Netphen. Beigeordneter Andreas Fresen sieht das stattliche Arbeitspensum für das von geleitete Baudezernat: Die Liste der Bauvorhaben ist lang – und teuer.

Andreas Fresen hat die Zahl im Kopf: 67 Frauen und Männer arbeiten im Baudezernat, das er seit zwei Jahren leitet, davon 27 im Bauhof und sieben bei den Klärwerken. Bleiben 33 für Bauverwaltung, Stadtentwicklung und Tiefbau. Die alle Hände voll tun haben. „Wir kommen mit dem Personal nicht mehr aus“, sagt der Beigeordnete. Die Lösung: „Prioritäten setzen und abspecken.“ Oder zusätzliche Kräfte einstellen. „Ein bis zwei Stellen für Ingenieure wären vernünftig.“ Fürs Erste organisiert Andreas Fresen sein Dezernat neu.

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Im Flur des Altbaus, direkt gegenüber dem Beigeordneten, sind Räume leer. Bisher wurden hier Erschließungsbeiträge und Anliegerbeiträge für den Straßenausbau berechnet – das wird künftig im Finanzdezernat erledigt. Neu einziehen werden hier die drei Stadtplanerinnen, die dann dem neuen Fachbereich „Planung und Bauordnung“ angehören. Im Fachbereich von Bodo Manche ist dann das gesamte Verfahren von der Bauleitplanung bis zur Baugenehmigung zusammengefasst. „Damit werden die Wege kürzer“, sagt Andreas Fresen.

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Den Fachbereich Stadtentwicklung gibt es künftig nicht mehr – er war einmal als „Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung“ gegründet und dann geteilt worden, Die Architekten wechselten mit ins Liegenschaftsmanagement, das im Finanzdezernat angesiedelt wurde, kehrten später zur Stadtplanung zurück und werden in Zukunft das Herzstück eines neuen Fachbereichs Hochbau bilden, den Harald Zeeden leiten wird. „Ein großer Bereich, die haben wahnsinnig viel zu tun.“

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Wo die Stadt baut

Vor dem Beigeordneten liegt die Liste mit dem Arbeitsprogramm für den Hochbau: „Die haben 55 Millionen Euro vor der Brust.“ Wobei die Beträge noch bescheiden veranschlagt scheinen: 13 Millionen Euro für die Erweiterung des Gymnasiums, fünf für den Neubau eines Feuerwehrgerätehauses Oberes Siegtal in Nenkersdorf, je vier für die Erweiterungen der Grundschulen Dreis-Tiefenbach und Niedernetphen, 2,5 für die Sanierung der Georg-Heimann-Halle. Und so weiter. Und ins Rathaus regnet es auch noch rein, in den 1970er-Jahre-Trakt an der Ecke Amts-/Talstraße. Macht noch mal 1,2 Millionen Euro.

Hinzu kommen laufende Gebäudeunterhaltungsarbeiten und Anforderungen des Brandschutzes. Arbeiten an private Büros vergeben? „Die sind alle voll“, sagt Andreas Fresen. Abgesehen davon: Auch da müsste ein Ausschreibungsverfahren vorangehen, und später müsste der Auftragnehmer dann auch Ansprechpartner im Rathaus haben. „Das bindet ebenfalls Arbeitskraft.“

An der Magnetwand hängt der Plan vom Burggraben – das wohl letzte große Neubaugebiet, das Netphen erschließen wird, mit rund 70 Wohneinheiten. Ende des Jahres werden die Erschließungsaufträge ausgeschrieben – eine Aufgabe für den weiter bestehenden Fachbereich Tiefbau von Rainer Schild, der gerade den millionenschweren Umbau der Kläranlage Netphen in Dreis-Tiefenbach stemmt. Auch an anderer Stelle in Dreis-Tiefenbach wird gebaut: Im künftigen Gewerbegebiet Im Bruch oberhalb der B 62 in Richtung Weidenau wird gerade der Bau der Wasserleitung begonnen. Im August sollen die Aufträge für den Straßen- und Kanalbau vergeben werden.

