Siegen. Die Bürgerinitiative Leimbachtal will sich gegen Wohncontainer für Obdachlose am Stadion juristisch wehren. Anlieger haben nach wie vor Angst.
Gegen die Aufstellung von Wohncontainern für Obdachlose neben dem Stadion will sich die Bürgerinitiative Leimbachtal (BILT) juristisch wehren. „Ebenso werden wir uns an den Petitionsausschuss des Landes NRW wenden“, wie in einer Mitteilung ankündigt wird. Unmittelbar vorangegangen war die Ratssitzung am Mittwoch, in der mit großer Mehrheit die Bereitstellung überplanmäßiger Mittel beschlossen wurde, um die Container auf der Brachfläche neben dem Leimbachstadion platzieren zu können. Das Areal liegt etwas abseits der Wohnbebauung, das Vorhaben stößt bei Anwohnerinnen und Anwohnern aus dem Umfeld dennoch auf heftigen Widerstand.
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„Mit Überraschung hat die Bürgerinitiative Leimbachtal die Stellungnahme der Verwaltung zur baurechtlichen Einordnung des Bauprojektes Obdachlosencontainer direkt am Leimbachstadion zur Kenntnis genommen“, heißt es nun in der Mitteilung. Über den Baurechtshebel hofft die BILT, das Projekt stoppen zu können – alle anderen Ansätze wären aussichtslos. Tatsächlich, das wurde bei einem öffentlichen Treffen von Anwohnerinnen und Anwohnern am 12. Oktober deutlich, entzündet sich der Protest aber nicht an formalen Fragen, sondern an den Menschen, die in die Container einziehen sollen.
Siegen: Container für Obdachlose, die in Gemeinschaftsunterkünften Probleme haben
Es handelt sich dabei um acht von Wohnungslosigkeit betroffene sogenannte Systemsprenger, die in Gemeinschaftsunterkünften nicht untergebracht werden können, weil sie häufig in Konflikte geraten und ihr Verhalten den anderen Bewohnern nicht zuzumuten ist. Oft spielen dabei Sucht oder psychische Erkrankungen eine Rolle. Nachbarinnen und Nachbarn im Umfeld der vorgesehenen Fläche an der Leimbachstraße befürchten, künftig unter solchen Verhaltensweisen ebenfalls leiden zu müssen. Die Stadt sagt, dass von den betreffenden Menschen, wenn jeder seinen eigenen Container für sich hat, aller Erfahrung nach keine Gefahr für Außenstehende ausgeht – und hat darüber hinaus angekündigt, durchgehend einen Sicherheitsdienst an der Anlage einzusetzen.
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Die BILT argumentiert, dass es sich bei dem Grundstück am Stadion um einen städtebaulichen Außenbereich handele, in dem eine solche Unterkunft nicht zulässig sei. Die Stadt, das betonte Stadtbaurat Henrik Schumann im Rat noch einmal, geht von einem Sonderfall aus und handelt nach eigener Überzeugung rechtssicher. Sie möchte schnell mit der Umsetzung beginnen, die Unterkünfte werden dringend gebraucht. BILT-Sprecher Guido Müller kommentiert das, er könne „den Bürgermeister und sein hektisches Agieren verstehen. Wenn er die Containersiedlung hier im Leimbachtal nicht hinbekommt, wird das nirgendwo in Siegen mehr funktionieren, dann steht er mit dem Rücken an der Wand.“ Wird die Stadt allerdings nicht rasch tätig, wird es angesichts des nahen Winters vor allem für die Leute ungemütlich, die in die Container einziehen sollen – oder für diejenigen, die in anderen Unterkünften weiterhin auf engem Raum mit ihnen zusammenleben müssen.
Siegen: Wohncontainer für Obdachlose am Leimbachstadion erhalten Sicherheitsdienst
„Für die Menschen, die dort einziehen sollen, wäre es die beste Lösung, nicht in Container einziehen zu müssen“, wird demgegenüber Gabriele Cülter in der BILT-Mitteilung zitiert. Sie wohnt direkt gegenüber der geplanten Containersiedlung „und kritisiert die Abschiebung der derzeit aufgrund ihrer Psyche nicht in eine Gemeinschaftsunterkunft unterzubringenden Obdachlosen in eine Containerunterbringung energisch“, heißt es weiter. „Nicht nur die Angst in der Nachbarschaft ist groß, dass die Situation hier eskaliert. Auch die Stadt hat mittlerweile mit einem 24-Stunden-Sicherheitskonzept auf die Ängste der Menschen an der Leimbachstraße und am Rosterberg reagiert. Was im Grunde auch ein Signal ist, dass die Situation am Stadion doch gefährlicher ist, als ursprünglich vom Sozialdezernent Andree Schmidt vor drei Wochen auf einer ersten Informationsveranstaltung vollmundig erklärt wurde.“ Andree Schmidt hatte im Gespräch mit dieser Zeitung am Tag nach dem Anwohner-Treffen am Stadion erläutert, dass die Stadt mit dem Sicherheitsdienst nicht auf eine reale Bedrohung reagiere, sondern auf die Befürchtungen der Nachbarn – um das subjektive Sicherheitsgefühl und damit die Akzeptanz zu steigern.
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Nun werde eine juristische Eingabe nach Arnsberg auf den Weg gebracht, erklärt die BILT. „Wir haben unser Anliegen gründlich geprüft und von verschiedenen Anwälten beraten lassen. Da die Politik ihre Wähler im Leimbachtal vergisst, bleibt uns nur der juristische Weg.“
Siegen: Bürgerinitiative Leimbachtal schlägt andere Wohnorte für Obdachlose vor
Nach eigenen Angaben habe die Initiative der Stadt „Alternativen genannt, an denen die betroffenen Obdachlosen besser und zentraler untergebracht werden können, im Idealfall sogar in Häusern“, ist den Ausführungen noch zu entnehmen. Dazu zählten „Sandstraße, das Gelände von Eisen Muscheid, der Parkplatz beim ehemaligen Bertramsgelände oder das leerstehende Betriebsgelände bei Flender Rohre Richtung Eiserfeld, eine städtische Fläche in der Nähe von der Tafel und dem Obdachlosencafé ,Patchwork’ in Weidenau oder auch eine seit Jahren nicht angegangene Baulücke am Marburger Tor“. Grünen-Fraktions-Vorsitzender Michael Groß hatte bereits Anfang Oktober angemerkt, dass es ähnliche Probleme überall geben werde. Anwohnerinnen und Anwohner gibt es auch im weiteren Umfeld der erwähnten Alternativvorschläge.
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