Siegerland. Ohne die Hilfe der Bevölkerung hätte das nicht geklappt: Die Siegerländer Kommunen haben kaum noch Kapazitäten, weder räumlich noch personell.

Immer mehr Kommunen sehen die Grenzen ihrer Aufnahmefähigkeit erreicht: Die Stadt Siegen warnt seit Längerem, dass kaum noch Kapazitäten für die Unterbringung Geflüchteter zur Verfügung stehen. Auch die Gemeinde Wilnsdorf meldet eine deutliche Übererfüllung ihrer Aufnahmequote: 158,86 Prozent. Die Stadt Netphen hatte die Georg-Heimann-Halle vorbereitet, um Menschen dort unterbringen zu können, Vereine mussten weichen.

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Und so geht es weiter im Siegerland. Wenn die Kommunen nicht mehr Menschen aufgenommen und untergebracht haben, als sie das laut der komplizierten Zuweisungsquoten und -schlüssel müssten, liegen sie knapp darunter. Burbach zum Beispiel fehlten um Stichtag 1. Januar noch fünf Personen für die 100 Prozent, Freudenberg noch zwei, die Erfüllungsquoten Kreuztals und Hilchenbachs sind bei mehr als 90 Prozent.

Unterbringung Geflüchteter für Siegen-Wittgensteiner Kommunen immer schwieriger

Wobei die offiziellen Zahlen der Bezirksregierung Arnsberg die Realität vor Ort nicht in Gänze abbilden. Denn es greifen zum Einen Asyl- und Aufenthaltsgesetz, auf Grundlage derer das Land den Kommunen Personen mit Wohnsitzauflage zuweist – und das Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG), das etwa die Unterbringung Geflüchteter aus der Ukraine regelt. Die Gemeinde Wilnsdorf etwa hat insgesamt 304 Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen; 48 davon wurden vom Land zugewiesen. 256 Menschen aber kamen ohne koordinierte Zuweisung des Landes, über Freunde, Verwandte oder sonstige Netzwerke in die Gemeinde. Von den 304 Personen hielten sich – Stand November – noch 217 in Wilnsdorf auf, der weitere Zuzug aus der Ukraine habe aktuell merklich nachgelassen, heißt es in einem Bericht an den Sozialausschuss.

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Problematisch für die Kommunen wird dabei neben der Unterbringung in geeigneten Immobilien – von denen eben immer weniger zur Verfügung stehen – die Finanzierung. Zwar wurden die monatlichen Pauschalen für Geduldete kürzlich (auch rückwirkend) erhöht, 9 Euro mehr pro Person sind indes nicht viel. Die Nachzahlung für 2021 und 2022 an die Gemeinde Wilnsdorf belief sich auf gut 4000 Euro. Im März 2022 war eine „Bearbeitungs- und Registrierungsstraße“ eingerichtet worden, um die Neuankömmlinge zu erfassen, zu Gesundheitsfragen oder Kinderbetreuung zu beraten.

„Aufgrund der Menge an ankommenden Menschen und des daraus resultierenden Arbeitsaufkommens mussten Prioritäten im Fachdienst gesetzt werden und nicht pflichtige Aufgaben zurückgestellt werden“, heißt es in dem Bericht weiter – ihre eigentlichen Aufgaben konnten die Beschäftigten der Verwaltung in dieser Zeit nicht in gewohntem Umfang erledigen. Ähnliches wird aus anderen Kommunen berichtet: In Netphen etwa hatte Sozialarbeiterin Anna Nell vom hohen Aufwand für administrative Aufgaben rund um die Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten berichtet – die Stadt hatte, ähnlich wie Wilnsdorf, im Grunde Menschen in der Größenordnung eines kompletten Ortsteils dazubekommen, sehr viele davon durch Kriegs- und Fluchterfahrungen traumatisiert. Die medizinische Erstversorgung richtete der Kreis dann im früheren Kredenbacher Krankenhaus ein, was aber wiederum zeitintensiv und kräftezehrend für die Verwaltungen war.

Ohne die Hilfe der Bevölkerung in Siegen-Wittgenstein hätte das nicht geklappt

Ohne die Bevölkerung hätte das in kaum einer Kommune geklappt: Die vielen ehrenamtlichen Initiativen, Vereine und Einzelpersonen kümmerten sich um die Unterbringung, auch und gerade in Sachen Wohnraum. In Wilnsdorf leben aktuell nur noch wenige Menschen in den Dorfgemeinschaftshäusern Wilden und Rinsdorf, die für 35 und 20 Personen umgebaut worden waren. Alle anderen seien im privaten Wohnungsmarkt untergekommen, so die Gemeindeverwaltung: „Dies ist einer großen und nicht selbstverständlichen Aufnahmebereitschaft der Wilnsdorfer Bevölkerung zu verdanken.“

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Künftig wird es vor allem um Integration gehen: Noch klappt es in Wilnsdorfer Schulen und Kitas, die Kinder werden in der Regel wohnortnah betreut. Sollten aber weitere Personen zugewiesen werden, „dann stoßen diese Systeme deutlich an ihre Belastungsgrenzen.“ Aber auch bei Erwachsenen zeichne sich ab, dass Integrationsarbeit zunehmend herausfordernder werde – auch bei all denen, die keine Kriegsvertriebenen sind, deren Bedarfe aufgrund des Krieges zeitweise in der Hintergrund hätten treten müssen. Für psychisch Kranke, Abhängige, Pflegebedürftige oder Menschen mit Behinderung hätten immer wieder Sonderlösungen gefunden werden müssen.