Weitere Aufgaben

Für die Akquise von Fördermitteln ist Christina Werthebach im Baudezernat zuständig, ihre weitere Aufgabe ist die Wirtschaftsförderung.

Der Klimaschutz wurde ins Dezernat des Bürgermeister ausgelagert. Die Aufgabe nimmt nun Manuel Wüst im Fachbereich Ordnung und Bürgerservice wahr; er ist zugleich Mobilitätsmanager der Stadt.

Was der Stadt bevorsteht

Windräder: Die Stadtplanerinnen müssen sich auf den neuen Regionalplan einrichten. Was da kommen wird, kann schon aus der „Karte zur Steuerung der Windenergienutzung im Übergangszeitraum“ abgelesen werden: Nicht nur der Hellerkopf zwischen Sieg- und Werthetal, wo bereits das Genehmigungsverfahren für die ersten beiden Windräder läuft, sondern auch der Bereich oberhalb der Obernautalsperre, an der Grenze zwischen Herzhausen und dem Hilchenbacher Ortsteil Ruckersfeld, an der B 62 zwischen Applauskurve und Kronprinzeneiche und an der Grenze zu Wilnsdorf tragen auf der Karte die einschlägige blaue Schraffur.

Baulücken und Ortskerne: In den Ortschaften werden dann noch einige kleinere Baugebiete entstehen. Soweit die Bezirksregierung mitspielt, die den Flächenbedarf der Stadt berechnet und – wie in vielen anderen Kommunen auch – feststellt, dass Netphen eigentlich mehr Wohnbauland ausweist, als es für seine 23.000 Einwohner braucht. „Das Problem sind die Baulücken“, sagt Andreas Fresen. Die werden mitgerechnet, sind aber faktisch nicht verfügbar, wenn die Eigentümer weder bauen noch verkaufen. Um auch den Neubau in Ortskernen wieder zu ermöglichen, könnten Zuschüsse für den Abriss alter, nicht mehr bewohnter Häuser gezahlt werden. „In diese Richtung müssen wir gehen.“

Wärmeplanung: Großes Thema wird die kommunale Wärmeplanung, die nun doch jede Stadt für sich angehen muss und die nicht – wie noch im März vom Kreistag beschlossen – vom Kreis für alle Kommunen gemeinsam betrieben werden darf. Andreas Fresen kann sich für Netphen kleinräumige Lösungen mit Nahwärme vorstellen: „Überall da, wo viel Wärme erzeugt wird, kann man die Nachbarschaft gut mit dranpacken.“ So gab es bereits die Verbindung von Walzen Irle in Deuz mit dem dortigen Altenheim. Denkbar wäre auch in kleinen Neubaugebieten die gemeinsame Holzhackschnitzel-Heizung oder auf dem Dorf eine Versorgung mit Biogas, „wo ein Landwirt in der Nähe ist“.

Theoretisch könnten auch die Photovoltaikanlagen auf den Dächern benachbarter Wohnhäuser zusammengeschaltet werden, „zu einem Riesenkraftwerk“, sagt Andreas Fresen. Praktisch wird das wohl eher nichts: „Es ist interessanter, den erzeugten Strom selbst zu verbrauchen.“ Zum einen, weil die Vergütung für den eingespeisten Strom gering ist. Zum anderen, weil der private Strombedarf größer wird: für die Wallboxen, um das E-Auto zu laden, und für den Betrieb der Wärmepumpen, die nach und nach die Gasheizungen ablösen.

Neu schauen kann die Stadt auf die Möglichkeiten für Freiflächen-Photovoltaik, die vom Gesetzgeber erweitert werden: „Das lockert sich jetzt ein bisschen auf.“ Der Wald, auch der vom Borkenkäfer weggefressene, bleibt aber tabu. Nicht jedoch das Wasser: Der Idee von Landrat Andreas Müller, auf der Obernautalsperre schwimmende Photovoltaikmodule zu installieren, begegnet der Netphener Beigeordnete allerdings mit Skepsis: Der Anblick passt nicht zum Idyll – das könnte Ärger geben.

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