Hilchenbach. Sonntag, 12. März, 15 Uhr eröffnet das Café Herzstück in der Gerbergasse so geht’s los mit dem ehrenamtlichen Kultur- und Sozialcafé.
Schwarzwälder Kirsch. Käsesahne. Fantaschnitten, Tiroler Schoko-Nuss. Thüringer Mohnkuchen. Ananas-Streusel. Käse-Kirsch. Cheesecake. Zur Eröffnung fahren sie ganz groß auf. Am Sonntag, 12. März, 15 Uhr, öffnet das Café Herzstück in der Gerbergasse zum ersten Mal seine Türen. Das Sommermärchen von 2019 ist Wirklichkeit geworden.
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Wie das Café entsteht
Alles ist neu: die Fenster – eins bodentief und zugleich auch Notausgang. Die Küche. Das WC. Die Theke mit Kaffeeautomat und Kuchenvitrine. Die Sitzkissen auf den Fensterbänken, wo man die Beine nach drinnen oder draußen, oben oder unten baumeln kann, wenn alle 23 Stühle an den Tischen besetzt sind. Der Fußboden. Die Heizung. Die Wände – allein 130 25-Kilo-Säcke Betonputz haben die Hauseigentümer Heinrich Brian Born und Susanne Haubrich da hineingesteckt, um aus dem Gewölbekeller von 1844 ein uriges Café mit runder Decke, Nischen aus Ziegelmauerwerk und all dem neuzeitlichen Zubehör vom barrierefreien WC bis zum Brandschutz zu machen.
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„Hier ist richtig viel Geld reingeflossen“, sagt Vereinsgeschäftsführer Dr. Peter Neuhaus. Die 50.000 Euro, die der Verein beisteuern wird, hätten nicht ausgereicht, um das ehemalige Ladenlokal um den Keller unter der Buchhandlung zu erweitern und daraus ein Café zu machen. Auch Architekt Stefan Kebschull, betont Peter Neuhaus, habe für seine Planungs- und Bauleitungsleistung „keinen einzigen Cent“ in Rechnung gestellt. Rund 32.000 Euro hat der Herzstück-Verein übrigens inzwischen zusammen, aus dem Crowdfunding, aus Spenden von Sparkasse, Volksbank, Aktion Menschen, den Hilchenbacher Heimatpreisen und den Beiträgen der rund 60 Vereinsmitglieder. Die Stadt hatte Geld vom Land – das ermöglicht einen einmaligen Zuschuss von 7500 Euro und die um 80 Prozent reduzierte Miete bis zum Jahresende. Für die Miethöhe danach, so der Herzstück-Geschäftsführer, „haben wir die deutliche Botschaft, dass wir ein Agreement finden.“
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Wie das Herzstück funktioniert
Eigentlich aber ist das Herzstück kein Ort, um über Geld zu reden. Die Preise sind klein, niemand muss ständig konsumieren, das Team, zwischen 18 und 90, arbeitet ehrenamtlich. Das Backteam, das dienstags und samstags in der Küche der Klimawelten Kuchen und Plätzchen backt. Und das Serviceteam, das mittwochs, samstags und sonntags jeweils von 15 bis 18 Uhr die Gäste versorgt. Kuchen wird immer reichlich da sein. „Schlimm wäre, wenn es zu wenig ist“, sagt Susanne Rüsing, die stellvertretende Herzstück-Vorsitzende. Was übrig bleibt, bekommt der gemeinnützige Second-Hand-Laden Alibaba in der Herrenwiese geschenkt. Wer die Hilchenbacher Familienkarte hat, bekommt das Getränk zum Kuchen übrigens umsonst.
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Wofür das Herzstück da ist
Es ist ein besonderes Hilchenbacher Netzwerk, was sich in den letzten fast vier Jahren um das Herzstück-Projekt entwickelt hat: Eva Maria Grass, die Buchhändlerin („Bücher buy Eva“), ist von Anfang an im Vorstand dabei; sie wird im mittleren Raum eine Leseecke mit einem Regal voller frischer Bücher ausstatten. Keppels Früchtchen, die Schülergenossenschaft von Stift Keppel, sind Saft-Lieferant der ersten Stunde. Die Klimawelten stellen nicht nur die Küche zur Verfügung, sondern waren auch Interims-Standort, wenn zum Beispiel Geflüchteten ein Café und ihren Kindern Spielmöglichkeiten angeboten werden sollten. Denn das Herzstück hat selbst ein großes Herz. Es gab Waffelbackaktionen für Geflüchtete aus der Ukraine und die Erdbebenopfer aus der Türkei und aus Syrien. Und die Stadtspaziergänge, um die Ortsteile zu erkunden – und eben dort Kaffee zu trinken und Kuchen zu essen, solange das in der Gerbergasse noch nicht geht. „Wenn die Leute nicht zu uns kommen, kommen wir eben zu ihnen“, erinnert Vereinsvorsitzende Jutta Neuhaus an das Motto vom Anfang. Das müssen sie nun ändern. „Denn die Stadtspaziergänge wollen wir fortsetzen.“
Wie Leben ins Café kommt
Wie aus dem Herzstück ein Kultur- und Sozialcafé wird, bestimmen die Gäste selbst. Das haben sie auch in dem wunderschönen Sommer 2019 getan, als dort kurzerhand Nachbarschaften ihren Treffpunkt einrichteten, Wandergruppen ihr Ziel entdeckten und Jugendliche ihren Platz zum Chillen. „Hier ist alles möglich“, sagt Jutta Neuhaus, mieten und Tische reservieren inklusive. Schon zu Jahresbeginn wollte sich ein Frauenfrühstück etablieren, eine Band hat sich für ein Konzert angemeldet. „Das ging schneller, als wir dachten.“ Inge Bruch, mit 85 eine der Seniorinnen im Team, könnte sich vorstellen, hier mit ihren „Turnerfrauen“ heimisch zu werden. Wiltrud Dittel, selbst bei der „Atempause“ engagiert, denkt an die von ihr betreute Gruppe: „Mir liegt daran, etwas für die Älteren zu tun – damit die Leute einfach mal rauskommen.“ Zum Glück für das Herzstück hat Wiltrud Dittel auch einen guten Draht zur christlichen Gemeinde Gerbergasse gegenüber: Die macht am Sonntag für die auf, die ins Herzstück nicht mehr reinpassen. „Wir haben sogar einen Klavierspieler engagiert.“
Und so kann’s weitergehen
Das Herzstück, geborener Nachfolger einer so sagenhaften Institution wie dem Süßen Konrad und in den Fußstapfen von Café Kramer, Stadtcafé und der Caféstube bei Bäcker Schenk, ist auf der Höhe der Zeit. Mit Instagram-Kanal. Und mit veganem Kaffee und glutenfreien Cookies als Alternativen. Und wenn das mit dem Heimat-Scheck aus dem Ministerium klappt, steigt hier schon im Herbst, zeitgleich mit der Frankfurter Buchmesse, „Südwestfalen liest“, mit Autorinnen und Autoren aus der Region, Schreibwerkstatt und regionalem Buchpreis. Die Leute vom Bau sind eine Ecke weiter gezogen. Sie bauen den Marktplatz neu. In den grünen Norden, unter Bäumen vor der Buchhandlung, könnte man dann irgendwann die Tasse aus dem Herzstück mitnehmen.
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