Kreuztal. Auch der Neubau der abgebrannten Stadthalle steht in Kreuztal auf dem Plan: Nur wann und wie teuer – das ist überhaupt nicht absehbar.

Das Kanzlerwort von der „Zeitenwende“ liegt Bürgermeister Walter Kiß auf den Lippen. Er spricht es aber nicht aus. „Wir werden den Gürtel sehr viel enger schnallen müssen“, sagt er, als er gemeinsam mit Kämmerer Michael Kass den Entwurf für den Haushalt 2023 vorstellt.

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Das ist die Lage

Es ist nicht das Defizit vom rund vier Millionen Euro, das drückt – die werden über die Ausgleichsrücklage aufgefangen. Sondern eher die noch versteckten Belastungen: Erneut „isoliert“ die Stadt 2,75 Millionen Euro Mehrbelastung aus Pandemie und Kriegsfolgen, die eigentlich auch im Haushalt erscheinen müssten. 4,8 Millionen Euro sind es in diesem Jahr, bis 2025 werden es insgesamt 25 Millionen Euro Schulden sein, die auf diese Weise angehäuft werden und dann abzutragen sind.

Zwei Indizien für eine Zeitenwende liefern auch die Zahlen selbst: Die Grundsteuer wird um 80 Punkte auf 540 Prozent erhöht, weil die vom Oberverwaltungsgericht vorgegebene neue Kalkulation der Abwassergebühr anders nicht aufzufangen ist. 2,35 Euro je Kubikmeter Schmutzwasser darf die Stadt im nächsten Jahr nur noch berechnen, sonst wären es 2,46 Euro gewesen, und 70 statt bisher 80 Cent für das Niederschlagswasser je Quadratmeter entwässerter Fläche.

Dass Kreuztal erstmals weniger statt mehr Kreisumlage zahlt, obwohl der Kreis den Hebesatz erhöhen will, ist auch kein Grund zum Jubeln. Gespiegelt wird darin die zurückgegangene Finanzkraft der Stadt. „Daran erkennt man, wie ernst die Situation grundsätzlich ist“, sagt Walter Kiß, der seine jährliche Kritik am Kreis wiederholt: Der erwirtschafte mit überhöhten Forderungen „Überschüsse, „die wir nicht wiedersehen“. Leistungen dagegen würden „nicht nennenswert zurückgefahren".

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 Haushalt Kreuztal 2023
Haushalt Kreuztal 2023 © Manuela Nossutta/Funkegrafik NRW | Manuela Nossutta/Funkegrafik NRW

Da steht in Kreuztal an

Vieles von dem, was im 10,3-Millionen-Budget für Baumaßnahmen aufgeführt wird, sind erst einmal nur Planungskosten, denen Investitionen in den nächsten Jahren folgen werden: die Sanierung der Grundschule Eichen, die Außenanlagen für das von der Stadt von der Kirche erworbene Dietrich-Bonhoeffer-Haus. , für den Dorfplatz Eichen, sogar für die Verlängerung der Unterführung am Bahnhof, um den Lokschuppen mit dem Café Basico und auch den dort geplanten weiteren P+R-Platz auf der anderen Seite der Gleise zu erschließen: „Das wollen wir gern irgendwann machen“, sagt der Bürgermeister. Auch Geld für ein neues Entwicklungskonzept ist eingeplant, um auf ein nächstes Städtebauförderungsprogramm des Landes zugreifen zu können.

Stadthalle: Nach dem Brand hat die Bezirksregierung die bewilligte Förderung von 3,5 Millionen zurückgezogen und die bisher ausgezahlten 380.000 Euro zurückverlangt. Kreuztal fängt wieder bei Null an – sobald Versicherungen und Staatsanwaltschaft grünes Licht geben. Immer noch stehen die Schadenshöhe und die Kosten des Wiederaufbaus nicht fest; im Etat sind nun 200.000 Euro Planungskosten veranschlagt. Für Kreuztalkultur müssen weiter Ersatz-Spielstätten gefunden werden. Aktuell ist es der Campus Buschhütten, demnächst wird es wieder der Eichener Hamer. Die Otto-Flick-Halle wird im Sommer saniert. Der Rat wird in die Turn- und Festhalle Buschhütten umziehen müssen, vielleicht auch noch in die Krombachhalle. „Es wird langsam eng“, sagt Walter Kiß, „und wir wollen die Verein nicht über Gebühr belasten“. Wo Musik oder Politik gemacht wird, kann halt keine Sportabteilung trainieren.

Schulzentrum: 15 Räume mehr bekommen Gymnasium und Gesamtschule, weil Schülerzahlen steigen, die Hauptschule Eichen aufgegeben wurde und die Gymnasialzeit um ein Jahr verlängert wurde. Die bisherige Pausenhalle des Gymnasiums wird geschlossener Raum. Vor allem aber wird auf beide Schulen eine Etage draufgesetzt. 2026 macht der erste G-9-Jahrgang Abitur, bis dahin müssen die Räume da sein. Bürgermeister Walter Kiß lässt offen, ob die Kräne 2023 aufgestellt werden. „Wir machen noch keine Aussage über den Baubeginn."

