Freudenberg. Das Entsetzen nach der Tötung einer 12-Jährigen reißt in Freudenberg nicht ab. Mutmaßliche Täterinnen: Zwei Kinder. Wie geht eine Stadt damit um?
Nach dem gewaltsamen Tod einer 12-Jährigen suchen die Menschen in Freudenberg Wege, um mit dem Entsetzen und der Trauer umzugehen. Klar ist: Es wird viel Zeit brauchen, denn die Erschütterung ist groß – um so mehr, seit am Dienstag bekannt wurde, dass zwei Mädchen aus dem Bekanntenkreis des Opfers die Tat gestanden haben. Sie sind erst 12 und 13 Jahre alt.
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Beim Gottesdienst am Sonntag in der evangelischen Kirche in Freudenberg wird der Superintendent des Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein, Peter-Thomas Stuberg, die Predigt halten. Das meldet der Evangelische Pressedienst (epd). Dabei werde es darum gehen, „die schrecklichen Ereignisse dieser Woche in das Licht der biblischen Botschaft zu stellen“. Der Ortspfarrer werde sich weiter ganz auf die Seelsorge konzentrieren.
Kinder töten 12-Jährige in Freudenberg: „mit leichtfertigen Urteilen“ zurückhalten
Eindringlich appelliert Peter-Thomas Stuberg, „den Betroffenen Schutzräume zu lassen und hier keine Grenzen zu überschreiten“. Die unmittelbar betroffenen Menschen benötigten ihre Rückzugsräume und Schutz. „Ich bitte darum, sich auch mit leichtfertigen Urteilen über Änderungen des Jugendstrafrechts zurückzuhalten“, sagte der Superintendent. Die Situation dürfe nicht instrumentalisiert werden, um daraus politischen Profite zu ziehen.
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Die evangelische Kirche in Freudenberg ist seit Montag täglich von 9 bis 19 Uhr als Raum für Trauer und Gedenken geöffnet. Dort gibt es auch ein Kondolenzbuch. Jeder und jede, die das Bedürfnis hätten, könnten dorthin kommen. Bereits am Sonntag hatte Pfarrer Thomas Ijewski wegen der Ereignisse eine Andacht in dem Gotteshaus gehalten, rund 200 Menschen nahmen daran teil. In der katholischen Kirche St. Marien Freudenberg brennt eine Kerze für das getötete Mädchen und seine Angehörigen. „Wir sind tief betroffen über das, was geschehen ist, und unser tiefes Mitgefühl gilt der Familie“, heißt es aus der Gemeinde.
Getötetes Mädchen in Freudenberg: Notfallseelsorger helfen Mitschülern der 12-Jährigen
„Die Betroffenheit ist immens. Die Menschen haben ganz viele Fragen, teilweise auch Ängste“, beschreibt Freudenbergs Bürgermeisterin Nicole Reschke im Gespräch mit dieser Zeitung die Stimmung in der Stadt am Tag nach der furchtbaren Tat. Die Flaggen hängen in Freudenberg auf halbmast. Über allem liege der Wunsch nach „Erklärungen für das, was nicht zu erklären ist“. Die Bürgermeisterin bittet darum, sich nicht an Spekulationen etwa in den Sozialen Medien zu beteiligen. „Ich glaube, sowas ist respektlos gegenüber den Menschen, die in großer Trauer sind.“
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Mit der Schule des Mädchens habe sie bereits am Sonntag in Kontakt gestanden, sagt Nicole Reschke. Dort sei „alles gut vorbereitet“ worden. „Und es war auch richtig, die Schule am Montag offen zu halten.“
Auch an der Esther-Bejarano-Gesamtschule in Freudenberg sind am Montag die Flaggen auf halbmast. Ein Notfallseelsorger sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des schulpsychologischen Dienstes des Kreises Siegen-Wittengestein sind vor Ort im Einsatz, wie Christoph Söbbeler, Sprecher der Bezirksregierung in Arnsberg, auf Anfrage der Redaktion sagt. Die Schule selbst äußert sich nicht näher, widmet ihre Energien dem Umgang mit dem Entsetzlichen, das einer Schülerin widerfahren ist. „Die Pressestelle der Bezirksregierung unterstützt uns stark, um uns zu entlasten“, erklärt Schulleiter Reto Stein. „Dafür bin ich wirklich dankbar.“
Freudenberg: An der Schule des getöteten Mädchens sind Trauer und Redebedarf groß
Die erste Stunde am Montagmorgen war in allen Klassen und Lerngruppen dem Gespräch über den gewaltsamen Tod der 12-Jährigen vorbehalten, erläutert Christoph Söbbeler, „besonders natürlich in der Klasse des Mädchens“. Der Notfallseelsorger und die übrigen externen Fachleute stünden darüber hinaus jederzeit bereit, seien immer ansprechbar. Wie lange sie an der Schule bleiben werden, hänge davon ab, wie hoch der Redebedarf sei. Dabei kümmert sich das Team nicht nur um die Schülerinnen und Schüler, sondern ebenso um die Lehrerinnen und Lehrer. Diese seien einerseits Betreuungspersonen für die Kinder und Jugendlichen, andererseits aber auch Betroffene. Die Gesprächsangebote werden Seelsorger und schulpsychologischer Dienst über ihre Präsenz vor Ort aufrechterhalten, telefonisch erreichbar bleiben. Christoph Söbbeler: „Es gibt Menschen Sicherheit, zu wissen, an wen man sich mit seiner Trauer und seinen Gefühlen wenden kann.“
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Nach dieser ersten Stunde sei der Tag im Rahmen der Möglichkeiten nach Unterrichtsplan weitergelaufen, weil Routine „auch ein Haltesystem ist und Stabilität gibt“, erläutert der Sprecher der Bezirksregierung. Vieles vor Ort werde sich in den kommenden Tagen erst zeigen und entwickeln – auch, was für eine Art von Gedenkort und was für eine Trauerveranstaltung es an der Schule geben werde. Diese Überlegungen „brauchen Zeit und Raum“.
12-Jährige in Freudenberg gewaltsam getötet: Vereine zeigen große Betroffenheit
Der Tod des Mädchens hat auch die Sportvereine in Freudenberg und Umgebung in einen Schockzustand versetzt. Einige Vereine entzündeten auf ihren Instagram-Accounts virtuell eine Kerze, um ihre Anteilnahme auszudrücken. Nicht nur das Fußball-Bezirksliga-Spiel des SV Fortuna gegen den SuS Niederschelden stand am Sonntag unter dem Eindruck dieses schrecklichen Ereignisses – es wollte sich trotz des 3:1-Sieges der Flecker keine gelöste Stimmung in der HF-Arena einstellen. Mehrere Spieler aus dem Kader der ersten Mannschaft kannten die Familie des Mädchens und Fortuna-Kicker Jonas Andrick gehörte zum Stab der bei der nächtlichen Suchaktion eingesetzten Polizei-Beamten. „Wäre das Mädchen bis zum Nachmittag noch nicht gefunden worden, hätten wir überlegt, das Spiel nicht durchzuführen“, sagte Christian Janusch, erster Vorsitzender des SV Fortuna Freudenberg.
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