Siegen. In Siegen-Wittgenstein lief die Besetzung von Ausbildungsplätzen 2023 ganz gut, im Kreis Olpe nicht. Die Wirtschaft steht vor Herausforderungen.
Der regionale Ausbildungsmarkt blieb 2023 hinter den Erwartungen der Industrie- und Handelskammer (IHK) Siegen zurück. „Das positive Signal ist sehr schwach“, bilanziert Geschäftsführerin Sabine Bechheim. „Wir hatten uns einen deutlicheren Anstieg erhofft.“
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Insgesamt 1944 neu geschlossene Lehrverträge bedeuten im Kammerbezirk, zu dem die Kreise Siegen-Wittgenstein und Olpe gehören, einen Anstieg von 2,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Dieser Zuwachs ist ermutigend für die Betriebe, die nach wie vor ihre Stellen nicht besetzen können. Doch die Risiken steigen bei genauerer Betrachtung“, ergänzt die Expertin. Zwischen den beiden Kreisen gibt es nämlich deutliche Unterschiede.
Siegen: Ausbildung in Elektroberufen mit fortschreitender Digitalisierung gefragter
Siegen-Wittgenstein biete dabei mit einem Zuwachs von 5,4 Prozent ein positives Bild. Besonders die gewerblich-technischen Berufe – mit einem Anstieg von 10,5 Prozent – „gewinnen offenbar wieder an Attraktivität“, wie die Kammer schreibt. „Es freut uns zu sehen, dass die Jugendlichen das Potenzial erkennen und sich für diese Berufe entscheiden“, hebt die IHK-Geschäftsführerin hervor.
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Besonders auffällig sei zudem der Anstieg der Elektroberufe, in denen im Kreis Siegen-Wittgenstein fast ein Drittel mehr Ausbildungsverträge abgeschlossen wurden als im Vorjahr. „Hier macht sich die zunehmende Digitalisierung der Wirtschaft bemerkbar, da dieser Anstieg vor allem den IT-Berufen zuzurechnen ist, die hierunter gefasst sind“, ordnet die IHK die Entwicklung ein. Bei den Industriekaufleuten stieg die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge in Siegerland und Wittgenstein um mehr als 10 Prozent. Den größten Rückgang mussten die Betriebe in den gastronomischen und in den Lagerberufen hinnehmen (-17,6 beziehungsweise -16,2 Prozent).
IHK Siegen: Unternehmen müssen jungen Menschen Perspektiven bieten
Im Kreis Olpe hingegen sei die Situation kritisch. Mit einem Rückgang von 3,6 Prozent bei den neu eingetragenen Ausbildungsverhältnissen (- 8,8 Prozent bei den gewerblich-technischen Berufen) zeige sich, dass der demografische Wandel hier bereits eine größere Rolle spielt. Gleichzeitig schwäche sich das Aufnahmevermögen der Betriebe aufgrund der konjunkturellen Entwicklung ab. „Der Kreis Olpe steht exemplarisch für die anstehenden Veränderungen in der Region“, erläutert Sabine Bechheim. „Wir haben nach wie vor einen hohen Bedarf an Fachkräften, insbesondere bei den gewerblich-technischen Industrieberufen. Gleichzeitig flaut die Konjunktur nachhaltig ab. Die Ursachen dafür reichen von der A45-Brücken-Lücke bis zu den Energiekosten. Wenn jetzt das falsche Signal bei den Jugendlichen ankommt, entscheiden sich noch weniger für eine Ausbildung etwa in den Metall- und Elektroberufen.“
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Ein nach wie vor besorgniserregender Trend sei die verlängerte Schulzeit vieler Jugendlicher, die zum Beispiel an den Berufskollegs vollzeitschulische Bildungsgänge bevorzugen. „Es ist ein Dilemma: Einerseits bieten die Berufskollegs hervorragende Bildungsmöglichkeiten, andererseits gehen viele Jugendliche diesen Weg, obwohl sie bereits für eine Ausbildung geeignet wären“, kommentiert die IHK-Geschäftsführerin. „Wir möchten die jungen Menschen ermutigen, ihre Talente und Interessen frühzeitig praktisch zu erproben.“ Die duale Ausbildung sei ein Erfolgsmodell, „das wir schützen und stärken müssen“. Es liege in der Verantwortung der Unternehmen, den jungen Menschen Perspektiven zu bieten und gleichzeitig den Fachkräftebedarf zu decken. Die IHK unterstützt dabei nach eigenen Angaben mit etlichen Projekten. Hierzu hat die IHK-Vollversammlung auch für 2024 ein sechsstelliges Budget freigegeben.
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