Bender-Gelände: Die Stadt Kreuztal hat einen Teil des Geländes der ehemaligen Firma Bender in Ferndorf gekauft, um dort ein modernes Wohn- und Arbeitsquartier zu entwickeln – „holz.stahl.digital - Modernes Wohnen und Arbeiten im Ferndorftal“ ist auch Projekt der Südwestfalen-Regionale 2025. Die Bodenuntersuchung ist abgeschlossen, „wir haben jetzt einen kompletten Überblick über die Altlasten", berichtet Walter Kiß. Der Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung (AAV) werde nun mit der Abbruch- und Sanierungsplanung beginnen, die Stadt wird mit den Gewinnern des städtebaulichen Wettbewerbs verhandeln und einen Bauträger suchen.. 2024 wird für die Erdarbeiten gebraucht, ab 2025/26 wird gebaut werden können.

Personal

Von 26 neuen Stellen ist die Hälfte in den städtischen Kitas angesiedelt: Es gibt mehr Kinder, die Eltern entscheiden sich für längere Betreuungszeiten. Verstärkt werden Bürger-, Tiefbau- und Kulturamt, die Sachgebiete Flüchtlinge und Integration, Soziales sowie das Gebäudemanagement.

Ausgeschrieben werden soll erstmals die Stelle eines hauptamtlichen Wehrführers der Feuerwehr. „Vom Ehrenamt kann das in dieser Form nicht mehr verlangt werden“, sagt Bürgermeister Walter Kiß. Hauptamtlich für die Feuerwehr arbeitet bereits auch schon der Gerätewart.

Einfach zu gewinnen ist neues Personal nicht. „Wir schreiben Stellen häufig umsonst aus“, sagt Walter Kiß, „der Fachkräftemangel schlägt voll durch.“

29,9 Millionen Euro sind für Personalausgaben veranschlagt, 2,9 Millionen Euro mehr als 2022. Allerdings ist nur eine Tarifsteigerung von vier Prozent eingeplant.

Neue Mitte Buschhütten: Nach dem Triathlon Anfang Mai sollen die Arbeiten für den Dorfplatz beginnen (Gesamtkosten: 2 Millionen Euro).

Schwarzer Weg: Zwischen Eichen und Stadtmitte wird der zwischen Bahngleisen und Thyssenkrupp verlaufende „Schwarze Weg“ als Teil der Radpendlerroute Kreuztal-Siegen ausgebaut. „Eine dringend notwendige Verbindung und ein Meilenstein in unserem Radverkehrskonzept“, sagt Bürgermeister Walter Kiß. Aufwändig wird das Kreuzungsbauwerk mit der Heesstraßen-Brücke, wo Nord-Süd- und Ost-West-Roten aufeinander treffen. Vor dem Bau wird ein Kanal verlegt. Die Stadt Kreuztal baut, das Land übernimmt die Gesamtkosten von derzeit geschätzten 2,8 Millionen Euro.

Freibad Buschhütten: Das Fünf-Millionen-Projekt zur Modernisierung wird nach der Saison 2023 beginnen. Unter anderem werden neue Edelstahlbecken gebaut. Die Stadt rechnet damit, dass das Freibad wegen der Bauarbeiten 2024 und 2025 nicht geöffnet werden kann.

Kläranlage Kreuztal: Dort gibt es „erheblichen Sanierungsbedarf“, kündigt Kämmerer Michael Kass an. Im nächsten Jahr werden dort zwei Millionen Euro investiert.

Energiesparen: Die Stadt investiert in „energetische Maßnahmen“. Das Haus der Fraktionen bekommt neue Fenster, auf der Dreifachhalle im Schulzentrum und auf weiteren städtischen Gebäuden werden Photovoltaikanlagen aufgebaut. Kämmerer Michael Kass rechnet mit 100 Prozent Kostensteigerung für Strom-und Gasverbrauch, das sind bis zu 2,5 Millionen Euro.

Flüchtlinge: „Es weiß keiner, was uns im Winter ereilt“, sagt Michael Kass. Mietwohnungen werden kann, Containeranlagen sind kaum mehr zu bekommen. „Es ist nicht auszuschließen, dass wir an eine größere Einrichtung ran müssen.“ Der Neubau in der Friedrich-Ebert-Straße hatte eine Vorlaufzeit von einem Jahr. Als Notunterkunft nutzt die Stadt die ehemalige Grundschule Eichen, die eigentlich abgerissen werden sollte. Das ehemalige Krankenhaus Kredenbach wird überwiegend von der Stadt Siegen mit Geflüchteten belegt.

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