Siegen. Digitalisierung erfasst die Arbeitswelt, weckt bei vielen Menschen aber auch Sorgen um die Zukunft. Werden alle Arbeitsplätze noch gebraucht?

Dass Digitalisierung Arbeits- und Produktionswelten massiv verändern wird, ist allgemein bekannt. Was das konkret für Unternehmen und Beschäftigte bedeutet, ist aber oft weniger klar. Antworten und Lösungen will das Zentrum für die Digitalisierung der Wirtschaft (ZDW) Südwestfalen mit Sitz in Siegen liefern.

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„Wir haben gesehen, dass Siegen-Wittgenstein als Industrieregion nicht besonders gut auf das Themenfeld Digitalisierung vorbereitet war“, sagt Prof. Dr. Volker Wulf, Prorektor für Digitales und Regionales der Universität Siegen, über die Situation, aus der heraus das ZDW 2016 von der Uni und Unternehmen aus der Region als Verein gegründet wurde. Ein Ziel war es, „den Unternehmen in der Region eine Netzwerkplattform zu bieten. Wir haben außerdem bereits sehr viele Projekte initiiert und umgesetzt“, ergänzt Vorstandsvorsitzender Dr. Christian Stoffers, Sprecher der Marien Gesellschaft Siegen gGmbH.

Siegen: Zentrum für Digitalisierung der Wirtschaft will die Menschen mitnehmen

Außer dem ZDW e.V. gibt es auch eine ZDW GmbH. Beide verfolgen identische Ziele. Im Verein ist unter anderem der Kreis Siegen-Wittgenstein Mitglied, der mit seiner „Regiestelle Digitale Wirtschaft und Arbeitswelt“ ebenfalls am Thema dran ist. „Wir wollen innovative Lösungen und Unternehmen in der Region zusammenbringen“, sagt Landrat Andreas Müller. Sehr wichtig sei dabei die Frage „Was macht Digitalisierung mit Menschen, Arbeit, Berufsbildern?“. Vieles werde sich verändern, berufliche Qualifizierung müsse dies abdecken, die sogenannte Sozioinformatik, die Wechselwirkungen zwischen Softwaresystemen und Nutzerinnen und Nutzern untersucht, gewinne an Bedeutung.

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„Das Thema Digitalisierung ist oft angstbesetzt“, merkt Christian Stoffers an. Viele Menschen hätten die Befürchtung, eine hochgerüstete Maschine könne irgendwann ihren Job übernehmen. Tatsächlich, so Christian Stoffers, gehe es aber häufig um „assistierende Systeme“. Er macht das an einem Beispiel aus dem Gesundheitswesen deutlich. Roboter eigenständig Operationen vornehmen zu lassen, sei immer noch mit Risiken verbunden. OP-Roboter als Unterstützung für menschliche Operateurinnen und Operateure einzusetzen, eröffne hingegen neue und verbesserte Möglichkeiten, die auch an den Siegener Krankenhäusern seit geraumer Zeit erfolgreich genutzt werden.

ZDW Siegen: Digitalisierung kann Unternehmen bei Optimierung der Prozesse helfen

Eine Hürde auf dem Weg zur Digitalisierung ist für viele Unternehmen übrigens, dass sie gar nicht recht wissen, wo sie anfangen sollen und wo überhaupt ihre Probleme liegen. Das ZDW setzt bei seinen Angeboten deshalb so weit vorne an, dass Firmen sich schon mit einer solch diffusen Fragestellung melden können. Zunächst gehe das Team dann ins jeweilige Unternehmen und schaue sich Produktionsprozesse an, um zu verstehen, was dort konkret geschieht, beschreibt Sven Hoffmann, Geschäftsführer der ZDW GmbH, das übliche Vorgehen.

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Grundsätzlich wichtig sei es, „die Produktionsprozesse digital abzubilden“. Das heißt: Ein Softwaresystem erfasst und verknüpft alle Bereiche und Faktoren, die mit der Produktion verbunden sind – Prozesse, Materialfragen, Personalplanung, auch Finanzbuchhaltung, Zeitabläufe und Ressourcenverbrauch. Darüber hinaus funktionieren in einem solchen System Informationsaustausch und Kommunikation besser. In vielen Betrieben seien Daten, Akten und Wissen über diverse Köpfe, Exceltabellen oder Schubladen verteilt und damit nicht so unkompliziert und rasch verfügbar wie mithilfe digitaler Werkzeuge. Digitalisierung, das wird aus den Ausführungen der ZDW-Verantwortlichen ferner klar, hat auch enorme Potenziale im Hinblick auf Reduzierung von Energie- und Ressourcenverbrauch, weil die Zuordnung von konkreten Verbräuchen zu einzelnen Prozessen bisher oft gar nicht realistisch machbar ist, Einsparmöglichkeiten somit nicht immer ohne Weiteres zu erkennen sind.

Siegen: Nachfrage aus der Wirtschaft nach Hilfe bei der Digitalisierung steigt

Die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und ZDW erfordert viel Vertrauen, da die Betriebe Einblicke in ihre Abläufe und Produkte gewähren. Erforderlich seien „Architekturen, die Kontrolle über empfindliche Daten gewährleisten“, betont Volker Wulf. Bedarf nach Beratung, Vernetzung und Unterstützung hätte die Wirtschaft aber erkannt, die notwendige Offenheit entwickelt. „Wir haben mehr Nachfrage, als wir personell bedienen können“, sagt Volker Wulf.

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