Netphen. Andreas Fresen ist seit gut 100 Tagen Beigeordneter. Mit Eishalle und Johannlandhalle steht er gleich im Zentrum der Ratsdebatten.

Andreas Fresen ist Bau- und Wirtschaftsingenieur. Kommunalverwaltung macht er seit 30 Jahren, lange in Meschede, zuletzt als Beigeordneter in Ense. Der 56-Jährige kann aber auch Kommunalpolitik: Zwei Wahlperioden als Stadtverordneter in seiner Heimatstadt Winterberg haben ihn geschult, um sich mit Bedacht auszudrücken: Allen Fraktionen fühle er sich verpflichtet, sagt der CDU-Mann, der vom Netphener Rat einstimmig zum Beigeordneten gewählt wurde. „Ich versuche, ausgleichend zu wirken.“

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Keine Schonzeit: Der Fall Johannlandhalle

Dabei hat ihn der Strudel der Netphener Aufregungen längst erfasst – schon zu seinem Dienstantritt am 1. Mai war der Streit über die Eishalle in vollem Gange. Und jetzt, kaum sind die ersten hundert Tage vorbei, die Sache mit der Johannlandhalle. Immer wieder hatten die Salchendorfer an ihrem Sport- und Vereinstreffpunkt gearbeitet, zuerst Ringe an der Decke befestigt, dann das Dach gedämmt, schließlich die Entlüftungsanlage installiert. Dass der Statiker nicht gekommen wäre, wenn nicht aus dem Dorf heraus ein Anbau für die Musikkapelle betrieben worden wäre – geschenkt. Für einen Deal war der neue Baudezernent nicht zu haben: Die in Leichtbauweise errichtete Halle ist nun gesperrt, weil das Dach zu schwach ist. Faktisch sei die Baugenehmigung für die Johannlandhalle „untergegangen“, stellt Andreas Fresen fest. „An sich war das jedem bekannt, es lag alles auf dem Tisch.“ Seit Mitte 2019.

Keine Schonzeit für den neuen zweiten Mann im Rathaus, der eigentlich erst gerade so richtig angekommen ist – bis Ende Juli hat er noch die Geschäfte der Enser Werke geführt, um den Haken hinter dem Jahresabschluss zu machen. Als Student in Siegen lag Netphen außerhalb des alltäglichen Radius – die erste Kennenlerntour hat er im vorigen Jahr unternommen, als er von der Position erfuhr, die im Rathaus zu besetzen war. „Das Erste, was ich mit meiner Frau gemacht habe, war eine Runde um die Obernau.“ Die Fresens laufen gern, ihre Hunde erst recht.

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„Ich bin ein bisschen rumgefahren“, erzählt Andreas Fresen von seinen ersten Eindrücken. „Ich bin sehr freundlich empfangen worden.“ Inzwischen erfolgt das Kennenlernen nach System: Wenn er sich, nacheinander, mit den 21 Ortsbürgermeisterinnen und -bürgermeistern trifft, hat er eine Kladde dabei. Jeder Ortsteil hat seine eigenen Seiten, auf die erste hat Fresen die wichtigsten Namen und Daten geklebt. Der Beigeordnete fängt mit dem wichtigsten an: „Erst mal die ganzen Leute kennen lernen.“ Und dann in die Themen einsteigen, die seine drei Fachbereiche zu bearbeiten haben.

Zur Person

Andreas Fresen (56) hat nach einer Lehre als Straßenbauer in Siegen Bauingenieurwesen studiert; fortgebildet hat er sich zum Diplom-Wirtschaftsingenieur. Der Winterberger war zuletzt Beigeordneter der Gemeinde Ense, davor 24 Jahre lang in der Bauverwaltung der Stadt Meschede tätig. Fresen gehört der CDU an.

Bauordnung: Netphener Rathaus wirbt um Personal

Fachbereich Bauordnung: „Wir müssen schneller werden“, sagt Andreas Fresen – es fehlt Personal. Nur eine von drei Stellen, bei denen Bauanträge bearbeitet werden, ist besetzt. Zum 1. September kommt Bodo Manche aus der Kreisverwaltung als neuer Fachbereichsleiter herüber. Das Problem aber sieht der Beigeordnete grundsätzlich: „Es wird immer schwieriger, für die Verwaltung Personal zu gewinnen, vor allem in technischen Berufen.“ Andreas Fresen würde sich die Einführung eines Dualen Studiums auch hier wünschen: die Verbindung einer Verwaltungsausbildung mit einem Ingenieurstudium. Selbst ausbilden eben, wenn von außen kein Nachwuchs kommt. Was Fresen dennoch wundert: „Eigentlich ist es recht interessant, auf der Behörde zu arbeiten.“ Neu ins Team kommen wird auch ein Klimaschutzmanager, der sich außerdem um die Akquise von Fördermitteln für Projekte aus allen Verwaltungsbereichen kümmert.

