Siegen-Wittgenstein/Olpe. Erfolg im Kampf gegen Wohnungslosigkeit: Das Projekt „Endlich ein Zuhause“ kümmert sich um Mieter und Vermieter – und beide Seiten profitieren.
Sie bringen Licht in die Dunkelziffern. Je mehr Menschen sich melden bei „Endlich ein Zuhause“, desto mehr bekommt das Projektteam einen Eindruck davon, wie die Lage da draußen wirklich ist: Wie viele Menschen fürchten müssen, demnächst ihre Wohnung zu verlieren. Es sind in diesen Zeiten viele, die Wohnungsnot ist nicht geringer geworden. Aber: Bei immer mehr von ihnen gelingt es auch, die Wohnungslosigkeit abzuwenden. Weil ein neues Heim vermittelt oder das Problem im alten Zuhause aus der Welt geschafft wird.
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Der Kreis Siegen-Wittgenstein hat die Zahlen parat: Seit einem Jahr läuft die Landesinitiative, um die sich hier eine Trägerkooperation aus Alternative Lebensräumen (ALF), Caritas und Diakonie kümmert. 84 Haushalte wurden demnach unterstützt, darunter elf Familien; 166 Personen insgesamt. Rund 30 Mietverträge wurden neu abgeschlossen. Diese Menschen sitzen nun nicht auf der Straße. „Für ein Jahr Laufzeit ist das wirklich gut“, sagt Sozialarbeiterin Lisa Assing, die die Initiative koordiniert. Denn: „Der Wohnungsmarkt gibt nichts her.“ Immer noch nicht. Betroffen sind Menschen aus der ganzen Bevölkerung, Rentner genauso wie Alleinerziehende. „Nicht alle aus dem Leistungsbezug“, sagt Assing. Energiekrise, Inflation – „das betrifft so viele Menschen.“
Siegen: Von „Endlich ein Zuhause“ profitieren beide Seiten – Mieter und Vermieter
Bei „Endlich ein Zuhause“ treten sie als Kümmerer in Aktion; vermitteln zwischen den Betroffenen, beraten, begleiten sie zu Terminen und Gesprächen mit den Vermietern – und stehen auch danach noch als Ansprechpersonen zur Verfügung. Das gibt dauerhaft Sicherheit, für beide Seiten – diesen Effekt hatten sie sich zum Start erhofft und das hat die Praxis so auch bestätigt, berichtet Lisa Assing. Für das Projekt wurden extra Immobilienfachleute eingestellt, die gezielt für die Wohnungssuchenden in Not das passende Angebot finden sollen. Nicht jede freie Wohnung ist beispielsweise für eine Familie geeignet, die Profis kümmern sich mit beiden Seiten, Vermieter und Mieter, darum, dass es passt. Das Netzwerk in die Wirtschaft, zu Sozialdiensten, Schuldnerberatung und Behörden ist geknüpft, Jobcenter und Wohnungsgenossenschaften haben das Projekt als Schnittstelle inzwischen auf dem Schirm – und das soll noch viel mehr werden, hoffen alle Beteiligten.
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Bei bereits bestehenden Mietverhältnissen ließen sich die allermeisten Probleme letztlich aus der Welt schaffen – zum Vorteil beider Seiten. Je bekannter das ist, desto einfacher werde es. Sehr oft seien es Mietrückstände, „die Leute haben kein Geld“, sagt Lisa Assing – damit sind sie in dieser Notlage aber nicht auf sich allein gestellt. Viele Betroffenen wüssten demnach gar nicht, welche Hilfemöglichkeiten es gibt, was ihnen an Unterstützungsmöglichkeiten zusteht. Rückstände zum Beispiel können Sozialämter oder Jobcenter übernehmen, erläutert die Expertin. Vielfach kümmert sich das Projektteam auch um sogenannte Abtretungserklärungen, dass die Miete beispielsweise direkt vom Jobcenter an die Vermieter gezahlt wird. So bauen sich nicht nur keine neuen Mietrückstände auf – für die Eigentümer ist auf diese Weise sichergestellt, dass die Miete zuverlässig auf dem Konto ist. Das Amt zahlt immer pünktlich. Vorteile wie dieser seien nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich.
Wohnungslosigkeit: Viele Familien in Siegen-Wittgenstein wissen nicht, wohin
„Man merkt genau: Viele hatten noch nie Kontakt zum Hilfesystem“, sagt Lars Stremmel, der „Endlich ein Zuhause“ beim Kreis Siegen-Wittgenstein koordiniert. Gerade außerhalb von Siegen seien es oft Familien, die nicht wissen, an wen sie sich wenden sollen. „Umso schöner, wenn wir die erreichen können“, findet Lisa Assing.
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Die Wohnungswirtschaft bietet der Initiative inzwischen regelmäßig Kontingente in ihren Immobilien an – die privaten Vermieter seien noch eher zögerlich. Wer von Wohnungslosigkeit betroffen ist, hat auch mit Stigmatisierung zu kämpfen. „Wir sehen die hohe Nachfrage und würden uns wünschen, dass da noch mehr geht“, appelliert die Projektkoordinatorin: Es sei nicht schwer, den betroffenen Menschen eine Chance zu geben, wieder im Leben Fuß zu fassen. Denn wer fürchten muss, bald kein Dach mehr über dem Kopf zu haben, hat daneben kaum Gedanken für etwas anderes. Eine Abwärtsspirale.