Siegen. Arbeitsplätze von morgen hängen auch von heutigen Gründern ab. Siegen hat eine aktive Szene – und Wirtschaft und Arbeitnehmer profitieren davon.

Wenn es um lokale Gründungen geht, geht es dabei nicht nur um Gründungen an sich. Es geht auch um Arbeitsplätze, Fachkräftesicherung und Innovationskraft am und rund um den Wirtschaftsstandort Siegen, wie im Gespräch mit dem Vorstand des Gründungsnetzwerks „Startpunkt 57“ deutlich wird. Dessen Aufgabe ist es, Menschen mit Geschäftsideen mit all jenen Stellen und Leuten in Kontakt zu bringen, die dabei hilfreich sein können. Und selbst, wenn aus dem Vorhaben an sich nichts wird, kann der Ausgang ein Erfolg sein.

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Beim Wort „Start-up“ läuft in vielen Köpfen eine Art Film ab: Jemand hat eine brillante Idee, trifft damit den Nerv der Zeit, gründet ein Unternehmen und wird reich. Sowas gibt es zwar, ja – aber nicht jeder ist Mark Zuckerberg. In der Realität verschwinden viele Start-ups mehr oder minder schnell wieder von der Bildfläche.

Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind bestimmende Themen für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Siegerländer Start-ups bringen solche Branchen verstärkt auch in die heimische Region – etwa „Innofarming Team“, Entwickler von Technik und Konzepten für Vertical Farming. (Archivbild) 
Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind bestimmende Themen für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Siegerländer Start-ups bringen solche Branchen verstärkt auch in die heimische Region – etwa „Innofarming Team“, Entwickler von Technik und Konzepten für Vertical Farming. (Archivbild)  © WP | Florian Adam

Siegen: Gründernetzwerk Startpunkt 57 hilft von der ersten Idee bis zum Markterfolg

Bei Startpunkt 57, ins Leben gerufen 2012, kommen pro Jahr 20 bis 30 neue Teams mit ihren Ideen zum Zug, wie André Feuerstein, seitens des Kreises Siegen-Wittgenstein im Vorstand, sagt. Etwa ein Viertel davon „kommt ans Laufen und macht dauerhaft weiter“. Dies sei „ein sehr guter Wert“. Von Gründungen, die nicht von Einrichtungen wie Startpunkt 57 betreut werden, würden auch „nur ein Drittel die ersten Jahre überstehen“. Letztere Zahl bezieht sich allerdings auf tatsächlich erfolgte Unternehmensgründungen, während beim Siegener Netzwerk zunächst „nur“ mehr oder minder weit gediehene Ideen zugrundeliegen, die gar nicht immer in ein Start-up münden.

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Klingt vielleicht alles etwas verwirrend – ist es bei näherem Blick auf das Konzept aber nicht. Würde eine Gründungsinitiative den Anspruch vertreten, 100 Prozent der Kandidatinnen und Kandidaten zum langfristig erfolgreichen eigenen Unternehmen zu führen, kämen dafür nur weit fortgeschrittene, durchgeplante und abgesicherte Produkte und Geschäftsmodelle in Betracht.

Das Gründernetzwerk Startpunkt 57 will Gründerinnen und Gründer auf dem Weg zum eigenen Unternehmen von der ersten Idee an unterstützen. Der Vorstand, von links: André Feuerstein (Kreis Siegen-Wittgenstein), Gesine Westhäuser (Sparkasse Siegen), Dr. Jens Jacobs (Universität Siegen)
Das Gründernetzwerk Startpunkt 57 will Gründerinnen und Gründer auf dem Weg zum eigenen Unternehmen von der ersten Idee an unterstützen. Der Vorstand, von links: André Feuerstein (Kreis Siegen-Wittgenstein), Gesine Westhäuser (Sparkasse Siegen), Dr. Jens Jacobs (Universität Siegen) © Startpunkt 57 | Sinan Muslu

Siegen: Gründer sind für Unternehmen hochinteressant – weil sie Talent und Ideen bieten

Startpunkt 57 geht einen anderen Weg. „Hier darf man Dinge ausprobieren. Hier wird niemand weggeschickt, weil seine Idee zu verrückt ist“, erklärt Vorstandsmitglied Gesine Westhäuser von der Sparkasse Siegen. Natürlich muss es eine gewisse Ernsthaftigkeit geben, natürlich werden ein gewisses Engagement und Realitätssinn vorausgesetzt. Doch die Offenheit ist groß, weil das dem Netzwerk Zugang zu Ideen und Talenten eröffnet, die sich an anderer Stelle gar nicht erst vorstellen würden, da die Hürden zu hoch liegen. „Wir haben kein wirtschaftliches Interesse, keine Abhängigkeiten“, sagt Gesine Westhäuser. Darum hat das Team immer ein offenes Ohr.

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Menschen mit Ideen, wie es sie allein aufgrund der Universität Siegen reichlich vor Ort gibt, sind für die heimische Wirtschaft hochinteressant. Startpunkt 57 könne Neu-Gründerinnen und -Gründern nicht nur den Weg zum eigenen Unternehmen via Beratung, Schulungen, Coachings erleichtern, sondern auch „Türen zu Absatzmärkten öffnen“, erläutert Gesine Westhäuser. Etablierte Unternehmen würden umgekehrt oft sagen „Wir hätten gerne Kontakt zu Gründerinnen und Gründern, wissen aber nicht, wo die sitzen“.

