Netphen. Die Grünen wollten einen Versuch – die Stadt Netphen überholt: Die Parkplätze auf dem Hufeisenplatz im Zentrum sind schon so gut wie weg.
Der Hufeisenplatz wird „schnellstmöglich“ zur Hälfte autofrei. Das hat der Rat einstimmig beschlossen. „Ich bin guter Dinge, dass wir das noch in den Sommerferien hinkriegen“, sagt Beigeordneter Andreas Fresen am Tag nach der Sitzung: Zwei Sitzgruppen mit Tisch und ein Spielgerät werden sofort bestellt – und wenn die nicht schnell geliefert werden, überbrückt die Stadt die Zeit mit Mobiliar aus dem Fundus. Nächste Woche werden noch Polizei und Straßenverkehrsbehörde beteiligt, damit Anlieferungs- und Rettungswege gesichert sind.
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Die Idee: Einen Monat autofrei auf Probe
Auf der Tagesordnung des Rates steht der Antrag der Grünen, den Hufeisenplatz im Juni „temporär“ autofrei zu machen – sozusagen als Probelauf zu dem „Stadtplatz“, in den sich der Parkplatz verwandeln soll, wenn die Stadt mit der Umsetzung des gerade beschlossenen ISEK, des „integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzepts“, beginnt: Da hat der Hufeisenplatz Priorität 1, der anschließende Hufeisenpark zur Bahnhofstraße und zum Siegufer Priorität 2, der eine für 1,3 Millionen Euro, der andere für 1,04 Millionen Euro.
Die Verwaltung lässt in ihrer Stellungnahme wissen, dass sie nichts von dem Vorschlag hält. Silvia Glomski (Grüne) begründet den Antrag und beginnt eine Debatte, die sich – was der Rat allerdings noch nicht ahnt – eigentlich schon erledigt hat. „Ich glaube, die Zeit war noch nie so reif wie jetzt“, findet die Grünen-Fraktionschefin, „die Eisdiele hat bereits superschöne Tatsachen geschaffen“ – indem sie ihre Außenterrasse vergrößert hat. Sebastian Zimmermann (CDU) regt an., eine „sinnvolle Nutzung“ zu schaffen und nicht bloß Parkplätze zu sperren.
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Lothar Kämpfer (SPD) erklärt, warum seine Fraktion den Antrag ablehnt. „Die Menschen merken keinen Mehrwert.“ Die Verwaltung solle besser die Zeit nutzen, mit den Immobilienbesitzern über Verbesserungen auf dem Platz zu sprechen und das Parkhaus attraktiver zu machen, auf dem das dritte Parkdeck von Autofahrern so gut wie nicht angenommen wird, solange es unten den Hufeisenplatz gibt. „Wir wären auch froh, es ginge schneller voran.“ Ähnlich äußert sich Klaus-Peter Wilhelm (UWG): „Wenn auf dem Platz irgendwas stattfinden würde, könnte ich das ja verstehen.“ Der Grünen-Antrag sei „überfallartig“ und ziele nur darauf, Reaktionen zu provozieren.
Im letzten Jahr: Zwölf Unfälle, zwei Verletzte
Manfred Heinz (SPD) erinnert daran, dass seine Fraktion allein in den letzten zehn Jahren drei Mal den autofreien Hufeisenplatz beantragt habe, „das wurde immer weggewischt“. Der Probelauf vor dem ISEK-Projekt wäre aber nun „unlogisch“: „Lieber das Stück noch durchstehen und dann mit den Bauarbeiten anfangen.“ Es gebe ein „klares Votum“ der Bürger für einen autofreien Hufeisenplatz, stellt Olaf Althaus (FDP) fest und verweist auf die Arbeit am Innenstadt-Rahmenplan im vorigen Jahr. Ignaz Vitt (UWG) rät, ein Konzept mit den Betreibern der Geschäfte zu erarbeiten – „die sind bestimmt begeistert“. Was deren Wahrnehmung aber wohl eher nicht entspricht: Sie wollen für die Laufkundschaft Parkplätze vor ihren Läden und bestreiten öffentlich ihr Interesse an ausgedehnter Außengastronomie.
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Silvia Glomski (Grüne) wirbt für einen Hufeisenplatz, „auf dem man nicht Angst haben muss, dass die Oma mit dem Rollator vom nächsten SUV überfahren wird, der falsch in die Einbahnstraße fährt“. Beigeordneter Andreas Fresen bestätigt die „sehr gefährliche Situation“: 38 Unfälle wurden auf dem Parkplatz von 2018 bis 2021 registriert. Fachbereichsleiter Michael Schneider trägt die Zahlen für 2022 nach: Zehn Blechschäden und zwei Unfälle, bei denen Personen verletzt wurden.
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Das Ergebnis: Alle gratulieren sich
Und dann packt Andreas Fresen den Vorschlag der Verwaltung aus, der ganz und gar nicht spontan, sondern mit einer Powerpoint-Präsentation vorbereitet ist: den halben Hufeisenplatz absperren und möblieren, nicht nur für einen Monat, sondern auf Dauer bis zum endgültigen Umbau des ganzen Platzes. Die verbleibenden 15 Parkplätze – davon einer für Behinderte und einer für Taxis – sind nur noch zum Kurzparken, „höchstens 30 Minuten“, schlägt Annette Scholl (SPD) später vor. „Und dann schauen wir mal“, sagt der Beigeordnete. Bürgermeister Paul Wagener: „Das nimmt dem Antrag der Grünen den Schikane-Charakter.“
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Der Rat fühlt sich ein bisschen vorgeführt. „Hättet ihr das mal von Anfang an gesagt“, meint Klaus-Peter Wilhelm (UWG), „das wird von uns unterstützt.“ „Absolut einverstanden“, sagt Silvia Glomski (Grüne). „In Ordnung“, bestätigt Lothar Kämpfer (SPD). „Ein guter Impuls“, findet Sebastian Zimmermann (CDU) und fordert, dass der Hufeisenplatz ein Ort wird, „der bereits in diesem Sommer für den Bürger erfahrbar wird“. Markus Sting (Grüne) freut sich über den Erfolg des „schikanösen“ Antrags, „der erfolgreichste in dieser Wahlperiode – ich kann uns nur beglückwünschen.“ „Man kann sich nur wundern“, sagt Bürgermeister Paul Wagener, „ich freue mich, dass Sie Ihre Meinung geändert haben.“ Und weil er das letzte Wort hat, nimmt er auch gleich die Bewertung vor: „Wir stellen fest: Die Verwaltung hat gute Ideen und viel Phantasie.“
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