Innenstadt Netphen soll zum Verweilen einladen

Fachbereich Stadtentwicklung: Hier laufen die großen Projekte auf. Der Freizeitpark und der Neubau des Feuerwehrgerätehauses für das obere Siegtal. Und die Innenstadtentwicklung, nachdem die Stadt die Gebäude von Post und ehemaliger Tagesklinik gekauft hat. Auf den vergrößerten Discounter läuft es da wohl hinaus. Generell, sagt Fresen, „muss man eine Innenstadt attraktiv machen.“ Mit Cafés und anderer Gastronomie („das fehlt in der Innenstadt“), darüber hinaus mit Anreizen, länger zu bleiben: „Man muss Plätze schaffen mit wirklich sehr guter Aufenthaltsqualität.“ Am besten gleich auch irgendwas mit Wasser und Spielgeräten. Geschäfte können Menschen anziehen, Praxen und Büros aber auch. Und Wohnungen: Gerade ältere Menschen wollen die zu groß gewordenen Eigenheime oben auf den Hügeln loswerden und in barrierefreie Wohnungen in zentraler Lage umziehen. „Dafür brauchen Sie Fläche.“

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Zu viel Verkehr in Dreis-Tiefenbach

Dreis-Tiefenbach als zweitgrößter Stadtteil braucht ebenfalls Zuwendung. Andreas Fresen kennt die Probleme aus der Bahnhofstraße, die einmal verkehrsberuhigt war, mittlerweile aber Schleichweg ist, und das bei deutlich mehr Menschen, die in die neuen Wohnungen gezogen sind, zur Kita, zum Arzt oder zur Tagespflege wollen. Vielleicht hilft eine Einbahnregelung in dem Wohnviertel, überlegt der Baudezernent: „Man muss dort mal die Verkehrsführung anpacken.“ Und dann ist da auch noch „Sieg verbindet“, der geplante Bahndammweg am Siegufer in die Siegauen: „Wir warten auf zusätzliche Fördermittel.“

Das Herz von Andreas Fresen schlägt für die Dörfer: Die verschiedenen Dorfplatz-Projekte werden dazu dienen, die Ortschaften attraktiver zu machen und den Zusammenhalt der Menschen zu stärken. Im umstrittenen Regionalplan müssten Bauflächen auch dort ermöglicht werden: „Es ist wichtig, dass man den Dörfern Entwicklungschancen gibt.“

Neue Schulbauten brauchen Raumlufttechnik

Im technischen Gebäudemanagement spielen die Schulgebäude eine wichtige Rolle. Von mobilen Luftfiltergeräten hält Andreas Fresen nichts – Sinn machten nur Installationen, bei denen neue Luft dazu kommt. Das würde pro Raum zwei Durchbrüche nach außen bedeuten, für Zu- und Abluft. „Lüften ist das A und O“, sagt Fresen. Eine CO2-Ampel könne da unterstützen. „Die hatten wir in Meschede schon.“ Dass Schulneubauten künftig von vornherein mit Raumlufttechnik ausgestattet werden, ist dagegen für Andreas Fresen keine Frage. Wie teuer das dann wird, wird er erfahren, wenn er an die Planung des erweiterten Schulzentrums auf der Haardt herangeht.

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Regenwasser braucht Platz zum Versíckern

Fachbereich Tiefbau: Die Erweiterung des Klärwerks in Dreis-Tiefenbach ist als teure Investition gesetzt. Kanäle, Regenrückhaltebecken und -teiche erfahren seit der Regenkatastrophe verstärkte Aufmerksamkeit. „Wir müssen sehen, dass Flächen da sind, auf denen Wasser sich ausbreiten kann.“ Das wird dann auch wieder eine Frage der Stadtplanung sein, die Versiegelung von Flächen zu begrenzen. „Wir arbeiten das alles auf.“ Schonzeit gibt es nicht, erst recht nicht, wenn die ersten hundert Tage voll sind. Dem neuen Beigeordneten macht das nichts: „Ich fühle mich hier sauwohl.“

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