Siegen. Siegen hat wenig geeignete Windenergie-Flächen – aber die will die Stadt nutzen. Grüne: Vielleicht 10 neue Anlagen „wenn wir optimistisch sind“.
Viel Platz zum Bauen hat Siegen nicht. Für vieles nicht – und auch für Windenergieanlagen nicht. Gleichwohl steigt das Interesse, Windräder zu errichten: Von Grundstückseigentümern und Waldgenossenschaften, die ihre brachliegenden Kalamitätsflächen wieder wirtschaftlich nutzen wollen. Von Investoren, weil solche Projekte lukrativ sind. Und auch von der Kommunalpolitik, um die Versorgungssicherheit mit nachhaltiger Energie vor Ort zu erhöhen.
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1,8 Prozent der Fläche NRWs soll für den Windkraftausbau zur Verfügung stehen, in Siegen ist ein solcher „Windenergiebereich“ nördlich von Obersetzen vorgesehen, an der Grenze zu Kreuztal. Dort ist der Ausbau „privilegiert“, die Behörden vor Ort müssen kaum etwas tun, um den von höherer Stelle gesteuerten Ausbau voranzutreiben. Diese eine Fläche reicht der Stadt aber nicht; sie hat einen Grundsatzbeschluss auf den Weg gebracht, um mit den steigenden Anfragen verlässlich und einheitlich umgehen zu können. Wird es konkret, muss im Einzelfall der Flächennutzungsplan geändert und ein Planverfahren gestartet werden.
Vorsichtig optimistisch: Vielleicht 10 Windräder für Siegen – „werden damit nicht die Welt retten“
„Siegen hat sich mit Erneuerbaren Energien sicher nicht hervorgetan“, sagte Thomas Christian (SPD) im Umweltausschuss, der am Dienstag mehrheitlich zustimmte. „Wir haben großen Nachholbedarf, ganz sicher.“ Und auch wenn der Wind in Siegen eingeschränkter wehe als anderorts: „Die Potenziale, die wir haben, sollten wir ausschöpfen.“ Die geeigneten Flächen sind zwar in der Tat begrenzt, aber doch durchaus vorhanden. Ausschussvorsitzender Joachim Boller (Grüne) schätzte die Zahl der Windkraftanlagen in der Stadt auf „vielleicht zehn, wenn wir optimistisch sind“. Siegen spiele nur eine Nebenrolle bei der Windkraft. „Mit unseren Anlagen werden wir die Welt nicht retten.“
Die Verwaltung hat für ihren Grundsatzbeschluss Kriterien aufgestellt, wo Windräder in Frage kommen, „städtebaulich verträglich“, also vor allem: weit genug weg von Wohnbebauung; konkret: 750 Meter. Diese Radien hat die Stadt angewendet und kommt auf einige weiße Flächen in Siegen, wo zumindest aus Sicht der Stadt nichts dagegen spricht, Windräder zu errichten (siehe Grafik). Im Eiserfelder Süden, an der Grenze zu Neunkirchen, sind die Pläne für Siegens ersten Windpark auf der Kreuzeiche bereits weit gediehen.
Ausbau geht voran: In Siegen-Breitenbach sind zwei neue Windräder geplant
Die Stadt ist bei der Genehmigung nicht zuständig etwa für den Artenschutz, die weißen Flächen könnten also noch kleiner werden, erläutert Volker Meier, Abteilung Stadtentwicklung. Für Investoren und Verwaltung sei der Grundsatzbeschluss ein großes Stück Sicherheit, weil so mit politischer Rückendeckung signalisiert werde: Die Stadt unterstützt dieses Vorhaben, sie hat nichts dagegen, dass die nächsten Schritte, wie Artenschutzgutachten, unternommen werden. Die meisten Flächen, meinte Christian Zybill (CDU), seien doch ohnehin „plattgemacht und abgeholzt“ – mit allzu großen Problemen müsse man beim Artenschutz vermutlich nicht rechnen.
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Die Hälfte der wenigen Potenzialflächen verteile sich um Breitenbach herum, wandte Christian Sondermann, GfS-Fraktion, ein. Dort sind, wie in der Sitzung angekündigt wurde, zwei weitere Windkraftanlagen geplant; eins der bislang zwei Windräder auf Siegener Stadtgebiet steht in diesem Bereich. „Wenn wir der Meinung sind, in Breitenbach stehen zu viele, müssen wir da auch nicht mehr genehmigen“, erläuterte Volker Meier. Es handle sich um einen Grundsatzbeschluss und keine konkrete Planung, die etwas zulässt oder verhindert. Es gehe darum, aufzuzeigen, wo Anlagen entstehen könnten. „Wir machen die Tür ein Stück weit auf, damit wir mehr Anlagen installieren können, als das Land bei uns vorsieht“, pflichtete Henner Klaas (CDU) bei.
Siegen: Politiker kontert AfD-Behauptung – „wir Breitenbacher sind froh über Windräder“
Grünen-Fraktionschef Michael Groß zeigte sich skeptisch. „Wir haben schon jede Menge beschlossen“, erinnerte er, „allen Beschlüssen war eines gemeinsam: Am Ende hatten wir nicht mehr Windenergie.“ Schon oft habe die Politik gedacht, dass sie die Tür öffne, „sie war aber nie auf.“ Man wolle nicht das nächste Paket verabschieden, das womöglich dazu führe, Investoren eher abzuschrecken. „Überall wird geplant und gebaut, bei uns aber eher marginal.“ Der Unterschied heute aber sei das starke Interesse der Waldgenossenschaften, entgegnete SPD-Mann Christian Thomas.
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Benjamin Grimm, Freie Wähler, wies die Behauptung von AfD-Frau Barbara Dylong zurück, laut derer die Bürger von Obersetzen und Breitenbach „überhaupt nicht einverstanden“ mit Windenergieanlagen seien und „schon dagegen protestieren“ würden. „Die Breitenbacher sind froh darüber“, sagte der Stadtverordnete, der selbst im Ortsteil wohnt. „Wir hätten uns das schon vor Jahren gewünscht. So viel dazu.“