Netphen. Wegen der vertrackten Sache mit den Parkplätzen in der Stadtmitte liegt die Entscheidung über Post-Abriss und Norma-Neubau in Netphen auf Eis.

Der Stadtentwicklungsausschuss hat seine Zustimmung zum Abriss der Post und der Erweiterung des Norma-Discountmarkts vertagt. Stadt, Gebäudeeigentümer und Investor sollen vorher verbindlich regeln, wo die Bewohner der insgesamt 16 alten und neuen Wohnungen in dem Komplex parken sollen. Ausgeschlossen werden soll dabei eine Ablöse-Regelung, mit der der Bauherr gegen eine Geldzahlung an die Stadt seine Stellplatz-Verpflichtung los wird.

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Was ist das Problem?

Auf dem bisherigen und auch künftigen Parkplatz zwischen Norma und Tedi können etwa 40 Autos parken. Weil der Norma-Markt aber größer wird (von 680 auf 1050 Quadratmeter Verkaufsfläche), weil über dem Neubau in zwei Etagen und einem Staffelgeschoss sieben neue Wohnungen entstehen und weil im Obergeschoss des Altbaus eine Wohnung und ein Apartment zusätzlich geschaffen werden (ursprünglich Lager für den Combi-Markt, der dort nie eröffnet wurde, zuletzt für den TVE Netphen), werden 30 Parkplätze mehr gebraucht. Die wollte der Investor „ablösen“, die Stadt hätte dann auf das dritte Parkdeck des benachbarten Rewe-Marktes verwiesen.

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„Unser Ziel ist: nicht ablösen, sondern wirklich nachweisen“, sagte Raimund Arns (FDP). Nicht nur seine Sorge war, dass die Bewohner-Autos tatsächlich auf dem Parkplatz vor dem Markt abgestellt werden. Was auch nicht im Sinne des Bauherrn ist – denn dann wären die Stellplätze für die Kundschaft weg, warnte Architekt Peter Bosch: „Wir müssen die Parkplätze auf dem Gelände dem Markt zur Verfügung stellen.“

Was spricht gegen Bewohner-Parkplätze auf dem Rewe-Parkdeck?

Dass das Parkdeck um 22 Uhr geschlossen wird, ist kein Hindernis. „Da gibt es eine Lösung mit Chipkarten“, erklärte Beigeordneter Andreas Fresen. Größer ist die Sorge, dass die Parkplätze faktisch nicht genutzt werden. Die vorgeschlagene Regelung, so Annette Scholl (SPD), „gefällt uns überhaupt nicht“. Worum es wirklich geht, wurde in der öffentlichen Sitzung nur vornehm umschrieben. Von einem möglichen „Meilenstein“ sprach Manfred Heinz (SPD), deutlich wurde Paul Legge (CDU): Es eröffne sich die „einmalige Chance, diesen dusseligen Klotz loszuwerden“. Sprich: die Parkdeck-Parkplätze an den Investor des Norma-Komplexes zu verkaufen. Was so einfach nicht sein wird: Die Stadt trägt zwar alle Kosten – die Immobilie gehört aber den Eigentümern von Rewe-Petz.

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Was hat es mit dem Parkdeck auf sich?

Um zu verstehen, warum es in der Netphener Stadtmitte eine weitgehend ungenutzte Parketage gibt, muss man in die Jahre 1999/2000 zurückgehen. Damals verkaufte die Stadt ihre Feuer- und Rettungswache, damit Globus auf dem Gelände ein Warenhaus bauen konnte. Der Globus-Investor baute der Stadt dafür eine neue Feuerwache auf der Braas. Am Ende hätte die Stadt noch 1,75 Millionen Mark rausbekommen. Sie ließ sich aber – hier beginnt eine Geschichte wie „Hans im Glück“ – überzeugen, lieber 1,2 Millionen Mark herzugeben, damit auf den Globus-Markt (heute: Rewe-Petz) eine dritte Parketage gesetzt werden konnte. Dafür bekam sie allerdings nicht das Eigentum für insgesamt 145 Stellplätze in der zweiten und dritten Etage, sondern nur ein „dauerhaftes Nutzungsrecht“ – und die Pflicht, sich an den Kosten der Gebäudeunterhaltung zu beteiligen. 366.000 Euro wurden 2016 für eine Sanierung fällig. Den letzten Teilbetrag aus dem Globus-Geschäft wäre die Stadt los geworden, wenn der Rat den Rathaus-Neubau abgelehnt hätte. Dann hätte sie der Sparkasse das Grundstück in der Amtsstraße wieder abkaufen müssen.

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Welche Lösung gibt es?

Manfred Heinz (SPD) rechnet nicht damit, dass die Stadt das Parkdeck auf diese Weise los wird. Vielmehr werde es wohl nun gebraucht, um die wegfallenden Parkplätze auf dem Hufeisenplatz zu ersetzen. Der soll nämlich als „Stadtplatz“ autofrei werden – zusammen mit dem Hufeisenpark, der die Talstraße mit dem Siegufer verbinden wird. So steht es im Integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzept (ISEK), das der Stadtentwicklungsausschuss ebenfalls verabschiedet hat. Einen Vorgeschmack darauf könnte es schon im Juli geben: Im Rat, der am Donnerstag, 15. Juni, tagt, beantragen die Grünen, das Parken auf dem Hufeisenplatz für einen Montag zu unterbinden. Für das Norma-Projekt gibt es derweil eine ganz andere Überlegung. „Wir hatten gebeten, über eine Tiefgarage nachzudenken“, berichtete Beigeordneter Andreas Fresen.

Die Parkplätze vor dem Neubau bleiben – das sind aber 30 zu wenig.
Die Parkplätze vor dem Neubau bleiben – das sind aber 30 zu wenig. © Stadt Netphen | Planungsbüro Bosch

Kommt der größere Norma?

Discountmarkt und Mietwohnungen an die Stelle der erst 1989 gebauten Post: Das fand der Stadtentwicklungsausschuss gut. Der vom Investor beauftragte Kreuztaler Architekt Peter Bosch stellte das Konzept vor. Die Wohnungen werden barrierefrei, auf das – ansonsten begrünte – Dach kommt eine Photovoltaikanlage, während die Abwärme aus der eigenen Kühlung den Einkaufsmarkt beheizt. Silvia Glomski (Grüne) fragte, ob der Eingang nicht besser bliebe, wo er ist, statt ihn zur Talstraße zu verlegen – „auch zur Belebung der Keilergasse“, wie das ISEK den Neumarkt neu tauft. Manfred Heinz (SPD) sprach ein mögliches Lärmproblem durch die Anlieferung an der Talstraße an: Gegenüber steht die ehemalige Tagesklinik, die möglicherweise zu Wohnungen umgebaut wird. Zweifel an einem positiven Votum ließ der Ausschuss nicht aufkommen: „Wir wollen Netphen attraktiv machen“, beteuerte Ignaz Vitt (UWG) – wenn denn die Parkplatzfrage gelöst wird.

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