Hilchenbach. Damit das Café Herzstück im Sommer wirklich loslegen kann, muss noch ein bisschen Geld herbei. Das Crowdfunding ist fulminant gestartet.
Willi Klassen mag Nusskuchen und Cappuccino. Auch das ist ein Grund, warum der 88-Jährige sich gern mit seinen „Alten Herren“ vom Turnverein wieder im Café Herzstück in der Gerbergasse treffen würde. Denn zu Hause sieht das Angebot aus: „Backen ist nicht mein Ding“, gesteht seine Lebenspartnerin Inge Bruch – die als Ur-Hilchenbacherin dem „Herzstück“ seit dem Probelauf im Sommer 2019 verbunden ist. Im Sommer 2022 soll es wieder losgehen. Sofern genügend Unterstützer mitmachen.
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Das Crowdfunding: 10.000 Euro in 90 Tagen
Der Verein, der das Kultur- und Sozialcafé direkt am Marktplatz ehrenamtlich führen will, braucht zunächst 100 Fans. Dann beginnt eine Finanzierungsphase, an deren Ende 10.000 Euro herauskommen sollen. Das Crowdfunding über die Volksbank wird ein Baustein, um einen Beitrag von insgesamt 50.000 Euro für den Ausbau des ehemaligen Ladens zusammenzubekommen – die andere Hälfte übernimmt Hauseigentümer Brian Born, der auch Vermieter von Eva Maria Graß ist, die gerade das zehnjährige Bestehen ihrer Buchhandlung „Bücher buy Eva“ feiert. Sie freut sich auf das Lesecafé im eigenen Haus und draußen im neu entstehenden (Bücher-)Hain auf dem Marktplatz; „Wir sind alle ganz aufgeregt“, sagt die Buchhändlerin, die Schriftführerin im Herzstück-Verein ist.
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Dem Verein geht es beim Crowdfunding nicht nur ums Geld. „Uns gefällt es, das auf viele Schultern zu verteilen“, sagt Vorsitzende Jutta Neuhaus. Bereits viele kleine Beiträge können zum Ziel führen. Die angepeilten 10.000 Euro werden auch mit Unterstützung der Volksbank erreicht, die auf jede erste Spende eines Unterstützers fünf Euro drauflegt und vorab 1000 Euro Anschubfinanzierung leistet. „Wir haben versucht, realistisch einzuschätzen, was wir in 90 Tagen erreichen können.“ Denn ein bisschen ist das Unternehmen auch eine Wette: Die zugesagten Spenden werden nur abgerufen, wenn der Gesamtbetrag zusammenkommt. Das aber hat bisher noch jeder geschafft, sagt Ralf Schmitt von der Volksbank in Hilchenbach: „Was einer nicht schafft, schaffen viele.“
Das Warmlaufen: Herzplätzchen am Valentinstag
Die Herzstück-Leute werden in den nächsten Wochen nichts auslassen, um die Werbetrommel für das kleine Café zu rühren. Zum Valentinstag am 14. Februar wird es eine Aktion auf dem Marktplatz geben, mit Herzplätzchen. „Wir werden zum ersten Mal in den Klimawelten backen“, kündigt Jutta Neuhaus an. Und danach immer wieder. Für die Stadtteilspaziergänge, die der Verein ab Ende März mit örtlichen Akteuren verabreden will („Wir sorgen dann für die Verpflegung“), und dann vor allem auch für den Regelbetrieb: Das Herzstück bekommt Backzeit, Vorrats- und Kühlschrank in der Küche der Umweltbildungsstätte im unweit entfernten Kirchweg - alles ist schon in trockenen Tüchern. Für das noch fehlende Geld werden die Aktiven weiter Klinken putzen. Es gebe „begründete Hoffnung“ auf Unterstützung durch die künftige Bürgerstiftung Hilchenbach, berichtet Geschäftsführer Dr. Peter Neuhaus. Und wenn die ohnehin noch zu bauende WC-Anlage barrierefrei gestaltet wird, kann der Verein auch bei der Aktion Mensch anklopfen.
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Vielleicht findet auch schon der eine oder andere Erzählnachmittag in den Herzstück-Räumen statt, in kleinster Runde und ohne Kaffee und Kuchen: „Um die Menschen für den Ort zu interessieren“, erklärt Dr. Peter Neuhaus. Ansonsten heißt es: Warten auf die Baugenehmigung, sobald in Kürze der nicht ganz unkomplizierte Bauantrag gestellt ist – denn wegen der neuen Nutzung ist auch der Brandschutz für das ganze Haus, das seit 1689 zwei Mal nach Standbränden wieder aufgebaut wurde, auf dem Prüfstand. Das Bauen selbst, schätzt der Vereinsmanager, wird gar nicht so lange dauern – Bauunternehmer Brian Born als Bauherr ist in jeder Hinsicht vom Fach.
Fans sind versammelt
Bereits einen Tag nach Freischaltung der Seite sind die gesuchten 100 Fans zusammengekommen, die Finanzierungsphase ist gestartet. Sie dauert von Freitag an noch 87 Tage. Bis zum 18. April müssen 10.000 Euro gesammelt werden.
Hier geht es zur Crowdfunding-Seite: https://www.viele-schaffen-mehr.de/projekte/cafe-herzstueck-hilchenbach
Das Ziel: In den Fußstapfen des Süßen Conrad
Alte Herren, Frauengruppen und junge Leute, Nachbarschaften und Fahrradgruppen haben das „Herzstück“ im Sommer 2019 schätzen gelernt. Als Treffpunkt, wo man auch allein nicht ohne Gesellschaft bleibt, wenn man die denn will. Hilchenbach habe nun mal eine Tradition für Cafébesucher, weiß Inge Bruch, die sich – wie viele auch aus jüngeren Generationen – an den legendären „Süßen Conrad“, den Konditormeister Conrad Müller mit seinem Tanzcafé neben dem Deutschen Hof erinnert. Längst Geschichte wie auch das durchaus sagenhaft gemütliche Café Kramer in der Herrenwiese oder zuletzt das Stadtcafé in der Dammstraße. Auch das „Herzstück“, erzählt Jutta Neuhaus, wurde 2019 schnell zum Ausflugsziel. „Auch vielen Hilchenbachern fehlt ein Café.“
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Das „Herzstück“ hat den Vorteil, dass es sich nicht rechnen muss – denn das ist die Hürde, die kommerzielle Anbieter in dem kleinen Städtchen längst nicht mehr überwinden. Der Treffpunkt für Begegnungen, Kunst und Kultur hat schon jetzt viele Freunde und Partner, von Anfang an zum Beispiel auch die Schülergenossenschaft Keppels Früchtchen mit dem Apfelsaft von Stift Keppel. Zur angestrebten Niedrigschwelligkeit gehört auch, dass man Willi Klassens Vorliebe für den Nusskuchen nicht teilen muss. Es darf auch Herzhaftes auf den Tisch kommen, sagt Jutta Neuhaus. „Man kann ja auch Reibekuchen backen und mit guter Butter bestreichen.“ Inge Bruch käme das womöglich sehr zupass. Ab Sommer im Herzstück.
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