Gründerszene Siegen: Neue Geschäftsideen und etablierte Firmen zusammenbringen

Das Netzwerk funktioniert da als Schnittstelle. Der Wettbewerb ist in allen Branchen hart, gerade die Digitalisierung beschleunigt die Entwicklung in vielen Bereichen, die Innovationszyklen werden immer kürzer. Wer mit seiner Firma bestehen will, muss auf den ständigen Wandel reagieren. „Wir wollen auch, dass die Unternehmen in der Region besser werden. Die stehen vor Herausforderungen und suchen Leute, die das für sie lösen“, betont Gesine Westhäuser. „Wir haben diese Köpfe in der Region. Wir müssen sie aber mit den Unternehmen zusammenbringen.“

Kontakt

Die Gründerinitiative Startpunkt 57 hat ihren Sitz im „Haus der Innovationen“ in der Sandstraße 26 in Siegen. Mitglieder sind unter anderem die heimischen Sparkassen und Volksbanken, die Universität, der Kreis Siegen-Wittgenstein, die IHK Siegen, die acht Siegerländer Städte und Gemeinden, der Siegerlandfonds, die Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd und die Wirtschaftsjunioren Südwestfalen. Hinzu kommen zahlreiche mittelständische Unternehmen.


Infos online: startpunkt57.de, Telefon 0271/333-11 40

Für den weiteren Ablauf gibt es verschiedene Varianten. „Gründungen laufen anfangs gut nebenher“, erläutert André Feuerstein. Viele würden diese Pläne zunächst neben Studium oder Beruf verfolgen. Irgendwann komme aber der Punkt, wo „ein klares Bekenntnis“ erforderlich würde, weil Leute sich entscheiden müssten: Auf dem eingeschlagenen Pfad bleiben, dafür vielleicht Schulden machen, attraktive Jobangebote ablehnen? Würde diese Option gewählt und funktionieren, entstünden damit in aller Regel auch neue Arbeitsplätze in der Region.

Siegen: Gründungswillige sind oft auch begehrte Fachkräfte für etablierte Unternehmen

Manche Menschen würden aber auch merken, dass sie diesen Schritt doch nicht gehen möchten. Sie hätten dank der Startpunkt-Programme dann aber bereits Kontakt zu heimischen Unternehmen und blieben oft als Fachkräfte in der Gegend, merkt Gesine Westhäuser an. „Gründungsförderung bedeutet so oder so, den Wirtschaftsstandort zu sichern, Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen und die Überlebensfähigkeit der Unternehmen in der Region zu stärken“, unterstreicht die Fachfrau.

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Zu Startpunkt 57 ins „Haus der Innovationen“ kann jeder kommen, der eine Geschäfts- oder Produktidee hat und eine Gründung in Betracht zieht. Das Netzwerk bietet Beratung, Workshops und Seminare zu allen Fragen rund ums Thema, versteht sich aber vor allem auch als Plattform. Die Coaches vermitteln Kontakte zu Unternehmen, ebenso zu anderen Start-ups und weiteren Gründungswilligen. Die Vorstellung vom Solokämpfer, der die Unternehmensgründung von der ersten Idee über die Marktreife bis zum Erfolg alleine durchzieht, sei „ein schiefes Bild“, ordnet Gesine Westhäuser vom Startpunkt 57-Vorstand ein. Wichtig sei „eine geschickte Teambildung“, damit die Leute ihre Stärken nutzen und ausbauen können und eventuelle Schwächen ausgeglichen werden. Dieser Prozess wird von den Coaches moderiert.

Im „Haus der Innovationen“ in Siegen finden Gründungsinteressierte eine Anlaufstelle. Fachleute aus verschiedenen Disziplinen stehen hier als Ansprechpersonen bereit.
Im „Haus der Innovationen“ in Siegen finden Gründungsinteressierte eine Anlaufstelle. Fachleute aus verschiedenen Disziplinen stehen hier als Ansprechpersonen bereit. © WP | Florian Adam

Siegen: Gründungen gelingen selten im Alleingang – gutes Teambuilding ist wichtig

„Es ist eine unfassbare Bandbreite von Charakteren dabei“, beschreibt Vorstandskollege André Feuerstein die Kandidatinnen und Kandidaten. Manche seien zum Beispiel tolle Wissenschaftler, aber keine Unternehmer. Andere haben gute Ideen, aber ihnen fehlt das Know-how für die Realisierung. Das Netzwerk bringt die verschiedenen Typen zusammen.

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Wenn es konkret werden soll, können sich Teams für das „Inkubator-Programm“ bewerben. Dieses ist auf zwölf Monate angelegt und bietet Ressourcen für erweiterte Grundlagenarbeit. Inbegriffen ist ein kostenlos nutzbarer Büroarbeitsplatz im Haus der Innovationen, wo ein kontinuierlicher Austausch mit den Coaches, aber auch mit anderen Gründerinnen und Gründern stattfinden kann. So profitieren die Teams wechselseitig von ihren Erfahrungen oder können Kooperationen eingehen. Außerdem ist das FabLab der Uni Siegen mit auf der Etage. Die Fachleute dort können Fragen zu technischen Machbarkeiten und Umsetzungen beantworten oder Prototypen im 3D-Drucker anfertigen. Im Anschluss an den „Inkubator“ ist eine Teilnahme am ebenfalls zwölfmonatigen Akzelerator-Programm möglich, um die Unternehmenspläne nachhaltig voranzutreiben.

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