Netphen. Der Glasfaser-Hauanschluss ist am Ende da, Weg und Einfahrt sind aber kaputt. Die Kommunen kommen kaum nach – Beispiele aus Netphen.

Diese Baustellen sind anders: kein ruhiges Arbeiten, keine bekannten Gesichter, kein überschaubarer Aufwand, Die Mannschaften, die Glasfaserkabel bis zu den Häusern verlegen, kommen mit großem Aufgebot, arbeiten schnell und großflächig. Die Klagen über die Schäden, die sie zurücklassen. sind gewaltig. Es trifft nicht „nur“ die Stadt, sondern auch Privatleute.

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Das macht Ärger

Joe Mertens aus der Müdersbergstraße hatte gerade Verbundsteinpflaster in die Einfahrt verlegt. „Das ist jetzt hin.“ Der Versuch, die Steine neu zu verlegen, ist – wenn er denn überhaupt unternommen wurde – gescheitert. „Beim nächsten Regen sind mir die Steine weggeschwommen.“ Schaden: rund 1200 Euro. Die Garageneinfahrt wurde aufgerissen und nach Verlegen des Kabels nur noch geschottert. Einen Nachbarn habe es auch arg getroffen, berichtet Joe Mertens: „Dem haben sie die Hecke abgebrannt.“ Als sie das Material zum Abdichten des Asphalts erhitzt hatten.

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„Kies fliegt gegen parkende Autos“

Andere Netphener erzählen andere Geschichten – der „Mängelmelder“ auf der städtischen Homepage ist gut gefüllt. Von-Galen-Straße: „Im Zuge der Arbeiten wurde die Straßendecke nicht unerheblich beschädigt. Insbesondere im Bereich der Gullideckel. Nicht geteerte Zufahrt in die Straße.“ Oder aus der Stauffenbergstraße: „Schweres Schlagloch nur mit Kies gefüllt. Kies fliegt gegen parkende Autos.“ Und Auf der Höh in Beienbach: „Durch die Glasfaserausbauerdarbeiten wurde die gesamte Straßenrandbefestigung zum Graben hin gelockert und nicht wieder befestigt. In Folge dessen hat sich der Straßenbelag gelöst und es entstanden besonders an der zuvor befestigen Seite viele Löcher, die ein Sicherheitsrisiko für Mensch und Auto darstellen.“

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Weiter in die Schnellenbergstraße, ebenfalls Beienbach: „Nach der Verlegung des Glasfaserkabels wurde der geschaffene Graben nur unzureichend verfüllt und befestigt. Im Bereich der Viehtrift wurde letztes Jahr nachgebessert, allerdings mit ungeeignetem Material. Bei Regen verwandelt sich alles in Matsch.“ Die Waldstraße in Deuz: „Der Gully ist voll mit Sand und Splitt.“ Noch einmal Waldstraße: „Im Bereich zur Einmündung Feuersbacher Straße steht nun seit Wochen eine Warnbake, der Gehweg ist geöffnet, es fehlen die Platten beziehungsweise Pflastersteine. Im Bereich unterhalb der Deuma fehlt das Fugenmaterial gänzlich oder teilweise, nachdem man zwei Wochen gebraucht hat, um die Platten zu verlegen, und am Gehweg unterhalb des Sportplatzes an der Waldstraße fehlt die komplette Asphaltschicht.“

Das Glasfaserkabel liegt, Bürgersteig und Einfahrt sind ramponiert. 
Das Glasfaserkabel liegt, Bürgersteig und Einfahrt sind ramponiert.  © Joe Mertens | Joe Mertens

Darum ist das so

Dass die Bauarbeiten für die Glasfaser-Hausanschlüsse Ärger machen würden, lag von Anfang an auf der Hand: Die Unternehmen können nach Belieben Aufbruchgenehmigungen beantragen, die ihnen wegen der Bedeutung der Breitbandversorgung nicht versagt werden dürfen. Sie müssen sich auch nicht mit den Kommunen abstimmen – so dass es durchaus vorkommt. dass eine gerade zum Beispiel nach einem Kanalbau wieder hergestellte Fahrbahn ein weiteres Mal aufgebrochen wird. Da in manchen Ortsteilen und Wohnvierteln gleich mehrere Netzbetreiber investieren, kommen auch mehrfache Aufbrüche derselben Straße vor.

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„Es haben viele Ortstermine stattgefunden“, sagt Netphens Beigeordneter Andreas Fresen, „wir haben Druck aufgebaut.“ Gesprächspartner der Stadt ist das mit der Telekom verbundene Unternehmen „Glasfaser Plus“, das in Netphen den Stadtmitte-Bereich anschließt – dazu gibt es einen „Letter of Intent“, in der Stadt und Unternehmen sich ihre Zusammenarbeit zu sichern. Für die anderen Stadtteile gibt es dieselbe Konstruktion mit „Glasfaser Direkt“, die ihren Betrieb nach einer Insolvenz mit neuem Gesellschafter gerade wieder aufnimmt. Mit den Bauarbeiten beauftragen die Netzgesellschaften Baufirmen der eigenen Wahl. „Die arbeiten natürlich anders“, sagt Andreas Fresen über das in Netphen eingesetzte Personal, das anscheinend nicht nur aus gelernten Kräften besteht.

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Stadt lässt sich fünf Jahre Gewährleistung geben

„Erfüllen Sie nicht alle Anforderungen? Überzeugen Sie uns von Ihrer Motivation!“ schreibt das Unternehmen, das auf seiner Homepage „Glasfasertechniker FttH“ sucht und unter anderem mit dem Netphener Stadtwappen als Referenz wirbt. „Da sind wir raus“, sagt der Netphener Beigeordnete, der andererseits auch sieht, dass den Netzgesellschaften keine andere Wahl bleibt. Örtliche Fachfirmen nähmen die Aufträge gar nicht erst an, „die sind voll“. Die Stadt hat sich von der Telekom für ihre Straßen eine fünfjährige Gewährleistung geben lassen. „Wir kontrollieren, wo wir können.“ Nach viereinhalb Jahren werde kontrolliert, ob die wiederherzustellende Fahrbahndecke gehalten hat.

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Diese Sicherheit haben Anlieger für ihre Privatgrundstücke nicht – sie werden von der Telekom „an unseren Ausbaupartner vor Ort“ verwiesen. Beobachtet werde allerdings, dass die Zahl der Beschwerden zurückgehe. „Die Firma ist jetzt mehr sensibilisiert“, vermutet Andreas Fresen, „die Leute lernen ja auch.“ Straße für Straße.

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