegen einen rasanten Anstieg. Im Jahr 2019 waren es unter 10 Prozent. Beratungen zu Dienstleistungsthemen fielen mit 19 Prozent hingegen ähnlich häufig wie im Vorjahr aus. Fragen zu Telefon und Internet lagen bei 16 Prozent. Anliegen zum Thema Konsumgüter machten 12 Prozent der Anfragen aus – zum Thema Finanzen 11 Prozent.
Beratungs-Kontakte
Wegen des Lockdowns berät die Verbraucherzentrale zur Zeit noch nicht persönlich. Die Beratungsstelle Siegen ist jedoch telefonisch sowie über das Kontaktformular auf der Internetseite erreichbar.
Kontakt: 0271/809393-01, www.verbraucherzentrale.nrw/siegen.
„Reiseumbuchungen war ein Dauerbrenner-Thema übers ganze Jahr. Von März an hat man sich schonmal gefühlt wie im Reisebüro“, sagt Julian Sturm. Im März und April hätte es täglich neue Informationen gegeben. Kein Wunder, dass dieses Thema in der Statistik der Beratungsstelle unter dem Punkt „Freizeit“ ganz oben stand: Sich ständig ändernde Quarantäne-und Test-Regeln, Umbuchungen und Stornierungen hätten die Verbraucher stark verunsichert. „Manche Leute haben täglich mehrmals erfolglos versucht ihren Reiseveranstalter anzurufen, die waren sehr erleichtert, wenn wir sie dann beraten konnten“, so Julian Sturm.
Verbraucherzentrale Siegen will zu Ärger mit Abzocke vorbeugen
Bei Veranstaltungs-Stornierungen beklagten ebenfalls viele Verbraucher, oft schleppende oder gar verweigerte Rückzahlungen zu erhalten. Oft seien Betroffene mit Gutscheinen vertröstet worden. „Besonders verärgerte die Menschen, wenn Anbieter auf ihre Anfragen gar nicht oder erst nach Wochen reagierten“, berichtet der Beratungsstellenleiter.
Zu Dienstleistungs-Forderungen, die nach Angabe von Verbrauchern oft weit überzogen gewesen seien, wurden im vergangenen Jahr ebenfalls viele Fragen gestellt: Schlüsseldienste, Rohrreinigungs- und Schädlingsbekämpfungs-Notdienste seien Dauerärgernisse. „Über 1600 Euro sollte ein Wilnsdorfer beispielsweise für das Beheben einer Rohrverstopfung bezahlen“, erzählt Julian Sturm. Der Fall liege jetzt bei der Rechtsberatung der Verbraucherzentrale. Anlässlich des Weltverbrauchertags klärte die Beratungsstelle deshalb auf, wie sich Ärger und Abzocke vermeiden ließen. Unter anderem sei wichtig, im Vorhinein darauf zu achten: „Woher kommt der Anbieter? Damit man keine hohen Anreisegebühren bezahlen muss.“
Zahl der Lieferungen steigt deutlich – Verzögerungen nicht einfach hinnehmen
Online-Betrugsfälle – Im vergangenen Jahr laut Beratungsstelle besonders oft Thema. Zu häufig, so der Beratungsstellenleiter, „gelangen Betroffene auf gefälschte Internetseiten.“ Immer wieder sei von Fakeshops oder -E-Mails berichtet worden – oder auch von irreführender Werbung zu Sofortkrediten: „Immer wieder suchten Verbraucherinnen und Verbraucher unseren Rat, die auf unseriöse Angebote oder gezielte Betrugsmaschen im Internet hereingefallen waren und dann mit untergeschobenen Verträgen oder mangelhaften Warenlieferungen zu kämpfen hatten“, erzählt Beratungsstellenleiter Julian Sturm. Dass auf Kosten der Betroffenen eingekauft oder auf ihre Namen Verträge abgeschlossen worden waren, erfuhren die Personen erst, wenn sie unbekannte Abbuchungen feststellten oder sogar Inkassoschreiben im Briefkasten landeten.
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Verspätete Online-Lieferungen beschäftigten ebenfalls viele Verbraucher in einem Jahr, in dem plötzlich sehr viel mehr im Internet bestellt wurde als zuvor. Die Verbraucherzentrale befragte hierzu 188 Menschen, die im Internet Bestellungen aufgegeben hatten. Bei nur 62 Prozent wurde der angegebene Liefertermin eingehalten. Die Beratungsstelle empfiehlt für solche Fälle die Setzung einer angemessenen Nachfrist zur Lieferung. Liefere der Händler auch innerhalb dieser Nachfrist nicht, könne man vom Vertrag zurücktreten. Julian Sturm erklärt: „Was viele nicht wissen: Online-Shops müssen eine konkrete Lieferfrist angeben und diese auch einhalten. Nachträgliche Veränderungen der Lieferfrist aufgrund von Produktions- oder Lieferschwierigkeiten des Händlers müssen Kundinnen und Kunden nicht akzeptieren.“