Siegen. Mit der Einkaufstüte in den Pop-Up-Store der Uni: Donnerstags wird in der City-Galerie zusammen mit der Kundschaft rund um den Konsum geforscht.

Nach dem Klamottenkauf schlendert der 29-jährige Stefan Hübner weiter durch die City-Galerie. Nur ein paar Läden weiter fangen ihn die beiden Professorinnen Dr. Uta Liebeskind und Dr. Franka Schäfer von der Universität Siegen am neuen Pop-up-Store ab: Die Seminarleiterinnen forschen zusammen mit den Studierenden der Sozialen Arbeit und der Sozialwissenschaft aktiv mit Besucherinnen und Besucher des Einkaufszentrums an Fragen zum Thema Konsum.

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„Wir möchten Wissenschaft aus der Uni rausholen und dort hinbringen, wo Leben stattfindet. Dafür ist die City-Galerie natürlich ein sehr guter Ort“, sagt Dr. Uta Liebeskind. Sie selbst ist Spezialistin für empirische Sozialforschung an der Universität Siegen. Zusammen mit ihrer Kollegin, Dr. Franka Schäfer, leitet sie das Seminar Sozialwissenschaften. Den Grundstein für das Projekt bauten die Studierenden zunächst an der Uni. Sie erarbeiteten sich verschiedene Leitfragen und Themen, die sich mit Gerechtigkeitsvorstellungen, sozialer Teilhabe, Konsum und Kreislaufwirtschaft auseinandersetzen.

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Geht Markenkleidung auch ohne Nachhaltigkeit?

„Das ist natürlich alles erstmal sehr mit Theorie aufgeladen“, erklärt Dr. Uta Liebeskind – dafür ist das Gespräch im neuen Pop-up-Store umso lockerer und praxisnah. Es geht um fairen Handel, um das Sich-Leisten-Können von Markenklamotten, um Recycling. „Nachhaltig sind die Klamotten hier nicht“, sagt Stefan Hübner und deutet mit dem Finger auf seine Jack-and-Jones-Einkaufstüte. Warum und wieso das so ist, das belegt ihm die 26-jährige Studentin Alina Böhler mithilfe eines Schaubilds auf dem Laptop.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben die Möglichkeit, einen kleinen Einblick in die Arbeitsweise partizipativer Sozialforschung zu erhalten – so heißt das, wenn Laien sich an Wissenschaft beteiligen – und aktiv an der Erstellung wissenschaftlicher Erkenntnisse mitzuwirken.

Über eigene Konsumgewohnheiten nachdenken

Mit dem Projekt möchten die Uni-Vertreter aber auch zur Selbstreflexion anregen: „Wir konsumieren alle zu viel und müssen unsere Art ändern. Dass man über das Thema Konsum ins Gespräch kommt, ist ein guter Reflexionsansatz“, so Dr. Uta Liebeskind. Das innovative Projekt basiert auf dem Konzept der Citizen Science: Das ist die Beteiligung der Öffentlichkeit am wissenschaftlichen Prozess. So wurde auch der 23-jährige Yasar ein Teil des Forschungsteams: Zusammen mit den Studentinnen Maya und Marie diskutierte er über den Konsum von Lebensmitteln. „Das Gespräch war sehr angenehm und interessant. Ich denke, es hilft, wenn man sich mal bewusst damit beschäftigt. Mir hat es auf jeden Fall geholfen“, berichtet Yasar.

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Warum die City-Galerie für Jugendliche ein idealer Treffpunkt ist

Das Projekt wendet sich nicht an eine bestimmte Altersgruppe. Auch viele Kinder und Jugendliche lassen sich auf ein etwa 15-minütiges Gespräch ein. Für die 27-jährige Studentin Tabea eine gute Möglichkeit, die Thesen der Wissenschaft zu prüfen: Sie befasst sich mit der City-Galerie als Sozialisationsraum für Jugendliche. „Die Ergebnisse decken sich auch sehr mit der Theorie“, beobachtet sie. Die City-Galerie sei für die Altersgruppe ein erlebnisreicher Ort, frei von Erwachsenen, die Kontrolle über sie ausüben, wie es in Jugendzentren der Fall ist. „Hier fühlen sich die Jugendlichen losgelöster. Die schnelle Verfügbarkeit von Konsumgütern ist ein weiterer Grund für sie, ihre Freizeit hier zu verbringen“, erklärt Tabea.

Während der knapp zwei Stunden sind die Studierenden im Dauereinsatz. „Wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Es läuft überraschend gut“, sagt Dr. Franka Schäfer. Das Projekt endet mit einem gegenseitigen Feedback beider Gesprächspartner. Eine qualitative Auswertung der Interviews sei aus Zeitgründen aber leider nicht möglich, weil das Semester schon fast vorbei ist, sagt Dr. Uta Liebeskind. „Für die Studierenden ist das trotzdem eine tolle Erfahrung.”

Der Pop-up-Store befindet sich in der ersten Etage der City-Galerie und öffnet jeweils donnerstags am 22. Juni, 29. Juni und 6. Juli von 16 bis 18 Uhr.

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Studierende der Uni Siegen diskutieren mit Besucherinnen und Besuchern der City-Galerie über Konsum.  Hier: Dr. Franka Schäfer (links) und Dr. Uta Liebeskind (rechts).
Studierende der Uni Siegen diskutieren mit Besucherinnen und Besuchern der City-Galerie über Konsum. Hier: Dr. Franka Schäfer (links) und Dr. Uta Liebeskind (rechts). © WP | Philipp Drößler