Kreuztal. Die Entscheidung, wo die Stadthalle wieder aufgebaut wird, rückt näher. Die Stimmung im Rat bleibt gereizt.

So richtig weihnachtlich wurde es im Kreuztaler Rat allenfalls nach der Sitzung am Büfett. Einerseits war die Tagesordnung nicht dazu angetan: Kanal- und Wassergebühren werden erhöht - „leider notwendig“, stellte Michael Kolodzig (SPD) fest. „Für Familien ist die Mehrbelastung kaum noch zu stemmen“, räumte Arne Siebel (CDU) ein. Andererseits ist spätestens seit Beginn der Sommerpause die grundsätzliche Harmonie dahin, und das in einem Maße, dass sich Anna Wetz (Grüne) zu einer förmlichen Anfrage veranlasst sah: Ob es Bürgermeister Walter Kiß wohl möglich wäre, wieder eine sachliche Arbeitsatmosphäre herzustellen ...

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Warum die Harmonie im Rat dahin ist

Der große Krach hatte begonnen, als eine Ratsmehrheit gegen die SPD-Fraktion und gegen den Vorschlag des Bürgermeisters eine „Konzeptstudie“ zum Wiederaufbau der abgebrannten Stadthalle durchgesetzt hatte: Verglichen werden soll der Wiederaufbau am jetzigen Standort mit einem Neubau auf dem Parkplatz Stählerwiese. An dieser Entscheidung hängt die Erweiterung des Schulzentrums: entweder als vierte Ebene auf dem Dach von Gymnasium und Gesamtschule, wie schon 2019 beschlossen, oder als Erweiterungsbau auf dem jetzigen Stadthallen-Standort. Öl ins Feuer gegossen hatte der SPD-Ortsverein Kreuztal-Ferndorftal mit einem Flugblatt, das an die Nutzer des Parkplatzes verteilt wurde: Sollte da das Bürgerforum gebaut werden, wären die Parkplätze weg - und in der Folge auch die beliebten Veranstaltungen in Dreslers Park.

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Ob die Verwaltung denn nun „auf die SPD einwirken“ werde, die Falschbehauptungen verbreite, wollte Arne Siebel (CDU) nun wissen. Darauf habe er „keinen Einfluss“, erwiderte Bürgermeister Walter Kiß. Julian Maletz (SPD) holte sich daraufhin eine Rechtsauskunft: Ob die ordnungsbehördliche Verordnung der Stadt politische Flugblätter verbiete - und wenn, „wie ist das mit der Meinungsfreiheit vereinbar?“ Wenn es sich um kommerzielle Werbung gehandelt hätte, so die Antwort des Bürgermeisters, wäre die SPD-Aktion eine Ordnungswidrigkeit gewesen. Aber selbst dann hätte es im Ermessen der Ordnungsbehörde gestanden, ob sie einschreitet oder nicht.

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Wie weit der Stadthallen-Brand aufgearbeitet ist

Zum Jahresabschluss munitioniert hatten sich CDU, Grüne, FDP und UWG mit einer siebenteiligen Anfrage und den dazu von der Verwaltung vorgelegten Antworten. Danach hat die Stadt nach wie vor keinen Einblick in das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft, „die Aushändigung der Akte steht noch aus“. Dafür sei nun eine „weitestgehende Einigung“ bei der Ermittlung der Schadenshöhe in Sicht; darüber will die Verwaltung dem Infrastrukturausschuss im Februar berichten. Beides - Schadensermittlungen und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft - waren Gründe, warum mit dem Wiederaufbau bisher nicht begonnen werden konnte. Das wiederum war ein Argument für die Ratsmehrheit, dass die Konzeptstudie keine weitere Verzögerung verursache.

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Was im Februar und März entscheiden wird

Die ebenfalls für Februar erwartete Konzeptstudie werde einen Zeitplan für den Wiederaufbau beinhalten, kündigt die Verwaltung an. Außerdem werde das Vorhaben in ein städtebauliches Gesamtkonzept eingebunden, um damit Fördermittel des Landes einzuwerben. Die bisher erhaltenen Zuschüsse für das kurz vor der Fertigstellung am 16. Mai 2022 abgebrannte Bürgerforum hatte die Stadt zurückzahlen müssen. Der Rat soll dann im März über den Standort entscheiden. Die Konzeptstudie kostet rund 27.000 Euro, zusätzlich sind bis zu 45.000 Euro an die Landesentwicklungsgesellschaft NRW Urban zu zahlen, die mit der Projektsteuerung beauftragt wurde.

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In der Debatte im Sommer hatte der Brandschutz eine Rolle gespielt. Die Verwaltung hatte dargestellt, dass für das gesamte Schulzentrum ein neues Brandschutzkonzept erstellt und umgesetzt werden muss, wenn eine weitere Ebene auf den Gebäudekomplex gesetzt wird. Wie teuer das wird, soll ebenfalls im Februar im Infrastrukturausschuss vorgestellt werden. Für das Bürgerforum an seinem jetzigen Standort liege ein genehmigtes Brandschutzkonzept bereits vor, betont die Verwaltung.

Warum das Schulzentrum nicht längst erweitert ist

Gefragt hatten die vier Fraktionen auch, warum die bereits 2019 beschlossene Erweiterung des Schulzentrums nicht längst verwirklicht worden ist - wäre das geschehen, müsste jetzt nicht unter Zeitdruck über die Stadthalle entschieden werden. 2026/27 gibt es erstmals wieder eine Jahrgangsstufe 13, die die zusätzlichen Räume braucht. Die Verwaltung weist darauf hin, dass seit 2020 zwei zusätzliche Bauleiter für das neue Bürgerforum, die alte Stadthalle, eingesetzt wurden. „Zur Befassung mit dem Projekt Aufstockung wären jedoch entsprechende zeitliche Kapazitäten bei diesen Personen erforderlich gewesen.“ Im Februar 2022 wurde mit der Vorbereitung der Planung begonnen, ab Mai sei dann aber - neben den anderen Hochbauprojekten - die Aufarbeitung des Brandschadens als neue Aufgabe dazugekommen. Bis zum Frühjahr 2023 sei es Dann ging Amtsleiter Frieder Bosch in Rente, seine Stelle und zwei weitere Stellen hätten bis Frühjahr 2023 nicht wieder besetzt werden können. Eine Vergabe der Planungsaufträge an externe Planungsbüros hätte nichts gebracht, sagte Walter Kiß auf Nachfrage von Philipp Krause (CDU). „Auch die müssen begleitet werden, das bindet ebenfalls Personal.“

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Warum Dreslers Park leiden könnte

Gefragt haben die vier Fraktionen schließlich nach den Folgen für Dreslers Park, wenn die Stadthalle in der Stählerwiese gebaut würde. „Dass bei einem größeren Neubau auf dem Parkplatz Stählerwiese Stellflächen entfallen würden, liegt auf der Hand.“ Die Konzeptstudie werden aufzeigen, ob und wie Ersatz geschaffen werden kann. „Mittelbare Auswirkungen auf einzelne Veranstaltungsformate wären nicht auszuschließen, können aber derzeit nicht abschließend beurteilt werden.“ Im SPD-Flugblatt war das Ende des Weihnachtsmarkts „Lichterglanz im Park“ vorausgesagt worden. Die Händler würden auch nach der Bauzeit nicht wiederkommen, weil sie sich dann längst zu anderen Märkten orientiert hätten.

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